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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 68.1931

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Somaré, Enrico: Guido Tallone
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.9248#0097

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GUIDO TALLONE

Die Malerei dieses „Künstlers aus Tempera-
ment" ist frei von jeder Problematik, im
Gegensatz zum Schaffen so Vieler, die heute
zu Ansehen gelangt sind. Sie ist charaktervoll
ohne Zwang und Absicht. Der Tag ist nicht fern,
an dem ein großes kritisches Umdenken über
die heutige Malerei stattfinden wird, gegründet
auf den Goethe'schen Begriff der „Produktivi-
tät" ; und an diesem Tage werden viele Formen,
die sich in die Nebel metaphysischer und ästhe-
tischer Spekulation gehüllt haben, ihren Kurs
verlieren. Aber das frei dastehende Werk des
Malers Guido Tallone wird davon unberührt
bleiben. Er wurzelt in einer wesensechten
malerischen Anschauung, er ist Maler von Ge-
blüt und hat mit Intellektualismus nichts zu tun.

Seine Begabung ruht auf Trieb, sie hat daher
eine innere Bindung an die Überlieferung und
steht hoch über jeder Verlockung zur gemalten
Originalität, zur Sophisterei. Tallones Kunst ist
„legal" und wird es immer bleiben.

Er ging, was die Grundhaltung anlangt, in
derselben Richtung vor wie Vlaminck, Utrillo

und Kokoschka. Während sich andere das un-
nütze Problem stellten, das 19. Jahrhundert zu
überwinden, setzten diese Künstler dessen Linie
einfach fort; und damit taten sie recht, denn
ein konsequentes Fortsetzen ist besser als ein
fragwürdiges Abbrechen und „Überwinden".

Die Künstler des neunzehnten Jahrhunderts
haben das Schöne in seiner momentanen Er-
scheinung festgehalten. Die Nachfolger stellen
das Dauernde dieser Schönheit dar. So Guido
Tallone; eine spanische Landschaft mit dem
Rotgelb eines Hügelrückens und dem Silber-
streifen des Flusses, der diesen Hügel zer-
schneidet ; ein kleiner rotgestrichener Karren
mit einem blauen Faß Kupfervitriol für die
Reben, vor einem Häuschen, das sich unter
Bäumen duckt; rasche, bewegte Luft, Glanz der
Materie. Von weitem gesehen, bieten diese
Gemälde eine lichtüberflutete Gesamtform dar,
aus der Nähe zeigen sie ein wunderbar feines
Gewebe luftiger Farben und Tönungen, die mit
größter Präzision verteilt sind. Aber die mei-
sterhaften Einzelheiten lösen die Totalität des
 
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