DER MALER LE(
VON HANS
Survage, dem Paris zur zweiten Heimat wurde,
besuchte — noch nicht zwanzig alt — die
Moskauer Akademie. Der künstlerische Hori-
zont seiner Lehrer machte freilich bei Repin und
seinesgleichen unwiderruflich Halt. Doch gab's
in Moskau noch eine andere Schule für solche,
die Augen hatten: die Sammlung Stschukin.
Dort redeten die schönsten Leinwände der
französischen Impressionisten, die Province-
Landschaften Van Goghs und Cezannes eine
andere Sprache als der Professor in der Zeichen-
klasse. Dort wirkte Matisse wie ein großer Auf-
wiegler gegen alle Konvenienz. Man wußte
noch nicht recht warum, aber es genügte, einem
jungen Menschen die Augen zu öffnen.
Survage verließ bald darauf die Stadt der
Kuppeln und Ikonen, um sie gegen jene aus-
zutauschen, aus der all die leuchtenden Farben-
wunder des Museums Stschukin kamen. Er
landete prompt in einer Schule am Boulevard
des Invalides, wo oben erwähnter Matisse sich
auf kurze Zeit dem trügerischen Glauben hin-
gab, es könnten auch andere von seiner Kunst
profitieren. Ein Irrtum, der dem Neuankömm-
ling allerdings früh genug zu Bewußtsein kam.
)POLD SURVAGE
HEILMAIER
Die Existenzfrage wurde in den Jahren der
„Epoque heroique" noch nicht durch Händler-
kontrakte gelöst. Der junge Maler stimmte Kla-
viere im Pleyeisaal. Die freien Abendstunden
blieben fürs Zeichnen übrig und diverse Ideen;
unter andern ein Projekt, das nichts weniger
als eine Kunst ohne gegenständlichen Inhalt
bezweckte, damals gleichbedeutend mit der
Negation der Malerei rundweg. Auf diese Weise
lernte Survage den Dichter Apollinaire kennen,
dem er seinen umstürzlerischen Einfall in Form
eines Essais unterbreitete. Der Aufsatz erschien
denn auch in der letzten Doppelnummer der
„Soirees de Paris", einer von Appolinaire ge-
leiteten Avantgarde - Zeitschrift. Aber, was
wichtiger ist: seitdem hatte sich der Autor des
„Poete assassine" für Survage eingesetzt und
ihm ermöglicht, sich ganz der Malerei zu widmen.
Die hier gezeigten figürlichen Arbeiten sind
mit andern Werken aus den letzten Jahren als
die endgültige Verwirklichung eines auf be-
stimmte Resultate hinzielenden Gestaltungs-
willens anzusehen. In dem ganzen Werdegang
seines Schaffens steckt ein gut Teil Selbstver-
leugnung und Verzicht auf leichten, doch kurz-
VON HANS
Survage, dem Paris zur zweiten Heimat wurde,
besuchte — noch nicht zwanzig alt — die
Moskauer Akademie. Der künstlerische Hori-
zont seiner Lehrer machte freilich bei Repin und
seinesgleichen unwiderruflich Halt. Doch gab's
in Moskau noch eine andere Schule für solche,
die Augen hatten: die Sammlung Stschukin.
Dort redeten die schönsten Leinwände der
französischen Impressionisten, die Province-
Landschaften Van Goghs und Cezannes eine
andere Sprache als der Professor in der Zeichen-
klasse. Dort wirkte Matisse wie ein großer Auf-
wiegler gegen alle Konvenienz. Man wußte
noch nicht recht warum, aber es genügte, einem
jungen Menschen die Augen zu öffnen.
Survage verließ bald darauf die Stadt der
Kuppeln und Ikonen, um sie gegen jene aus-
zutauschen, aus der all die leuchtenden Farben-
wunder des Museums Stschukin kamen. Er
landete prompt in einer Schule am Boulevard
des Invalides, wo oben erwähnter Matisse sich
auf kurze Zeit dem trügerischen Glauben hin-
gab, es könnten auch andere von seiner Kunst
profitieren. Ein Irrtum, der dem Neuankömm-
ling allerdings früh genug zu Bewußtsein kam.
)POLD SURVAGE
HEILMAIER
Die Existenzfrage wurde in den Jahren der
„Epoque heroique" noch nicht durch Händler-
kontrakte gelöst. Der junge Maler stimmte Kla-
viere im Pleyeisaal. Die freien Abendstunden
blieben fürs Zeichnen übrig und diverse Ideen;
unter andern ein Projekt, das nichts weniger
als eine Kunst ohne gegenständlichen Inhalt
bezweckte, damals gleichbedeutend mit der
Negation der Malerei rundweg. Auf diese Weise
lernte Survage den Dichter Apollinaire kennen,
dem er seinen umstürzlerischen Einfall in Form
eines Essais unterbreitete. Der Aufsatz erschien
denn auch in der letzten Doppelnummer der
„Soirees de Paris", einer von Appolinaire ge-
leiteten Avantgarde - Zeitschrift. Aber, was
wichtiger ist: seitdem hatte sich der Autor des
„Poete assassine" für Survage eingesetzt und
ihm ermöglicht, sich ganz der Malerei zu widmen.
Die hier gezeigten figürlichen Arbeiten sind
mit andern Werken aus den letzten Jahren als
die endgültige Verwirklichung eines auf be-
stimmte Resultate hinzielenden Gestaltungs-
willens anzusehen. In dem ganzen Werdegang
seines Schaffens steckt ein gut Teil Selbstver-
leugnung und Verzicht auf leichten, doch kurz-