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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 68.1931

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Sandoz, Auguste: Neue Gemälde von Jean Souverbie
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https://doi.org/10.11588/diglit.9248#0017

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JEAN SOUVERBIE—PARIS »GRIECHISCHE SZENE«

NEUE GEMÄLDE VON JEAN SOUVERBIE

VON AUGUSTE SANDOZ

Auf einem seiner letzten Ritte durch die Him-
i, mel, die sich über Olymp, Parnaß und
Helikon wölben, nahm Pegasus, der Renner der
Musen, einen Malerdichter mit: Jean Souverbie.
Von den Sternhöhen erblickte er die Länder und
die Meere, Embleme der klassischen Zeit, Denk-
male aus weißem Marmor, geschmückte Säulen
mit herrlich gearbeiteten Kapitellen, die sich
vor dem Hintergrund einer südlich blauen See
erhoben. Ozeaniden und Nereiden im sanften
Wellengang ihrer Bewegungen bevölkerten die
vielfarbigen Wogen der Flut, Proteus hütete
die Herden Neptuns, Triton blies mit seiner
Muschel den Sirenen zum Tanz, Rosse stürmten
den Strand entlang, und am Horizont standen
die marmornen Massen des Parthenon.

Das sind die Visionen, die Souverbies Werk
erfüllen, ein Werk, das sich mir darstellt als
eine Fortführung der antiken Formenwelt, über-
schwebt von einer modernen Schwermut, aber

stark im dichterischen Geist — heroische Feier
einer großen, versunkenen Welt, wo Helden
zu den Göttinnen der Schönheit beteten.

Souverbie gehört zur heutigen „Pariser Schule"
und steht nach der Note seines Empfindens in
der Nähe von Georges Braque: beide sehr fran-
zösisch im vollsten Wortsinne, was bedeutet,
daß ihre vorherrschenden Eigenschaften Fein-
heit und eine gewisse Ungebundenheit sind, in
der sich Anmut mit klarer, kompositioneller
Zucht begegnet.

Braque geht von der Synthese aus und ge-
langt von da zu den Einzelheiten. Souverbie
knüpft an die Einzelheiten unsrer Umwelt, der
historischen Überlieferung, der großen klassi-
schen Geistesarbeit an, um all das zusammen-
zubauen, mit ausgesprochen modernen Mitteln.

So malt er Gestalten, die sich lagern am Strand
eines Meeres oder blauer Seen; darüber ein
Himmel, voll von Sternen, der für sich allein

XXXIV. April 1931. 1
 
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