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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 68.1931

DOI Artikel:
Neumann, Johannes: Über die Motivationen des Künstlers
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https://doi.org/10.11588/diglit.9248#0304

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Über die Motivationen des Künstlers

fanny wolfskehl »büste w. de haan«

zu dem Freunde führte. „Nun kam
die Ulmer Einladung nicht in einem
beliebigen Augenblick, sondern in
einem besonderen, sie kam zu einer
Zeit, wo das Leben mir ungewöhn-
lich viel Mühe machte, wo ich rings-
um nur Sorgen, Last und Unlust
und keinerlei frohe Aspekte sah und
wo jeder Gedanke an Veränderung,
an Wechsel, an Flucht mir will-
kommen sein mußte." Wir haben
so als Motivation zur Nürnberger
Reise, zunächst persönliche An-
triebe. Aber diese sind nur der be-
wußte Teil der Motivationen, nur
äußerer Anlaß, nicht aber künstle-
rische Motivationen.

Auch nach diesen forscht Hesse
und findet sie in Erinnerungen und
Sehnsüchten der Welt des Schönen.
In Blaubeuren im Schwäbischen wohnt
der betreffende Freund. „Hier aber,
in den Vorstellungen um den Klang

zentriert, was in mir noch lebte von Herzens-
beziehungen zu Jugend, Heimat und Volk". . .
„In diesem Drängen nach dem Schönen wirken
die eigentlichen Motivationen des Künstlers;
hier ruhen in seiner Seele feste Gefüge. Es sind
das psychische Dauergeformtheiten, die das
Wesen der „künstlerischen" Seele bilden. Der
Künstler ist Künstler kraft Prägung seiner
„Struktur". Das Schöne ist und hat eigene,
eigenartige und einzigartige Qualität. Und sofern
eine Seele von der Welt des Schönen her ge-
prägt ist, hat sie ihre „ästhetische Struktur."

Bei Laien ist diese Bildung der Seele vom
Schönen her passiv, rezeptiv. Sofern nun diese
Struktur als causa finalis wirkt, kommt dieser
ästhetischen Struktur eine Dynamik zu, der das
Schöpferische entspringt. Dieses Drängen zur
Gestaltung unterscheidet die ästhetische
Struktur des Künstlers von der des Laien.

Als Dauergeformtheit kommt dieser Struktur
ein Leben zu, das in das Bewußtsein ein Drän-
gen nach Formgebung fließen läßt, ohne daß
der Künstler sich jeweils der Motivation bewußt
wäre oder bewußt werden könnte. Es darf aber
nicht gesagt werden, daß Irrationales nicht ur-

„Blaubeuren" herum, war alles kon- lotte rose—dakmstadt. kleinplastik »sitzende frau«
 
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