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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 66.1930

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Osborn, Max: Neue Villenbauten von Bruno Paul
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https://doi.org/10.11588/diglit.9256#0051

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NEUE VILLENBAUTEN VON BRUNO PAUL

Die große Frage war: ob der Stil unserer
Zeit, geboren aus den besonderen Beding-
ungen einer kühl und sachlich eingestellten,
zweckhaft-zielbewußten Epoche, imstande wäre,
auch den Bedürfnissen des Luxus und Komforts
zu dienen, ob er die Ablehnung unnützen Zier-
krams, die ihm der allgemeine Haß gegen zeit-
raubendes Phrasentum zur Pflicht machte, durch-
halten und doch für das nicht zu ermordende
Schmuckbedürfnis des Menschen sorgen könnte.
Die neue Baukunst und Innenarchitektur war
keine Aristokratin wie ihre sämtlichen Vorgänge-
rinnen; sie kam, es war der erste Fall in der
Weltgeschichte der Kunst, von unten her, ein
ernstes, schlichtes Geschöpf — würde ihr so-
zusagen der soziale Aufstieg gelingen?

Bruno Paul hat diese Fragen längst mit einem
ruhigen, sicheren Ja beantwortet. Er fand ohne
Mühe, von seiner persönlichen Natur her, den
Weg zu räumlichen Gestaltungen, die ganz erfüllt
sind von den klaren Fügungen, die aus dem tech-

nischen Geist erwuchsen, von jenen unkom-
plizierten kubischen Vorstellungen, die uns
wieder zur Erkenntnis der Grundformeln bau-
lichen Schaffens geführt haben, von den hierzu
stimmenden Systemen ruhiger Linien und be-
schwichtigender rechteckiger Umrisse — und die
doch den verwöhnten Menschen mit verfeiner-
tem Geschmack, noblen Passionen, gehobenen
Lebensbedürfnissen liebevoll umfangen.

Kein schönerer Beweis hierfür ist zu erbrin-
gen, als die Wiedergaben der Raumbilder aus
dem Hause Carl Bergmann in Dresden, einem
der bemerkenswertesten neuen Villenbauten
Bruno Pauls. Er wurde in diesemFalle erst heran-
gezogen, als der Bau im Rohen dastand. Nun
galt es, sich mit den gegebenen Bedingungen
abzufinden, das Vorhandene in den einmal ge-
zogenen Grenzen innerlich umzuformen, dem
Ganzen den Stempel der eignen Künstlerschaft
aufzudrücken. Nach außen wurde nur verein-
facht und geregelt, immerhin so, daß in der ge-

XXXIII. April 1930. 6
 
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