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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 66.1930

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Blaser, Walter: Ein Landhaus von Adolf Ott
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https://doi.org/10.11588/diglit.9256#0189

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ARCHITEKT ADOLF OTT—DORTMUND »HAUS S. BLICK VOM STAUDENGARTEN«

EIN LANDHAUS VON ADOLF OTT

Zu den erhebendsten Eindrücken modernen
Lebens gehört zweifellos die Entwicklung
der Baukunst, ihre Zielsicherheit und ihr unver-
kennbarer Wille zu einem neuen Zeitstil. Die
Architektur ist heute wieder Führerin geworden
unter den bildenden Künsten. Theoretisch war
sie es bereits, als der Maler Cezanne mit der
Gabe eines Raumkünstlers den Dingen wieder
Festigkeit und Selbständigkeit verlieh und
eine Naturbetrachtung nach Zylinder, Konus
und Sphäre empfahl.

Adolf Ott verwirklicht die Forderungen der
Zeit im Kubengefüge seines Bauwerks neben
der eindeutigen Raum- und Flächenbehandlung
die Verlagerung des rhythmischen Akzentes
und die betonte Unsymmetrie des Ganzen,
die beide bedingt sind durch die Eckstellung
des Hausturmes oder Hausfrieds, wie ich die
trutzige Blockanlage bezeichnen möchte. Die
stehenden und lagernden Richtungsachsen er-
halten in ihm kräftige Führung und Bindung.
Er schreibt uns neue Blickpunkte vor. Schon
die Aufteilung des weiten rechteckigen Gelän-
des verrät die wohlbedachte Arbeit des Raum-
künstlers: im nordwestlichen Teil breitgelagert
das Landhaus selbst. Diagonal gegenüber ein

Alpinum, im seitlichen Winkelarm eine langge-
streckte Pappelallee als Einfahrt zum Innenhof
und im nordöstlichen Teil in Fronthöhe mit dem
Wohnbau ein Teehaus; so erhält die Garten-
landschaft, die ein Gemeinschaftswerk mit dem
Gartenarchitekten Göbel ist, ihren festgefüg-
ten Rahmen. In abgewogenen Verhältnissen
baut sich das Landhaus auf. Mit den einfachen
Mitteln horizontaler und vertikaler Flächen-
gliederung ist die künstlerische Wirkung erzielt.
Voll ausgebaute Fenstertüren, deren grüne
Läden sich kräftig abheben vom Grau-weiß der
Baumasse, öffnen die Wohnräume des Erd-
geschosses der ganzen Fülle südlichen Lichtes
und südlicher Wärme. Eine frontbreite Wohn-
terrasse, deren Stufen zu einem vorgelagerten
Wasserbecken mit Wasserlauf führen, verbindet
Haus und Garten. Der seitliche Wohnerker
trägt altanartig den Balkon des Obergeschosses,
der sich gleich einer Galerie auf der ganzen
Vorder- und Innenhofseite fortsetzt.

Die linke Eckenstaffelung am Hause wird
belebt durch eine gitterberankte Pforte, die die
Terrasse und den mit einer Pergola abgeschlos-
senen Innenhof verbindet. Klimmergewächs
und Bäume schaffen hier reiche Übergänge.

XXXin. Juni 1S30. 5
 
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