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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 68.1931

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Keil, Hermann: Sehbild und Schaubild
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https://doi.org/10.11588/diglit.9248#0236

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Sehbild und Schaubild

Urbild in der Außenwelt weit entfernen. Die
künstlerischen Gestaltungskräfte können sehr
eigenmächtig mit den Elementen der Wirklich-
keit verfahren. Es ist nicht die Ungenauigkeit
der Vorstellung oder „Abkehr von der Natur",
was häufig den Künstler bestimmt, zwischen sein
Werk und dessen Urbild große Entfernungen
zu legen. Die formenden Kräfte in ihm sind es,
die ihn veranlassen, vom Sehbild abzurücken
und dessen künstlerische Spiegelung als wirk-
licher anzusprechen. In diesem inneren Erleb-

nisbild werden seelische Betonungen offenbar,
die mit Verzeichnung oder Deformation zu be-
nennen gradewegs an ihrer Erkenntnis vorbei-
gehen heißt. Wo der Instinkt statt des Ver-
standes sich der dinglichen Welt bemächtigt,
dort kann auch nur im Seelischen der Zu-
gang zum Verstehen gefunden werden.

Die Konfrontation mit einem Sehbild, das
ein Schaubild auslöste, macht dem Künstler
oft schreckhaft das Wirken der formenden Kräfte
klar. Er kann nur sehr erstaunt eine Metamor-
 
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