EINHEIT VON MALEREI UND BILDHAUEREI
Vor kurzem hat Oskar Schiirer an dieser
Stelle die Grenzen zwischen Architektur
als angewandter Kunst einerseits und Malerei
und Plastik als absoluter Kunst andererseits
gezogen und zugleich die Notwendigkeit ver-
schiedener innerer Einstellung des Publikums
gegenüber jeder der beiden letztgenannten
Künste hervorgehoben. Diese Distinktionen
veranlassen aber zum Nachdenken darüber, in-
wieweit tatsächlich von Natur aus Malerei und
Bildhauerei von einander isoliert sind und ob
nicht etwa in ihrer gegenseitigen strengen Iso-
lierung, wie sie die Entwicklung neuerer Zeit
rücksichtslos herbeigeführt hat, eine Entartungs-
quelle der bildenden Kunst gelegen sein mag
und zugleich eine der Hauptursachen für ihre
wachsende Entfremdung und Entpopularisier-
ung. Die zünftige Kunstbetrachtung versucht
sich seit Generationen an dem Erbproblem der
Grenzziehung zwischen Malerei und Bildhauerei.
Tatsächlich besteht zwischen beiden Sphären
nicht so sehr eine innere als eine äußere Grenze,
hervorgerufen durch eine allmählich entstandene
Spezialisierung der Techniken, durch eine Art
Taylorismus, dem die ursprünglich in einem
Künstler gemeinsam enthaltenen Fähigkeiten
verfielen, indem sie jede für sich an verschie-
dene Persönlichkeiten verwiesen wurden. Wenn
Schürer Malerei und Bildhauerei über dem ge-
meinsamen Nenner der „absoluten Kunst" zu-
sammenschließt und sie beide der Architektur
als „angewandter Kunst" gegenüberstellt, wenn
er von den plastischen Werten der Malerei und
den malerischen der Bildhauerei spricht, dabei
aber ganz richtig einen inneren Umschalte-
apparat für den Betrachter anfordert, wenn
dieser von der Anschauung eines Gemäldes
zur Anschauung einer Skulptur übergeht, so
empfindet er einerseits wohl deutlich die innere
Reinheit der beiden „absoluten" Schwester-
künste und trägt andrerseits der Entwicklung
Rechnung, die sie von einandergerissen hat und
Vor kurzem hat Oskar Schiirer an dieser
Stelle die Grenzen zwischen Architektur
als angewandter Kunst einerseits und Malerei
und Plastik als absoluter Kunst andererseits
gezogen und zugleich die Notwendigkeit ver-
schiedener innerer Einstellung des Publikums
gegenüber jeder der beiden letztgenannten
Künste hervorgehoben. Diese Distinktionen
veranlassen aber zum Nachdenken darüber, in-
wieweit tatsächlich von Natur aus Malerei und
Bildhauerei von einander isoliert sind und ob
nicht etwa in ihrer gegenseitigen strengen Iso-
lierung, wie sie die Entwicklung neuerer Zeit
rücksichtslos herbeigeführt hat, eine Entartungs-
quelle der bildenden Kunst gelegen sein mag
und zugleich eine der Hauptursachen für ihre
wachsende Entfremdung und Entpopularisier-
ung. Die zünftige Kunstbetrachtung versucht
sich seit Generationen an dem Erbproblem der
Grenzziehung zwischen Malerei und Bildhauerei.
Tatsächlich besteht zwischen beiden Sphären
nicht so sehr eine innere als eine äußere Grenze,
hervorgerufen durch eine allmählich entstandene
Spezialisierung der Techniken, durch eine Art
Taylorismus, dem die ursprünglich in einem
Künstler gemeinsam enthaltenen Fähigkeiten
verfielen, indem sie jede für sich an verschie-
dene Persönlichkeiten verwiesen wurden. Wenn
Schürer Malerei und Bildhauerei über dem ge-
meinsamen Nenner der „absoluten Kunst" zu-
sammenschließt und sie beide der Architektur
als „angewandter Kunst" gegenüberstellt, wenn
er von den plastischen Werten der Malerei und
den malerischen der Bildhauerei spricht, dabei
aber ganz richtig einen inneren Umschalte-
apparat für den Betrachter anfordert, wenn
dieser von der Anschauung eines Gemäldes
zur Anschauung einer Skulptur übergeht, so
empfindet er einerseits wohl deutlich die innere
Reinheit der beiden „absoluten" Schwester-
künste und trägt andrerseits der Entwicklung
Rechnung, die sie von einandergerissen hat und