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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 68.1931

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Born, Wolfgang: Neue Innenräume von Josef Hoffmann
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https://doi.org/10.11588/diglit.9248#0045

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NEUE INNENRÄUME VON JOSEF HOFFMANN

VON WOLFGANG BORN

In dem Haus Dr. Lengyel, Preßburg, war die
Verteilung der Räume gegeben. Trotzdem ist
der Eindruck durchaus geschlossen und von der
für Hoffmanns Schöpf ungeneigentümlichenStim-
mung erfüllt. Den Eintretenden empfängt ein
blaugrün gestrichener Vorraum mit Möbeln in
Schleiflack und einer Garderobenische, die
ein schwarzbunt geblümter Vorhang abschließt.
Rechts führt eine breite Tür in ein Musikzim-
mer, das mit historischen Möbeln ausgestattet
ist. Von dem Musikzimmer gelangt man durch
eine vierteilige Glastür in die Halle. Eine gleiche
Tür führt gegenüber der ersten aus der Halle
in das Speisezimmer. Die beiden letztgenannten
Räume sind einander in der Ausstattung ange-
glichen. Hoffmann hat sie mit Platten von Nuß-
holz getäfelt. Die Wände sind durch die in or-
namentalem Sinne verwendete Maserung ge-
gliedert, und zwar so, daß die horizontale Strei-
fenwirkung überwiegt. Diesem Zug zur Betonung
der Wagerechten entsprechen alle einzelnen
Raumelemente. Die Fenster, die in die Schmal-
seite der Halle und in die Breitseite des Speise-
zimmers eingefügt sind, bilden in ihrer Gesamt-
form liegende Rechtecke. Eine Wandnische über
der Anrichte im Speisezimmer wiederholt das
Motiv. Ist eine der Verbindungstüren geöffnet,
so spricht auch der Türrahmen im gleichen Sinne
mit. Die Unterteilungen der Flügeltüren bestehen
ebenfalls aus liegenden Rechtecken. Der Über-
gang von der Wand zur Decke wird durch eine
schräge Kante gebildet, und die gesamte Decke
ist in der Weise der Wände getäfelt. Durch
diese Anordnung ist eine Übereinstimmung der
Wirkung erreicht, die sich als gleichmäßiges
Raumerlebnis dem Betrachter mitteilt.

Der getragene Rhythmus des Ganzen wird
nun von sparsam angebrachten Schmuckformen
stellenweise aufgelockert. So wiederholt sich
ein rautenförmiges Leistenmuster als Verklei-
dung an den Heizkörpern und klingt noch
einmal als Andreaskreuz in der Unterteilung
der Verglasung eines Wandschränkchens an.
Aus dem der fensterlosen Breitwand des Eß-
zimmers gegenüberliegenden Winkel der Halle
führt eine Treppe in die höher gelegene Küche.
Hier bilden die Überschneidungen des schrägen
Frieses mit der Öffnung des Ganges ein eigen-
tümlich räumliches Ornament, das als heller Aus-
schnitt wirkt. — Die Metallteile der Beleuch-
tungskörper sind aus Messing. Die Bezüge der

Sitzmöbel im Speisezimmer aus blau om-
briertem, die der Halle aus braun gemustertem
Stoff. Stühle und Tisch des Speisezimmers zei-
gen abgerundete Ecken. Sie neigen bei aller
Betonung des Soliden zu graziösem Schwung.

Anders die Sitzgarnitur in der Halle: eine
halbkreisförmige Polsterbank, die massig und
wuchtig ein leichtes Tischchen einschließt und
von zwei ebenso gewaltigen Sesseln zu einem
Komplex ergänzt wird, der ganz Ruhe und
Sammlung ist. Mit feiner Einfühlungsgabe hat
der Raumkünstler den Rahmen für ein festlich
erregtes Tischgespräch von dem Platz für die
besinnliche Ruhe einer Plauderstunde unter-
schieden. Das Licht ist über dem Speisetisch in
einer Doppelreihe von Milchglaskugeln gesam-
melt. Über die Halle verteilt es sich aus flachen
Schalen, die aus konischen Metallkörpern wie
umgekehrte Pilze wachsen. Endlich sei noch
der zwei zierlichen Wandlaternen neben der
Nische des Eßzimmers gedacht. Mit ihrer ge-
schmiedeten Weinranke und der sie bekrönen-
den Kleinplastik bringen sie in die Formen-
strenge einen Hauch spielerischer Anmut.

Auch bei der Aufgabe, im Hause Panzer
(Wien) eine Reihe von Räumen neu auszustatten,
war für Grundrißänderungen wenig Möglichkeit
vorhanden. Es handelt sich um die Lösung ein-
zelner zweckbestimmter Räume. — Die Wände
der Garderobe sind in erbsengrünem Schleif-
lack gehalten. Der Fußboden ist mit dunkel-
grünem Velours belegt. Die Kastentüren be-
stehen aus naturgewichster Eiche. Der Eindruck
ist wohltuend neutral. (Dasselbe gilt von der
Silberkammer.)

Der Vorraum im Oberstock hatte eine spät-
gotische Holzfigur aufzunehmen. Dadurch ergab
sich die Anordnung einer halbrunden Wand-
nische. Das (im wesentlichen bräunlich wirkende)
Bildwerk selbst fand auf einem reichprofilierten
vergoldeten Holzsockel Platz. Die Zusammen-
stellung dieser Töne mit einem schwarzrot ge-
zeichneten Teppich und dem warmen Grau des
Marmorstreifens, der am Türrahmen und am
Boden entlangläuft, gibt einen reichen Klang.
Dieser Marmor — er heißt Repentabor — ver-
leiht dem monumentalen Treppenhaus das feier-
lich-kühle Gepräge.

Kommt der Besucher in die Wohnzimmer, so
empfängt ihn eine Atmosphäre von Wärme und
Intimität. Der Musiksalon ist mit einer roten,

XXXIV. April 1931. 4
 
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