Der Maler Coubine
OTHON COUBINE—PARIS
»PROVENZALISCHE LANDSCHAFT« 1928
Willkür, jede wenn auch geistreiche Verbildung
der Linie, jeder starke Akzent, der suggestiv
wirken könnte, wird vermieden. Denn weder
dem dargestellten Objekt darf Gewalt angetan
werden, noch auch dem Beschauer, der nicht
überrumpelt, sondern überzeugt werden soll.
Frieden und jenes heitere Bewußtsein innerer
Freiheit, das zu den beglückendsten Wirkungen
klassisch gerichteter Kunst gehört, atmen diese
harmonischen Blätter.
Denselben kundigen und musikalischen Sinn
im kompositioneilen Aufbau, dieselbe vornehme
Einfachheit und Behutsamkeit des Vortrags be-
kunden auch Coubines Bilder. Blumensträuße
aus zarten und zartesten Farben zu weichen
Akkorden gewunden, die auf grauem Hinter-
grund inniglich leuchten, Akte von keuscher
Jugendlichkeit, idyllische Figurenbilder und
Landschaften sind seine Themen. Die Land-
schaften, meistens Ansichten aus dem hohen
Gebirge, wiewohl im Ton und Rhythmus an
Corot und Renoir erinnernd, sind Coubines
persönlichste Schöpfung. Wenig Maler gibt es,
die alpine Gegenden so wiederzugeben ver-
mögen. Dabei stellt er fast nie den äußeren
Aspekt der Berge dar. Doch herrscht in seinen
Bildern klare, kristallinische Höhenluft und
weiche Nebel der frühen Morgenstunden, wenn
die Sonne nur als milder Glanz über den Dingen
zu spüren ist. Weiter Raum ist in die kleinen
Bildflächen eingefangen, die klingende Stille
der Gebirgslandschaften schwingt in ihnen und
prickelnde Frische weht über ihre Formen. Die
Zartheit und Eintönigkeit der Coubineschen
Palette, die alles in verhauchendes Grau taucht
und zuweilen in anderen Werken anämisch an-
mutet — hier ist sie vollkommen berechtigt.
Von hier aus wird übrigens diese Eigentümlich-
keit seines malerischen Schaffens auch sonst
verständlich. Denn wie es im Lichte jener
hochalpinen Gegenden, denen Coubines ausge-
sprochene Liebe gilt, starke Farben tatsächlich
nicht gibt und wie in ihrer Luft Gegenstände
leicht und durchsichtig werden, so verschwinden
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OTHON COUBINE—PARIS
»PROVENZALISCHE LANDSCHAFT« 1928
Willkür, jede wenn auch geistreiche Verbildung
der Linie, jeder starke Akzent, der suggestiv
wirken könnte, wird vermieden. Denn weder
dem dargestellten Objekt darf Gewalt angetan
werden, noch auch dem Beschauer, der nicht
überrumpelt, sondern überzeugt werden soll.
Frieden und jenes heitere Bewußtsein innerer
Freiheit, das zu den beglückendsten Wirkungen
klassisch gerichteter Kunst gehört, atmen diese
harmonischen Blätter.
Denselben kundigen und musikalischen Sinn
im kompositioneilen Aufbau, dieselbe vornehme
Einfachheit und Behutsamkeit des Vortrags be-
kunden auch Coubines Bilder. Blumensträuße
aus zarten und zartesten Farben zu weichen
Akkorden gewunden, die auf grauem Hinter-
grund inniglich leuchten, Akte von keuscher
Jugendlichkeit, idyllische Figurenbilder und
Landschaften sind seine Themen. Die Land-
schaften, meistens Ansichten aus dem hohen
Gebirge, wiewohl im Ton und Rhythmus an
Corot und Renoir erinnernd, sind Coubines
persönlichste Schöpfung. Wenig Maler gibt es,
die alpine Gegenden so wiederzugeben ver-
mögen. Dabei stellt er fast nie den äußeren
Aspekt der Berge dar. Doch herrscht in seinen
Bildern klare, kristallinische Höhenluft und
weiche Nebel der frühen Morgenstunden, wenn
die Sonne nur als milder Glanz über den Dingen
zu spüren ist. Weiter Raum ist in die kleinen
Bildflächen eingefangen, die klingende Stille
der Gebirgslandschaften schwingt in ihnen und
prickelnde Frische weht über ihre Formen. Die
Zartheit und Eintönigkeit der Coubineschen
Palette, die alles in verhauchendes Grau taucht
und zuweilen in anderen Werken anämisch an-
mutet — hier ist sie vollkommen berechtigt.
Von hier aus wird übrigens diese Eigentümlich-
keit seines malerischen Schaffens auch sonst
verständlich. Denn wie es im Lichte jener
hochalpinen Gegenden, denen Coubines ausge-
sprochene Liebe gilt, starke Farben tatsächlich
nicht gibt und wie in ihrer Luft Gegenstände
leicht und durchsichtig werden, so verschwinden
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