MARIO
TOZZI
»HERZ-
DAME«
DIE MODERNE ITALIENISCHE MALEREI
Naturam expellas furca ..." Das lateinische
Sprichwort läßt sich vergleichsweise auch
au* die zeitgenössische italienische Kunst an-
wenden. Es war jedoch nicht die Natur, wel-
cher der futuristische Vortrupp Marinettis vor
knapp Zwei Janrzehnten auf den Leib gerückt
lst- Der Gegner hieß „Akademie" und ver-
schanzte sich hinter den blutleeren Formeln
einer dem Buchstaben, nicht aber dem Geiste
nach begriffenen Tradition. Die Spachtelmaler
von Capri repräsentierten den nicht offiziellen
ieil einer auf den Lorbeeren der Vergangen-
heit eingedösten Kunst. Sie klecksten mit
aumen u. Farbenmesser eine Freilichtmalerei
zusammen, die mehr mit neapolitanischen Son-
nenuntergängen als mit den sublimen Tonstu-
tun^h11 fc"anzos'scnen Impressionisten zu
de" ptle' Dieser langsamen Agonie machte
warn(jUturismus ein radikales Ende. Die Lein-
platz WUr<^e nunmehr zum bewegten Schau-
dacht 6lnes heterogenen Nebeneinanders er-
er Und erschauter Formen, zur Drehbühne
eines sämtlichen Strahlen des Prismas entliehe-
nen Farbenspektakels. Ähnliche und parallele
Bewegungen in Deutschland, Frankreich etc.
führten bekanntlich zu anderen Resultaten. Der
Futurismus blieb eine spezifisch italienische An-
gelegenheit. Revolte und zugleich Akt der
Selbstbesinnung, schuf er eine neue Atmosphäre,
ohne mehr als eine vorübergehende Bewegung
darzustellen. Nach Kriegsende sah sich der
Futurismus von den „Valori plastici" und der
dieser Tendenz verwandten Mailänder Gruppe
„Novecento italiano" abgelöst. Die neuen Be-
strebungen zielten auf eine logische, im Zeit-
geist begriffene Anknüpfung ans Traditionelle
hin, ohne sich mit platten Reminiszenzen zu-
frieden zu geben. Die Wahrheit obigen Sprich-
worts bestätigte sich insofern, als der durch
keinerlei rassische Gegebenheiten begründete
Futurismus einer dem Atavismus und generel-
len Entwicklungslinie Rechnung tragenden
Schaffensweise weichen mußte. Oppi, Mal-
erba, Marussig, Funi, Borra, Casorati
XXXIII. Mai 1930 j
TOZZI
»HERZ-
DAME«
DIE MODERNE ITALIENISCHE MALEREI
Naturam expellas furca ..." Das lateinische
Sprichwort läßt sich vergleichsweise auch
au* die zeitgenössische italienische Kunst an-
wenden. Es war jedoch nicht die Natur, wel-
cher der futuristische Vortrupp Marinettis vor
knapp Zwei Janrzehnten auf den Leib gerückt
lst- Der Gegner hieß „Akademie" und ver-
schanzte sich hinter den blutleeren Formeln
einer dem Buchstaben, nicht aber dem Geiste
nach begriffenen Tradition. Die Spachtelmaler
von Capri repräsentierten den nicht offiziellen
ieil einer auf den Lorbeeren der Vergangen-
heit eingedösten Kunst. Sie klecksten mit
aumen u. Farbenmesser eine Freilichtmalerei
zusammen, die mehr mit neapolitanischen Son-
nenuntergängen als mit den sublimen Tonstu-
tun^h11 fc"anzos'scnen Impressionisten zu
de" ptle' Dieser langsamen Agonie machte
warn(jUturismus ein radikales Ende. Die Lein-
platz WUr<^e nunmehr zum bewegten Schau-
dacht 6lnes heterogenen Nebeneinanders er-
er Und erschauter Formen, zur Drehbühne
eines sämtlichen Strahlen des Prismas entliehe-
nen Farbenspektakels. Ähnliche und parallele
Bewegungen in Deutschland, Frankreich etc.
führten bekanntlich zu anderen Resultaten. Der
Futurismus blieb eine spezifisch italienische An-
gelegenheit. Revolte und zugleich Akt der
Selbstbesinnung, schuf er eine neue Atmosphäre,
ohne mehr als eine vorübergehende Bewegung
darzustellen. Nach Kriegsende sah sich der
Futurismus von den „Valori plastici" und der
dieser Tendenz verwandten Mailänder Gruppe
„Novecento italiano" abgelöst. Die neuen Be-
strebungen zielten auf eine logische, im Zeit-
geist begriffene Anknüpfung ans Traditionelle
hin, ohne sich mit platten Reminiszenzen zu-
frieden zu geben. Die Wahrheit obigen Sprich-
worts bestätigte sich insofern, als der durch
keinerlei rassische Gegebenheiten begründete
Futurismus einer dem Atavismus und generel-
len Entwicklungslinie Rechnung tragenden
Schaffensweise weichen mußte. Oppi, Mal-
erba, Marussig, Funi, Borra, Casorati
XXXIII. Mai 1930 j