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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 68.1931

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Born, Wolfgang: Das Wiener Stadion
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https://doi.org/10.11588/diglit.9248#0394

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Das Wiener Stadion

denen die Zuschauerplätze auf Erdwällen un-
tergebracht waren. Für eine künftige Über-
dachung der Tribünen sind die konstruktiven
Vorbedingungen getroffen. Die ausgezeichneten
Sichtverhältnisse regen zu einer Verwendung
des Stadions auch für Versammlungs- und Fest-
spielzwecke an.

Das Schwimmstadion enthält ein Sportbecken
von 50 m Länge und 8 m Breite, daneben ein
Sprungbecken von 33,33 m Länge und 18 m
Breite mit Turm und je ein Becken für erwach-
sene Nichtschwimmer und für Kinder. Das
Sportbad hat eine Tribünenanlage für 4000 Zu-
schauer mit 2000 Sitzen. Der Raum unterhalb
der Tribüne ist dem Hauptbau entsprechend
verwertet und aufgeteilt. Den Mittelpunkt der
Schwimmbadanlage bildet ein Kafferestaurant
aus Eisenbeton, das bisher als Erdgeschoßbau
fertiggestellt ist, während das Obergeschoß mit
Sonnenterrasse später ausgebaut werden soll.

Die architektonische Gesamterscheinung ist
im besten Wortsinne monumental. Das gilt be-
reits vom Grundriß der ganzen Anlage, deren
Übersichtlichkeit erst die eindrucksvolle Ent-
faltung der Baukörper ermöglicht. Die Gruppe

der Schwimmbecken mit dem Sprungturm und
dem runden Kaffeehaus ist durch ein groß-
zügiges Liniensystem zusammengefaßt. Das
Auge folgt den klaren Umrissen, ohne durch de-
korative Abschweifungen vom Aufnehmen der
Raumwerte abgelenkt zu werden. Alle Einzel-
heiten aber werden beherrscht durch das Am-
phitheater, das sich von dem ihm geistver-
wandten Kolosseum durch seinen Verzicht auf
jegliche Fassadenwirkung unterscheidet. Nichts
Kleinliches stört den gleichmäßigen Rhythmus
der verglasten Wandelgänge, die der Außen-
ansicht das Gepräge geben. Bei aller Schmuck-
losigkeit und Strenge der Baugesinnung hat
man jedoch nirgends das Gefühl der Nüchtern-
heit. Aus dem Zweckmotiv der Differenztreppen
gewinnt der Architekt die Möglichkeit male-
rischer Massengliederung. Die Konstruktion
ist Architektur geworden. Besonders sympa-
thisch wirkt die Anlage des Spiegelteiches.
Man ist versucht, in dem geschweiften Umriß
des Bassins ein taktvolles Eingehen auf den
genius loci von Wien zu sehen, der Barock
heißt — und man kann diesen Einfall des Ar-
chitekten nur gutheißen............ w. b.
 
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