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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 66.1930

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Heilmaier, Hans: Moderne Theater-Dekorationen
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https://doi.org/10.11588/diglit.9256#0207

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GIORGIO DE CHIRICO

KRENEK »LEBEN DES OREST«

MODERNE THEATER-DEKORATIONEN

Die in der Galerie de France vor einigen
Wochen gezeigte Ausstellung von Original-
entwürfen und Modellen für das zeitgenössische
Theater ging der demnächst erfolgenden Publi-
zierung eines Gesamtwerks über die moderne
Theaterdekoration voraus.

Sollte diese einzigartige Schau der Schlußakt
eines glänzenden Abschnitts in der Geschichte
des modernen Bühnendekors gewesen sein?
Man wünschte es nicht. Die gelungenen Schau-
bietungen des schwedischen und russischen
Balletts, der „Soirees de Paris", die kühnen
Realisationen des „Vieux Colombier", der
Pitoeff-Truppe und anderer Avant-Garde-
Theater sind nicht umsonst gewesen und haben
gezeigt, wo in der Zukunft weiter zu bauen sei.
Das zuverlässige Rückgrat, die elastische Trieb-
feder des Ganzen war einer, der heute nicht
mehr unter den Lebenden weilt: Diaghileff, der
Leiter des russischen Balletts. Ein ideenreicher
Kopf, Manager, gewiegter Geschäftsmann und
Menschenkenner zugleich, verstand es niemand

besser als er, die entgegengesetztesten Mein-
ungen und Individualitäten unter ein Dach zu
bringen, ein organisch geschweißtes Ganzes zu
schaffen, an dem Tanz, Musik und Bild eben-
bürtigen Anteil hatten. Er schreckte vor nichts
zurück, um ans Ziel zu kommen, und wußte die
großen Talente seiner Zeit zur fruchtbaren Mit-
arbeit heranzuziehen. Die Revolutionierung des
Bühnendekors fällt zeitlich mit den neuen Ge-
staltungsideen der bildenden Kunst zusammen.
Paris war der Schauplatz ersterDemonstrationen
auf beiden Gebieten.

Ums Jahr 1905 herum hatte Diaghileff mit der
russischen Künstlergruppe des „Mir Isskustwa"
Fühlung genommen. Aus dieser Gruppe rekru-
tierten sich seine engeren Mitarbeiter, sie fer-
tigten die Entwürfe zum „Pavillon d'Armide",
zu „Jahrmarkt" und „Scheherezade". Das
Szenenbild, welches bis dahin den Technikern
überlassen blieb, wurde in den Händen der
Künstler eine lebendige Sache und war kein
bloßer Fachzweig des Theaters mehr. Der Maler

XXXIII. Juni 19.10. 7
 
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