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Twachtmann-Schlichter, Anke [Hrsg.]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 14,1): Stadt Hildesheim: mit den Stadtteilen Achtum, Bavenstedt, Drispenstedt, Einum, Himmelsthür, Itzum, Marienburg, Marienrode, Neuhof, Ochtersum, Sorsum, Steuerwald und Uppen — Hameln, 2007

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https://doi.org/10.11588/diglit.44417#0202
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Hildesheim, Weinberg 64, Villa Dyes, Orangerie


wurde. Fast sakral muten die Eingangshalle und
der Salon durch die Kreuzrippengewölbe und
die Wandsäulen mit ihren Kapitellen an. Zentral
im Erdgeschoss liegt der Speisesaal mit seiner
dunklen Holzvertäfelung und der reich verzier-
ten Holzdecke. Noch mit Resten der Original-
ausstattung sind beispielsweise der ebenso
aufwändig gestaltete Gartensaal und das
Damenzimmer im oktogonalen Turm versehen.
Die zum Gästehaus führende langgestreckte
Orangerie ist lediglich rudimentär erhalten. Sie
fungierte als Bindeglied und bot den Gästen
den direkten Zugang von der Villa zum Gäste-
haus. Interessant ist die verbliebene Eisenkons-
truktion der Orangerie. Lediglich die Ostseite,
hier verläuft der mit Arkaden verzierte Wandel-
gang zum Gästehaus, ist in gelben Ziegeln aus-
geführt, ansonsten verwandte man gemäß dem
industriellen Zeitalter die Materialien Eisen und
Glas. Im 19. Jh. wird das Glashaus zum Zent-
rum des gesellschaftlichen Vergnügens und ist
Ausdruck einer modernen, zeitgenössischen
Architekturinterpretation, in der sich das Bauen
in seiner konstruktiven wie ästhetischen Form
widerspiegelt.


Hildesheim, Weinberg 66, ehemaliges Gärtnerhaus

Einer vollständig anderen Variante des Histo-
rismus gehört das südlich gelegene Gästehaus
Weinberg 64A an, das so genannte Schweizer-
haus. Stilistische Ähnlichkeiten mit den Chalets
in der Schweiz, wenn auch in modifizierter
Form, dürften namensgebend für das zeitgleich
mit der Villa entstandene Gebäude gewesen
sein. Der eingeschossige Baukörper mit vorkra-
gendem Drempelgeschoss, Zierfachwerk und
geschnitzten Holzverkleidungen steht in seinem
Erscheinungsbild scheinbar im Gegensatz zur
Villa. Es dürfte sich aber hier eher um eine
Demonstration der Architekturvielfältigkeit des
19.Jh. handeln, die der Auftraggeber anstrebte.
Demzufolge sind die Schauseiten des Gäste-
hauses zur Auffahrt der Villa und östlich zur
Straße mit ihrem Fachwerkgepräge besonders
hervorgehoben. Betont werden sie unter
anderem durch die mit floralen Ornamenten
versehenen Holzverkleidungen und einen Bal-
kon mit aufwändigem Schnitzwerk im Norden.
Dekorative Details wie die schmiedeeisernen
Zierformen des Firstreiters der Villa Dyes finden
hier eine Wiederaufnahme.
Südlich des Godehardiklosters und des
Kehrwiederwalles liegt der ehemalige Park der
Villa Dyes, seit 1938 Ernst-Ehrlicher-Park.
Benannt wurde der Park zu Ehren des schei-
denden Oberbürgermeisters Ernst Ehrlicher
(1872-1951), der mit großem Engagement eine
Freigabe des Parkes für die Öffentlichkeit er-
reicht und sich ebenfalls im damaligen Verschö-
nerungsverein verdient gemacht hatte. Die ehe-
mals zum Kloster gehörenden Gärten wurden
durch die mittelalterliche Stadtbefestigung, im
Wesentlichen also den Kehrwiederwail nebst
dem südlich vorgelagerten Stadtgraben, unter-
teilt. Durch die Anlage dieses Befestigungs-
abschnittes war ein direkter Zugang zu den
Gärten und zu den Weinbergen nicht mehr
gewährleistet und führte zu Streitigkeiten mit
den Mönchen des Godehardiklosters. Sie
forderten weiterhin freien Zugang und erreich-
ten in der Mitte des 15. Jh. den Bau eines wei-

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