MUSEEN ALS SAMMLER
Soll man es nicht offen heraussagen, was in
hundert Gesprächen bald mit Witz, bald
mit Empörung besprochen wird?
Alle Zeitungen berichteten ausführlich und
zahlenbegeistert von den Ergebnissen derFigdor-
Auktion in Wien, die ein besonders auffallendes
Beispiel für viele ist.
Wie herrlich muß es der Kunst und den
Künstlern gehen, wenn für Kunstdinge solch
phantastische Preise gezahlt werden. Wenn
diese nur von oder für amerikanische und andere
Millionäre bezahlt worden wären, brauchte man
sich weiter nicht aufzuregen.
Aber da las man, daß Direktoren deutscher
Museen glücklich waren, Summen von Tausen-
den, Zehntausenden und mehr für Teppiche,
Stoffe, Tische, Krüge — natürlich nicht aus
eigener Tasche — niederlegen zu dürfen. Dies
in einer Zeit des Massenelends, wo es für die
dringendsten Dinge dem Staate an Geld fehlt;
wo — um bei der Kunst zu bleiben — beste
Künstler nicht wissen, wovon sie im nächsten
Monate leben sollen, wo es fast unmöglich ist,
eine größere Summe für irgend eine Angelegen-
heit lebender Kunst zu bekommen.
Aber es ist wohl von einer — wenn auch
schwer zu verstehenden — Bedeutung, daß
ein Stück seltenen Goldbrokats oder Samts —
wo es sich um so respektable Summen handelt,
pflegt man Sammet zu schreiben — in einer
Vitrine liegt. Und den Zinnkrug, den sich ein
Berliner Museum um 10 000 Schillinge sichern
mußte, werden zum mindesten außer dem
Museumsdirektor, seine Beamten und vielleicht
auch noch einige Zinnsammler beachten und
bewundern. Ein Teppich für 130 000 Sch., ein
Bettbehang für 26 000 Sch., ein Tisch für
65 000 Sch. mögen gewiß herrliche Dinge sein;
364
Soll man es nicht offen heraussagen, was in
hundert Gesprächen bald mit Witz, bald
mit Empörung besprochen wird?
Alle Zeitungen berichteten ausführlich und
zahlenbegeistert von den Ergebnissen derFigdor-
Auktion in Wien, die ein besonders auffallendes
Beispiel für viele ist.
Wie herrlich muß es der Kunst und den
Künstlern gehen, wenn für Kunstdinge solch
phantastische Preise gezahlt werden. Wenn
diese nur von oder für amerikanische und andere
Millionäre bezahlt worden wären, brauchte man
sich weiter nicht aufzuregen.
Aber da las man, daß Direktoren deutscher
Museen glücklich waren, Summen von Tausen-
den, Zehntausenden und mehr für Teppiche,
Stoffe, Tische, Krüge — natürlich nicht aus
eigener Tasche — niederlegen zu dürfen. Dies
in einer Zeit des Massenelends, wo es für die
dringendsten Dinge dem Staate an Geld fehlt;
wo — um bei der Kunst zu bleiben — beste
Künstler nicht wissen, wovon sie im nächsten
Monate leben sollen, wo es fast unmöglich ist,
eine größere Summe für irgend eine Angelegen-
heit lebender Kunst zu bekommen.
Aber es ist wohl von einer — wenn auch
schwer zu verstehenden — Bedeutung, daß
ein Stück seltenen Goldbrokats oder Samts —
wo es sich um so respektable Summen handelt,
pflegt man Sammet zu schreiben — in einer
Vitrine liegt. Und den Zinnkrug, den sich ein
Berliner Museum um 10 000 Schillinge sichern
mußte, werden zum mindesten außer dem
Museumsdirektor, seine Beamten und vielleicht
auch noch einige Zinnsammler beachten und
bewundern. Ein Teppich für 130 000 Sch., ein
Bettbehang für 26 000 Sch., ein Tisch für
65 000 Sch. mögen gewiß herrliche Dinge sein;
364