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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 66.1930

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Der Maler J. Ryback
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https://doi.org/10.11588/diglit.9256#0367

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DER MALE

Die Ausstellung des jungen ukrainischen
Malers in der Galerie Kolbert „Le Studio"
in Paris ist eine Überraschung. Zeichnungen
und Aquarelle, die man vor sechs Jahren in
Berlin von ihm sah, entrangen sich in Inhalt
und Form unverkennbar den düsteren Ein-
drücken seiner Jugend. Armseligkeit der jüdi-
schen Kleinstadt, Schrecken der Pogrome, über-
steigerte, von der Natur abgedrängte Geistig-
keit offenbarten sich in grotesk verzerrten Ge-
stalten, der dämonisch drohenden Haltung selbst
des Architektonischen, den finsteren und grellen
Farben des Aufruhrs und der Gewalt.

Alles Gegenständliche schien ihm nur Vor-
wand zu geistiger Demonstration; Natur war
ihm nur Folie grausamer oder gequälter mensch-
licher Vorgänge; Elemente der traditionellen
jüdischen Volkskunst verdichteten die Atmo-
sphäre einer eng begrenzten Erlebniswelt.

Sein Schaffen hatte bei großer Eigenart, trotz
erkennbarer Einflüsse von Chagall und Soutine
und — bei Theaterdekorationen — der Exter,

J. RYBACK

wohl eine außerordentliche Intensität und
Leidenschaftlichkeit der Phantasie, wie des
Ausdrucks, aber doch überragend intellek-
tuell-formalistischen Charakter.

Der heutige Besucher der Ausstellung oder
des Ateliers des Künstlers steht geblendet in
dem Glast sonnenüberfluteter Landschaft. Ge-
stalten in einem Markt, ein Hühnerhof, ein am
Feldrain ruhendes Pferd, Fischer mit ihrer Tages-
beute, Matrosen, das bewegte Meer — alles
dampft in einer Atmosphäre, in der die Luft
und das Licht einen trunkenen Tanz der Lebens-
freude und der Kraft vollführen.

Neben heiteren französischen Landschaften,
Milieus und Gestalten, in denen Farben und
Linien bewegt schwingen, scheint ein südrussi-
sches Ährenfeld in gelbgoldener Üppigkeit sich
geradewegs in den Äther zu dehnen. Klein-
russische Bäuerinnen, junge Mädchen glühen in
Lebensfreude oder sanfter Verträumtheit.

Aber doch — trotz aller äußerlichen Wand-
lung, welche Treue des Künstlers zu sich selbst!

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