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Ness, Wolfgang
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 10, Teil 2): Stadt Hannover — Braunschweig, 1985

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https://doi.org/10.11588/diglit.44415#0163

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Bereich durch die neuen „Landmarken“
(Bahndamm) im 19./20. Jh. festgelegt.
In einem Lehnsregister des Bischofs von Min-
den wurde Badenstedt zu Beginn des 14. Jh.
erwähnt; die Siedlung dürfte jedoch um min-
destens drei Jahrhunderte älter sein.
Die Gemeinde war nach Linden/St. Martin ein-
gepfarrt. Sie hatte jedoch spätestens seit dem
Ende des 17. Jh. eine am Südostrand des
Dorfkerns stehende Kapelle, deren Nachfol-
gebau (Ende 18. Jh.) 1927 aufgegeben wurde
(vgl. Gemeindezentrum Paul-Gerhardt). 1683
gab es in dem haufenförmig angelegten Dorf
um die Lenther-, Hagenbieck-, Riechersstra-
ße und um den Kapellenweg 13 Feuerstellen;
Ende des 18. Jh. war die Anzahl auf 20 ange-
wachsen, eine durchaus normale auf Hoftei-
lungen und Ansiedlung von Brinksitzern zu-
rückzuführende Vergrößerung. Mitte des 19.
Jh. erfolgte die Verkoppelung. In der Umge-
bung des Dorfes entstanden bereits in diesem
Zusammenhang verschiedene schnurgerade
Feldwege, die heute einen Teil des Straßen-
systems bilden, z.B. Eigenfeldstraße, Planta-
genstraße, Am Lohgraben, Im Born, Siegfried-
weg, Nibelungenweg usw.
1831 gründete Georg Egestorff (vgl. Linden)
die Saline Egestorffhall nordöstlich des Dorfes
(verschwunden, östlich des Weges An der Sa-
line). Seit 1837 lief die Produktion. Obwohl
sich das Unternehmen sehr bald zu einem der
größten deutschen Salinen entwickelte, gin-
gen von ihm zunächst keine Impulse für die
Veränderung der dörflichen Struktur aus, es
folgten auch keine weiteren industriellen Nie-
derlassungen. Offenbar erst im 4. Viertel des
19. Jh. entstanden im Schatten der Saline an
der Salinen-, Salzdetfurther-, Grünau- und
Ziesenißstraße kleine Wohnhäuser für Sali-
nenarbeiter. Parallel dazu bauten sich in der
Nachbarschaft auch Arbeiter jener Lindener
Fabriken an, die in der Zwischenzeit an der
Badenstedter- und Davenstedter Straße ge-
gründet worden waren. Das schlug sich im An-
stieg der Einwohnerzahlen deutlich nieder
(1855: 324, 1885: 804, 1900: 1747, 1909:
2099). In den letzten beiden Jahrzehnten des
19. Jh. zog eine neue Bewohnerschicht an
den Ostrand des Dorfes, die auch neue Wohn-
formen und Bautypen mit sich brachten: Zu-
nächst entstanden kleine ein- bis zweige-
schossige Arbeiterhäuser, gegen 1900 setzte
sich städtische drei- bis 31/2-geschossige
Mietwohnbebauung durch. Damit entwickelte
sich an der Peripherie des Dorfes ein Wohn-
vorort - Gewerbegebiet wurde erst später im
Süden ausgewiesen — für Linden, zu dem tra-
ditionell enge Beziehungen bestanden. 1908
vollzog man die Eingemeindung.
Während der folgenden Jahrzehnte dehnte
sich das besiedelte Areal weiter aus, so daß
heute die Feldmark weitgehend bebaut ist,
und der Dorfkern mit den Erweiterungsberei-
chen des 19. Jh. vollständig eingeschlossen
ist von drei- bis viergeschossigen Siedlungs-
komplexen aus den zwanziger und dreißiger
Jahren — z.T. erst nach dem Zweiten Welt-
krieg vollendet — im Norden und Osten; über-
wiegend Ein- oder Zweifamilienhäuser, z.T.
als Doppel- oder Reihenhäuser im Süden und
Westen. In den letzten Jahren hat die Verän-
derungswelle auch den Dorfkern derart erfaßt,

daß heute kaum noch bäuerliche Gebäude
oder historische Strukturen (Hofgrundstücke
mit Obstgarten usw.) zu erkennen sind.
Im historischen Dorfbereich fällt das Gelände
nach Süden ab. Ursprünglich lagen östlich der
erst nach dem Zweiten Weltkrieg angelegten
Empelder Straße feuchte unbebaubare Wie-
sen. Knapp neben dem Siedlungsrand ent-
stand etwa in der Mitte des heute platzartigen
Freiraums Kapellenweg die 1927 abgerissene
Kapelle, um die sich kleine Hofstellen scharr-
ten. Obwohl die Sanierung auch dieses Areal
erreicht hat, blieb ihm bisher der intime Cha-
rakter - „dörfliches Refugium“ - erhalten.
Die Gebäude stammen aus dem 19. Jh., wur-
den jedoch z.T. grundlegend erneuert. Als Do-
kument darf man die ehemalige Schule (Ka-
pellenweg 5) ansehen, ein Fachwerkhaus von
etwa 1830 mit einem höheren Ziegelanbau
von etwa 1875. Schräg gegenüber steht ein
vergleichsweise gut erhaltener Vierständer-
bau (Kapellenweg 8) von 1832 mit typischer
„klassizistischer“ Torpfostenzier, dem im Lau-
fe des 19. Jh. zur besseren Ausnutzung des
knappen Grundstücks Nebenhäuschen ange-
lehnt wurden.

Altes Dorf 17, Wohnwirtschaftsgebäude, 1830


Kapellenweg 5, ehern. Schule, um 1830


Kapellenweg 8, Wohnwirtschaftsgebäude, 1832


Der wichtige Osteingang in das Dorf in Verlän-
gerung der Badenstedter Straße lag an der
Gabelung Lenther- und Riechersstraße, wo
ein Erinnerungsmai an die Siegesfeier von
1871 gesetzt wurde. Gegenüber steht ein an-
sehnliches, zweigeschossiges Wohnhaus mit
reicher Ziegelverblendfassade, das zu dem
1897 errichteten Meierhof Pauling gehörte
(Empelder Straße 1). Es zeigt einerseits das
Repräsentationsbedürfnis der großen Bau-
ern, andererseits die inzwischen vollzogene
Funktionstrennung in der bäuerlichen Archi-
tektur mit abgesondertem Wohnbereich. Zu-
gleich prägt dieses auffällige Gebäude die
städtebaulich wichtige Situation im Bogen der
„neuen“ Hauptverkehrsstraßen (Badensted-
ter/Empelder Straße).
Die um 1875/80 begonnene Entwicklung zum
Vorort von Linden läßt sich noch immer an
einigen Bauten um die Badenstedter Straße
erkennen. Fast unverändert hat sich auf der
Westseite der Grünaustraße eine Anzahl
traufständiger Wohngebäude der Zeit um
1880 erhalten, die durch ihre typischen wie-
derholten Gestaltungsmerkmale eine ge-
schlossene Gruppe bilden. Sie rahmen das

Davenstedter Straße 218,
Wohnwirtschaftsgebäude, 1791


In der Steinbreite 38, Ausflugsgaststätte, um 1900


Empelder Straße 1, Wohnhaus, 1897


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