Emil Orlik, ein Sechzigjähriger
PROFESSOR EMIL ORLIK
zur Deutung des Wirklichkeitsvorbildes dient.
Das wird namentlich bei den Porträts über-
zeugend. Man betrachte die Reihe, die auf
diesen Seiten anmarschiert. Da ist Henny Porten,
die süße Blondheit der Filmdiva, die weiche
Fülle der Figur, der an Jupiterlampe und Groß-
aufnahme gewöhnte Blick. Da ist Richard Strauß:
der außerordentlich modellierte Kopf mit den
blauen Augen gegen den blau getönten Fond,
die sonnenverbrannte Haut, dagegen die ge-
pflegte, weiße, auffällig schöne Hand, nicht zu
vergessen das braune Schleifchen als Gegen-
ton. Da ist die junge Frau mit den überm
Knie zusammengelegten Händen, in schwarzem
Kleide auf violettem Stuhl gegen das Mattgriin
einer chinesischen Landschaft, das ausdrucks-
volle Antlitz einer einstigen Schauspielerin.
Da ist Ciaire Waldoff: ganz prachtvoll in der
garnicht unterstrichenen Haltung der kessen
Chansonmeisterin neuberlinischen Schlages; die
Augen blinzeln verständnisvoll, „Wenn der
Bräut'jam mit der Braut durch die Felder
jeht" . . . Die Akte Orliks sind den Porträts ver-
GEMALDE »DAS GELBE HAUS«
wandt. Auch hier miniaturhafte Zartheit in der
Malerei der blühenden, schönennacktenFrauen-
körper, deren zärtlich modellierte Glieder mit
den lauen Tönen des almenden Fleisches gegen
die kühle Weiße eines Tuches, gegen den ver-
führerischen Seidenschimmer eines Kissenstill-
lebens gesetzt sind. Namentlich das Bild einer
liegenden Frau mit Masken, die aus der Inter-
nationalen Ausstellung des Carnegie-Instituts
in das Museum zu Chicago kam, hat schnell
Volkstümlichkeit erlangt.
Mit dem Graphiker und dem Maler ist es
nicht abgetan. Zu ihnen gesellt sich der geist-
volle Zeichner, der unvergleichlich köstliche
Improvisator, der ohne Unterlaß am Werke ist,
der, eine allbekannte Erscheinung in Berlin,
im Theater, im Konzert, bei großen Banketten,
in glänzender Gesellschaft, am Marmortisch-
chen des Cafehauses, auf Notizblättern, Pro-
grammen, Menüs, Tischkarten, abgerissenen
Papierfetzen die Menschen ringsum mit ein
paar Strichen notiert oder karikiert, der ganze
Galerien seiner Zeitgenossen aufgesammelt hat,
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PROFESSOR EMIL ORLIK
zur Deutung des Wirklichkeitsvorbildes dient.
Das wird namentlich bei den Porträts über-
zeugend. Man betrachte die Reihe, die auf
diesen Seiten anmarschiert. Da ist Henny Porten,
die süße Blondheit der Filmdiva, die weiche
Fülle der Figur, der an Jupiterlampe und Groß-
aufnahme gewöhnte Blick. Da ist Richard Strauß:
der außerordentlich modellierte Kopf mit den
blauen Augen gegen den blau getönten Fond,
die sonnenverbrannte Haut, dagegen die ge-
pflegte, weiße, auffällig schöne Hand, nicht zu
vergessen das braune Schleifchen als Gegen-
ton. Da ist die junge Frau mit den überm
Knie zusammengelegten Händen, in schwarzem
Kleide auf violettem Stuhl gegen das Mattgriin
einer chinesischen Landschaft, das ausdrucks-
volle Antlitz einer einstigen Schauspielerin.
Da ist Ciaire Waldoff: ganz prachtvoll in der
garnicht unterstrichenen Haltung der kessen
Chansonmeisterin neuberlinischen Schlages; die
Augen blinzeln verständnisvoll, „Wenn der
Bräut'jam mit der Braut durch die Felder
jeht" . . . Die Akte Orliks sind den Porträts ver-
GEMALDE »DAS GELBE HAUS«
wandt. Auch hier miniaturhafte Zartheit in der
Malerei der blühenden, schönennacktenFrauen-
körper, deren zärtlich modellierte Glieder mit
den lauen Tönen des almenden Fleisches gegen
die kühle Weiße eines Tuches, gegen den ver-
führerischen Seidenschimmer eines Kissenstill-
lebens gesetzt sind. Namentlich das Bild einer
liegenden Frau mit Masken, die aus der Inter-
nationalen Ausstellung des Carnegie-Instituts
in das Museum zu Chicago kam, hat schnell
Volkstümlichkeit erlangt.
Mit dem Graphiker und dem Maler ist es
nicht abgetan. Zu ihnen gesellt sich der geist-
volle Zeichner, der unvergleichlich köstliche
Improvisator, der ohne Unterlaß am Werke ist,
der, eine allbekannte Erscheinung in Berlin,
im Theater, im Konzert, bei großen Banketten,
in glänzender Gesellschaft, am Marmortisch-
chen des Cafehauses, auf Notizblättern, Pro-
grammen, Menüs, Tischkarten, abgerissenen
Papierfetzen die Menschen ringsum mit ein
paar Strichen notiert oder karikiert, der ganze
Galerien seiner Zeitgenossen aufgesammelt hat,
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