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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 68.1931

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Schürer, Oskar: Verlorene Mystik
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https://doi.org/10.11588/diglit.9248#0126

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Verlorene Mystik

entwurf: jos. berger—wien »tee-service« bimini "werkstätten

eine zufällige Diskussion über heutige Kunst. Aber fahren wir nicht gleich mit dem schweren
Und sicher zu schwierig für jene Skeptiker, die Geschütz abstrakter Gestaltung auf. Bleiben
in der heutigen Kunst ihre Mystik vermissen, wir ruhig bei der gegenständlichen Malerei die-
Jene Skeptiker machen nämlich einen kurz- ser Tage. Das Ringen der modernen Maler um
sichtigen Trugschluß. Weil sie, diese biederen den Seinsgehalt der Dinge, um ihre Substanz-
Rationalisten, die nie über den Rationalismus mächtigkeit in Farbe und Form, um ihre Klä-
hinauszugelangen vermögen, in ihrem eigenen rung in sehr einfache, formgesetzlich bestimmte
Leben alles Mystischen bar sind, dies aber na- Lagerungen hinein — wie wird das je auf der-
türlich nicht wahr haben wollen, drum schieben lei Mystik-sucher wirken können. Es ist etwas
sie den eigenen Mangel hinüber in die Kunst, Herrliches und edelster Empfindungen Träch-
die ihnen verschlossen bleibt. Für die aufrichtige tiges um die asketische Bemühung um Klarheit,
Empfindungswelt in dieser heutigen Kunst haben um die unsentimentale Aussage des einfachen,
sie als Nur-Rationalisten kein Organ. Sie wer- „ungekünstelten" Seins. Möchten jene Skep-
den nie begreifen, welch tiefes Pathos in der tiker doch begreifen, daß unsere Welt sich
Beschränkung auf einfachste und klare Verhält- merklich gewandelt hat. Und möchten sie we-
nisse liegen kann (heutige Architektur). Werden nigstens schweigend anerkennen, daß gerade
nie den Klang der wiederentdeckten Kontra- die Fälle eines Versagens der heutigen Kunst
punktik in der Massenaufteilung einer zweck- auf einer allzustarken Dosis desjenigen beruhen,
entbundenen Welt nachempfinden (heutige was sie als Heilmittel den Künstlern von heute
Skulpturen!). Sie werden auch nie die reinen empfehlen: auf Mystik, Denn die tiefe Welt-
und süßen Träume einer sogenannten „abstrak- frömmigkeit, die die besten unter den heutigen
ten" Komposition erleben, von der keine Esels- Künstlern schmerzvoll bewegt, — sie lockt
brücke der „rührenden Szene" oder des „rieh- manchmal allzutief in jene Abgründe hinunter,
tig gezeichneten kleinen Zehs" hinübergeführt die der echten Mystik benachbart sind, die
zum Verständnis dieser Biedermänner...... also formzerstörend wirken.......dr.o. sch.
 
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