werkbund-ausstellung—wien
architekt oswald haerdtl
INTERNATIONALE UND NATIONALE KUNST
Man pflegt heute die Internationalität moder-
ner Kunst zu preisen: Paris als Zentrum,
von dem ein Weltstil ausstrahle. Stehen wir
solcher Parole schon vom rein Tatsächlichen
aus bedenklich gegenüber, so ganz besonders
vom ideellen. Wir dürfen uns dabei auf Europa
beschränken: Amerika, das schematisiert, und
Japan, das plagiiert, scheiden aus. So sehr wir
ein Zusammenwachsen der europäischen Kultur-
gemeinschaft als notwendige Folge einer Schick-
salsgemeinschaft wünschen, so wenig vermögen
wir in einer pauschalen Vereinheitlichung seines
vornehmsten geistigen Schaffens ein Heil zu er-
blicken. Allzu verschiedenartig sind die Kräfte,
die da zu einem Organon zusammenschießen
müssen, als daß wir fünfzehn Jahre nach Aus-
bruch des Weltkriegs dieses Ziel als schon er-
reicht begrüßen möchten. Uns scheint im Gegen-
teil, daß heute und vielleicht noch manche Gene-
ration hindurch das Sondergut der Rassen sorg-
sam sondiert und auf seine Verschmelzungsmög-
lichkeit hin geprüft werden müsse, ehe an die
Feststellung eines Weltstils gegangen werden
darf. Wie weit die Forderung eines Weltstils
dabei als ideelle Vorausnahme kritisch ange-
wandt, als Maßstab einer Hinentwicklung an-
gelegt werden darf, das zu entscheiden mag den
Reiz einer aufs Universale gerichteten Betrach-
tung immerhin schon ausmachen. Grundlegen-
der bleibt: Bodenkräfte, die heute wie je wirk-
sam sind, zu erspüren, ihre Angleichungsmög-
lichkeiten sowohl wie ihre Ausgleichsbeding-
ungen gegeneinander abzuwägen und so den
Beitrag zu bestimmen, den die einzelnen Stämme
und Rassen dem großen Ziel zu bieten ver-
sprechen. Nur so können wir einen bewußt
europäischen Stil ausreifen lassen als Unterbau
und auch als Krönung eines politischen und
wirtschaftlichen Einigungswerkes. . . dr. o. s.
*
I ie Kunst ist das Zusammentreffen aller wesent-
liehen Schöpferkräfte der Nation, th. mundt.
302
architekt oswald haerdtl
INTERNATIONALE UND NATIONALE KUNST
Man pflegt heute die Internationalität moder-
ner Kunst zu preisen: Paris als Zentrum,
von dem ein Weltstil ausstrahle. Stehen wir
solcher Parole schon vom rein Tatsächlichen
aus bedenklich gegenüber, so ganz besonders
vom ideellen. Wir dürfen uns dabei auf Europa
beschränken: Amerika, das schematisiert, und
Japan, das plagiiert, scheiden aus. So sehr wir
ein Zusammenwachsen der europäischen Kultur-
gemeinschaft als notwendige Folge einer Schick-
salsgemeinschaft wünschen, so wenig vermögen
wir in einer pauschalen Vereinheitlichung seines
vornehmsten geistigen Schaffens ein Heil zu er-
blicken. Allzu verschiedenartig sind die Kräfte,
die da zu einem Organon zusammenschießen
müssen, als daß wir fünfzehn Jahre nach Aus-
bruch des Weltkriegs dieses Ziel als schon er-
reicht begrüßen möchten. Uns scheint im Gegen-
teil, daß heute und vielleicht noch manche Gene-
ration hindurch das Sondergut der Rassen sorg-
sam sondiert und auf seine Verschmelzungsmög-
lichkeit hin geprüft werden müsse, ehe an die
Feststellung eines Weltstils gegangen werden
darf. Wie weit die Forderung eines Weltstils
dabei als ideelle Vorausnahme kritisch ange-
wandt, als Maßstab einer Hinentwicklung an-
gelegt werden darf, das zu entscheiden mag den
Reiz einer aufs Universale gerichteten Betrach-
tung immerhin schon ausmachen. Grundlegen-
der bleibt: Bodenkräfte, die heute wie je wirk-
sam sind, zu erspüren, ihre Angleichungsmög-
lichkeiten sowohl wie ihre Ausgleichsbeding-
ungen gegeneinander abzuwägen und so den
Beitrag zu bestimmen, den die einzelnen Stämme
und Rassen dem großen Ziel zu bieten ver-
sprechen. Nur so können wir einen bewußt
europäischen Stil ausreifen lassen als Unterbau
und auch als Krönung eines politischen und
wirtschaftlichen Einigungswerkes. . . dr. o. s.
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I ie Kunst ist das Zusammentreffen aller wesent-
liehen Schöpferkräfte der Nation, th. mundt.
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