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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 68.1931

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Heilmaier, Hans: Der Maler Leopold Survage
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https://doi.org/10.11588/diglit.9248#0384

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Der Maler Leopold Survage

lebigen Erfolg. Survage war, gleich andern
Künstlern seiner Generation, von der Notwen-
digkeit neuer Bildgestaltung überzeugt, welche
den Begriffen Raum, Darstellung, Farbe und
Zeichnung eine andere Bedeutung unterschob.

Schon hatten die „Fauves" gezeigt, daß ein
Meer rot, ein Himmel grün sein könne, ja müsse,
um der besonderen Harmonie des Kolorits, der
eignen Vision des Malers getreu zu bleiben.
Picasso und Braque in enger Fühlungnahme,
Leger und Gris in etwas verschiedener Weise,
ermöglichten durch die kubistische Disziplin die
volle Entfaltung schöpferischer Phantasie auf
der Leinwand. Für die Ersatzleistungen ihrer
Nachahmer sind sie ebensowenig verantwortlich
wie die Sisley, Renoir und Monet für die Vul-
garisierung des Impressionismus.

Survage erblickte in der Lösung der Raum-
frage ein hauptsächliches Mittel zur Poetisie-
rung des Bildes. Demgemäß veränderte er die
Proportionen, Formen, Volumen und mit ihnen
den plastischen Wert, folglich auch die sym-
bolische Bedeutung der Dinge. Er gab der
Landschaft den Vorzug. Eine Frauenfigur von
architektonischen Ausmaßen, winzige Häuser-
silhouetten, vor den in ruhige Flächen geteilten
Fond (Meer, Land und Himmel) gestellt, schufen
nicht nur eine frische Sensation des Räumlichen,
sondern des Bildhaften schlechthin. Das Ein-

zelne gewann an Bedeutung durch die kompo-
sitioneile Verbundenheit mit dem Ganzen. Sei's
als Mikrokosmos oder gewaltige Dominante.
Gerade die wechselnde Rolle von Mensch und
Objekt verschafft diesen Bildern ihren beson-
deren Reiz, ihren tiefern Sinn. Ein riesengroßes
fallendes Blatt gibt den Herbst in seinem Wesen
und besser wieder als ein ganzer Wald mit sei-
nem bunten Farbenspektakel es vermöchte.

Aber endlich und zuguterletzt zielt die lange
Jahre streng durchgeführte Gestaltungsweise,
dies seltsame Nebeneinander und Verbunden-
sein der Dinge auf die Synthese einer Weltbe-
trachtung im Bilde hin. Das kommt in jeder
neuen Leinwand freier und ungebundener zum
Durchbruch. Es handelt sich jetzt nicht mehr
um die von Bild zu Bild stückweise Lösung
eines lange gewälzten Problems. Survage be-
herrscht die Mittel, das auszudrücken, was er
will. Ihr Gebrauch ist selbstverständlich, für
den Beschauer latent, aber — wirksam.

Wieviele Maler haben gesungen, ehe sie
sprechen gelernt hatten?! Survage gehört nicht
zu dieser Kategorie. Der Lyrismus seiner Male-
rei, ihr Beitrag zur Kunst seiner Generation ist
das Ergebnis eines zähen Bemühens und nicht
das launische Resultat glücklich inspirierter
Stunden. Darum kann er sich nunmehr mit
Recht erlauben, er selbst zu sein. . . . h.h.

LEOPOLD SUR VAGE. »HAND MIT FISCH« 1928
 
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