prof. j. hillerbrand »nachttisch-lampen«
KLEINGERÄT VON DEN DEUTSCHEN WERKSTÄTTEN
von wilhelm michel
Manche Leute denken heute sehr „stark- Schritte des neuen Mobiliars mitmachen. Die
nervig" über das Kleingerät in der Woh- schlichten, aber fein abgewogenen Formen in
nung — aber gebraucht wird es eben doch, es Metall, Glas, Keramik, Holz und Geflecht leben
macht mit seinen kleinen Hilfen das Wohnen aus demselben Geist, der den modernen Innen-
und Leben behaglicher und trägt dazu bei, räum beherrscht. Man kann sie daher unbesorgt
es zu höheren Formen zu erheben. Es hat in jedenRaum stellen, sie werden sich gut mit ihm
schon in alter Zeit Athleten der Bedürfnis- vertragen. Es ist nirgends etwas Kleinliches in
losigkeit gegeben, wie jenen zynischen Phi- ihnen, sie haben sogar in den bescheidensten
losophen Diogenes, der, als er ein Kind einmal Dimensionen den breiten Zug und die „tech-
aus der hohlen Hand trinken sah, seine hol- nische Linie" von denen unser Empfinden heute
zerne Trinkschale wegwarf mit den Worten: so bestimmt angesprochen wird. Überall ist
„Ein Kind mußte mich in der Bedürfnislosig- die spiegelglatte, polierte Oberfläche das auf-
keit übertreffen!" Aber man muß doch wohl fälligste Merkmal ihrer Erscheinung, und jedes
bedenken, was eine zuweit gehende Bedürf- dieser Dinge will nicht auf Einzelnes hin,
nislosigkeit für Folgen hat. Gewiß, übertrie- sondern als Ganzes angesehen und gewertet
bene Bedürfnisse machen den Menschen unfrei werden. Nimmt man es genau, so ist dies der
und schwerfällig. Aber übertriebene Bedürfnis- eigentlich bestimmende Zug in der modernen
losigkeit verhindert jede höhere Lebensform, Ästhetik. Früher tastete man sich im Erleben
nicht nur im Leiblichen, sondern schließlich der Dinge an ihren Einzelheiten entlang. Heute
auch im Geistigen. faßt man, im Schaffen wie im Aufnehmen, jedes
Die Deutschen Werkstätten bringen da Scha- Ding als Ganzheit und als Einheit ins Auge,
len, Vasen, Dosen, Kannen und Kännchen, Wie wir auch heule bestrebt sind, den Men-
auch Blumenbänke und Becher. Es ist hübsch, sehen, über seinen Details und Widersprüchen,
zu sehen, wie diese Dinge die stilistischen als biologische Einheit zu fassen...... w. m.
XXXIV. Soptomber 1931. T
KLEINGERÄT VON DEN DEUTSCHEN WERKSTÄTTEN
von wilhelm michel
Manche Leute denken heute sehr „stark- Schritte des neuen Mobiliars mitmachen. Die
nervig" über das Kleingerät in der Woh- schlichten, aber fein abgewogenen Formen in
nung — aber gebraucht wird es eben doch, es Metall, Glas, Keramik, Holz und Geflecht leben
macht mit seinen kleinen Hilfen das Wohnen aus demselben Geist, der den modernen Innen-
und Leben behaglicher und trägt dazu bei, räum beherrscht. Man kann sie daher unbesorgt
es zu höheren Formen zu erheben. Es hat in jedenRaum stellen, sie werden sich gut mit ihm
schon in alter Zeit Athleten der Bedürfnis- vertragen. Es ist nirgends etwas Kleinliches in
losigkeit gegeben, wie jenen zynischen Phi- ihnen, sie haben sogar in den bescheidensten
losophen Diogenes, der, als er ein Kind einmal Dimensionen den breiten Zug und die „tech-
aus der hohlen Hand trinken sah, seine hol- nische Linie" von denen unser Empfinden heute
zerne Trinkschale wegwarf mit den Worten: so bestimmt angesprochen wird. Überall ist
„Ein Kind mußte mich in der Bedürfnislosig- die spiegelglatte, polierte Oberfläche das auf-
keit übertreffen!" Aber man muß doch wohl fälligste Merkmal ihrer Erscheinung, und jedes
bedenken, was eine zuweit gehende Bedürf- dieser Dinge will nicht auf Einzelnes hin,
nislosigkeit für Folgen hat. Gewiß, übertrie- sondern als Ganzes angesehen und gewertet
bene Bedürfnisse machen den Menschen unfrei werden. Nimmt man es genau, so ist dies der
und schwerfällig. Aber übertriebene Bedürfnis- eigentlich bestimmende Zug in der modernen
losigkeit verhindert jede höhere Lebensform, Ästhetik. Früher tastete man sich im Erleben
nicht nur im Leiblichen, sondern schließlich der Dinge an ihren Einzelheiten entlang. Heute
auch im Geistigen. faßt man, im Schaffen wie im Aufnehmen, jedes
Die Deutschen Werkstätten bringen da Scha- Ding als Ganzheit und als Einheit ins Auge,
len, Vasen, Dosen, Kannen und Kännchen, Wie wir auch heule bestrebt sind, den Men-
auch Blumenbänke und Becher. Es ist hübsch, sehen, über seinen Details und Widersprüchen,
zu sehen, wie diese Dinge die stilistischen als biologische Einheit zu fassen...... w. m.
XXXIV. Soptomber 1931. T