EUROPÄISCHE KUNSTBEZIEHUNGEN
Langsam ist die künstlerische Zusammenarbeit
j der europäischen Nationen wieder in Gang
gekommen. Damit stellt sich ein Verhältnis
wieder her, das — man mag im übrigen stehen,
wie man wolle — vom Wesen der Kunst ge-
fordert wird. Es ist zwar ohne weiteres selbst-
verständlich, daß in der Kunst die tiefsten Kräfte
des Volkstums wirksam werden. Aber nicht
im Sinne der Abweisung alles Wissens und aller
Sorge um fremde Kunstbemühungen. Es ist
eine Fiktion, daß die Kunst eines Volkes ein
abgeschlossener Bereich sei, dem es zustatten
komme, wenn er bewußt als ein beson-
derer Komplex gefaßt und behandelt wird.
Das Gegenteil ist der Fall: gerade im Be-
wußtsein muß bei der Kunst die Aufge-
schlossenheit, das arglose Gemeinschaftsgefühl
mit allen Kulturvölkern stehen; die nationale
Abgrenzung und Sonderart ergibt sich dann
immer von selbst, weil auch bei der größten
Aufgeschlossenheit jedes Wesen, jedes Volk
nach seinen eigenen Lebensgesetzen handelt.
Weder die Technik, noch die Wirtschaft, noch
die geistige Forschung können sich heute in
irgendeinem Volke national abriegeln. Ja, sie
können nur dann im Sinne einer Stärkung der
Nation arbeiten, wenn sie die große Arbeits-
teilung unter den Völkern anerkennen, wenn
sie im Auge behalten, daß in heutiger Welt
alles auf Austausch, auf gemeinsame Arbeit an
der Lösung gemeinsamer Probleme angelegt ist.
Denn das gibt es in der Tat: Gemeinsamkeit
der Probleme! Geheimnisvoll reichen kulturelle
Fragestellungen, die sich in unserem nächsten
Lebensraum erheben, über Staats- und Volks-
grenzen hinaus. Gerade die geheimsten, ver-
schwebendsten Dinge : Stimmungen , Denk-
weisen , Verschiebungen des Lebensgefühls,
wie wir sie von Zeit zu Zeit in uns wahrnehmen
— gerade sie erweisen fast regelmäßig eine
stupende Allgemeingültigkeit weit durch die
ganze Kulturwelt hin. Wer seinen eigenen zeit-
bestimmten Zusammenklang mit dem Denken
und Fühlen vieler, auch volksfremder Mit-
menschen je beobachtet hat, wer je diesen Zu-
sammenklang über weite Länderstrecken hin in
181
Langsam ist die künstlerische Zusammenarbeit
j der europäischen Nationen wieder in Gang
gekommen. Damit stellt sich ein Verhältnis
wieder her, das — man mag im übrigen stehen,
wie man wolle — vom Wesen der Kunst ge-
fordert wird. Es ist zwar ohne weiteres selbst-
verständlich, daß in der Kunst die tiefsten Kräfte
des Volkstums wirksam werden. Aber nicht
im Sinne der Abweisung alles Wissens und aller
Sorge um fremde Kunstbemühungen. Es ist
eine Fiktion, daß die Kunst eines Volkes ein
abgeschlossener Bereich sei, dem es zustatten
komme, wenn er bewußt als ein beson-
derer Komplex gefaßt und behandelt wird.
Das Gegenteil ist der Fall: gerade im Be-
wußtsein muß bei der Kunst die Aufge-
schlossenheit, das arglose Gemeinschaftsgefühl
mit allen Kulturvölkern stehen; die nationale
Abgrenzung und Sonderart ergibt sich dann
immer von selbst, weil auch bei der größten
Aufgeschlossenheit jedes Wesen, jedes Volk
nach seinen eigenen Lebensgesetzen handelt.
Weder die Technik, noch die Wirtschaft, noch
die geistige Forschung können sich heute in
irgendeinem Volke national abriegeln. Ja, sie
können nur dann im Sinne einer Stärkung der
Nation arbeiten, wenn sie die große Arbeits-
teilung unter den Völkern anerkennen, wenn
sie im Auge behalten, daß in heutiger Welt
alles auf Austausch, auf gemeinsame Arbeit an
der Lösung gemeinsamer Probleme angelegt ist.
Denn das gibt es in der Tat: Gemeinsamkeit
der Probleme! Geheimnisvoll reichen kulturelle
Fragestellungen, die sich in unserem nächsten
Lebensraum erheben, über Staats- und Volks-
grenzen hinaus. Gerade die geheimsten, ver-
schwebendsten Dinge : Stimmungen , Denk-
weisen , Verschiebungen des Lebensgefühls,
wie wir sie von Zeit zu Zeit in uns wahrnehmen
— gerade sie erweisen fast regelmäßig eine
stupende Allgemeingültigkeit weit durch die
ganze Kulturwelt hin. Wer seinen eigenen zeit-
bestimmten Zusammenklang mit dem Denken
und Fühlen vieler, auch volksfremder Mit-
menschen je beobachtet hat, wer je diesen Zu-
sammenklang über weite Länderstrecken hin in
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