HERBERT GARBE—BERLIN
»PLASTIK FÜR EINEN MUSIKRAUM«
DER MODERNE
VON J. W.
Die Künstler sind es seit jeher gewohnt, daß
die Mehrzahl der Laien gleichgültig oder
verständnislos ihren Werken gegenübersteht.
Aber heute sind es Vertreter der Nachbarkunst,
die Architekten oder wenigstens zahlreiche und
nicht die schlechtesten von ihnen, die die Werke
der Künstler aus den von ihnen gebauten oder
eingerichteten Räumen verbannen und die
Bilderlosigkeit zum Prinzip erheben.
Gewiß, wir sind den Architekten dankbar,
daß sie die Wände befreit haben von verloge-
nem Schmuck, von der Überpflasterung mit
mehr oder weniger gleichgültigen Bildern, die
der Bewohner dank der Gewohnheit überhaupt
nicht mehr, der Besucher nur mit Entsetzen
sah. Aber weshalb diese absolute Bilderfeind-
schaft moderner Architektur, die sich nicht
nur gegen die Überfülle von Bildern, nicht nur
gegen schlechte Bilder, sondern gegen das Bild,
das Kunstwerk überhaupt wendet?
Ich will die ökonomische Seite des Problems
außerachtlassen, so wichtig sie auch für die
Künstler ist, sondern mich auf die grundsätz-
liche Frage beschränken: Gibt es stichhaltige
Gründe für diesen modernen Bildersturm?
BILDERSTURM
SCHÜLEIN
Eine Reihe von Architekten will ausdrücklich
nur Eines : Zweckmäßigkeit. Daist: Logische
Verwendung des Materials, daraus entstehen
Räume mit Licht und Luft. Diese Räume werden
aufgeteilt nach den Wohnbedürfnissen des Auf-
traggebers. Ästhetische Gesichtspunkte bleiben
ausgeschaltet. Wenn sie aber ausgeschaltet
bleiben, können sie auch durch Bilder an den
Wänden nicht verletzt werden. Wie auch das
Prinzip der Zweckmäßigkeit durch sie nicht ver-
letzt wird, denn Kunstwerke sind wohl zweck-
los, aber nicht unzweckmäßig. Zwecklos wie
Blumen, die auch verboten werden müßten.
Eigentlich dürfte man in seinen Räumen nur
schlafen (möglichst traumlos, da Träume doch
von einer sehr zwecklosen Phantastik sind) oder
essen (aber nur nahrhafte, nicht schmackhafte
Speisen). Geboren werden und sterben, was
doch irrationale Angelegenheiten sind, darf man
nur in den hierzu erbauten Krankenhäusern,
wenn man es als konsequenter Bewunderer
technischer Zweckmäßigkeit nicht vorzieht, auf
dem elektrischen Stuhl zu enden.
Aber sicher denken viele unserer besten
Architekten nicht so radikal einseitig. Sie
»PLASTIK FÜR EINEN MUSIKRAUM«
DER MODERNE
VON J. W.
Die Künstler sind es seit jeher gewohnt, daß
die Mehrzahl der Laien gleichgültig oder
verständnislos ihren Werken gegenübersteht.
Aber heute sind es Vertreter der Nachbarkunst,
die Architekten oder wenigstens zahlreiche und
nicht die schlechtesten von ihnen, die die Werke
der Künstler aus den von ihnen gebauten oder
eingerichteten Räumen verbannen und die
Bilderlosigkeit zum Prinzip erheben.
Gewiß, wir sind den Architekten dankbar,
daß sie die Wände befreit haben von verloge-
nem Schmuck, von der Überpflasterung mit
mehr oder weniger gleichgültigen Bildern, die
der Bewohner dank der Gewohnheit überhaupt
nicht mehr, der Besucher nur mit Entsetzen
sah. Aber weshalb diese absolute Bilderfeind-
schaft moderner Architektur, die sich nicht
nur gegen die Überfülle von Bildern, nicht nur
gegen schlechte Bilder, sondern gegen das Bild,
das Kunstwerk überhaupt wendet?
Ich will die ökonomische Seite des Problems
außerachtlassen, so wichtig sie auch für die
Künstler ist, sondern mich auf die grundsätz-
liche Frage beschränken: Gibt es stichhaltige
Gründe für diesen modernen Bildersturm?
BILDERSTURM
SCHÜLEIN
Eine Reihe von Architekten will ausdrücklich
nur Eines : Zweckmäßigkeit. Daist: Logische
Verwendung des Materials, daraus entstehen
Räume mit Licht und Luft. Diese Räume werden
aufgeteilt nach den Wohnbedürfnissen des Auf-
traggebers. Ästhetische Gesichtspunkte bleiben
ausgeschaltet. Wenn sie aber ausgeschaltet
bleiben, können sie auch durch Bilder an den
Wänden nicht verletzt werden. Wie auch das
Prinzip der Zweckmäßigkeit durch sie nicht ver-
letzt wird, denn Kunstwerke sind wohl zweck-
los, aber nicht unzweckmäßig. Zwecklos wie
Blumen, die auch verboten werden müßten.
Eigentlich dürfte man in seinen Räumen nur
schlafen (möglichst traumlos, da Träume doch
von einer sehr zwecklosen Phantastik sind) oder
essen (aber nur nahrhafte, nicht schmackhafte
Speisen). Geboren werden und sterben, was
doch irrationale Angelegenheiten sind, darf man
nur in den hierzu erbauten Krankenhäusern,
wenn man es als konsequenter Bewunderer
technischer Zweckmäßigkeit nicht vorzieht, auf
dem elektrischen Stuhl zu enden.
Aber sicher denken viele unserer besten
Architekten nicht so radikal einseitig. Sie