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Kämmerer, Christian [Hrsg.]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 32): Stadt Osnabrück — Braunschweig, 1988

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https://doi.org/10.11588/diglit.44440#0016
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lieh von Bischofssitz und Poggenbach. Die Erweiterung vollzog sich hier im Bereich der
ältesten Fernwege der Stadt, die am Tor des Bischofshofes aufeinandertrafen und das
Gerüst einer allmählich wachsenden Ansiedlung gaben, die vermutlich schon im 10. Jh.
Marktfunktion angenommen hatte, wenn auch ein Marktprivileg für Osnabrück erst in ei-
ner Urkunde Heinrichs II. von 1002 überliefert ist. Diese Marktsiedlung, die bereits zu je-
ner Zeit eine Kirche besaß, erhielt im Verlauf des 11. Jh. auf Veranlassung des bischöfli-
chen Grundherrn eine Befestigung durch Mauer und Graben, die sie gemeinsam mit
dem Bischofshof umschloß. Damit war die räumliche Entwicklung des ältesten Kerns der
Stadt abgeschlossen, in dem Bischofssitz und bürgerliche Marktsiedlung innerhalb ei-
nes gemeinsamen Befestigungsrings zur mittelalterlichen Domburg zusammenge-
schlossen wurden. Die ummauerte Domburg besaß ihre Tore im Norden im heutigen
Verlauf der Hasestraße, im Westen am Westende des Marktes und im Süden am Niko-
laiort. Im 11. Jh. erfuhr der Marktort seine erste bauliche Blüte. Wohl in die Regierungs-
zeit des bedeutendsten der Osnabrücker Bischöfe des Mittelalters, des baukundigen
Benno II. (1067-1088), fallen die romanischen Neubauten von Dom und Marienkirche,
ebenso die Gründung des Benediktinerinnenklosters auf dem Gertrudenberg.
Altstadt
Eine erneute beträchtliche Ausdehnung brachte das 12. Jh. für den Ort, der 1147 erst-
mals urkundlich als Stadt erwähnt wurde. Vor den drei Toren der Domburg erweiterte
sich die Stadt wiederum entlang der alten, aus der Stadt führenden Fernstraßen und
Handelswege. Auf diese Weise bildeten sich die drei Bezirke der Altstadt heraus, die
sich im Halbkreis um die Stadt legen: Haseleischaft im Norden, Butenburg im Westen
und Johannisleischaft im Süden. Wohl gegen Ende des 12. Jh. wurden die neuen Sied-
lungsbereiche vor der Stadt mit der Domburg durch einen gemeinsamen Befestigungs-
ring umschlossen. Die Stadt muß zu dieser Zeit das Befestigungsrecht erhalten haben,
ein Privileg, das ihr urkundlich 1280 noch einmal bestätigt wird. Ebenso, wie die ehema-
lige Befestigungslinie der Domburg, zeichnet sich auch dieser Mauerring im heutigen
Stadtgrundriß noch über weite Strecken ab. Die Stadt besaß in dieser Entwicklungspha-
se vier Haupttore, aus denen die wichtigsten Fernstraßen führten: Hasetor im Norden,
Natruper und Heger Tor im Westen und ein südliches Tor am heutigen Neumarkt, das
nach der späteren Eingliederung der Neustadt die Bezeichnung Altes Tor erhielt.
Neustadt
Die weiteren Ausdehnungsmöglichkeiten der Stadt waren aufgrund der örtlichen Gege-
benheiten begrenzt. Während im Osten die Hase mit ihrer sumpfigen Niederung jede Er-
weiterung verhinderte, engten im Norden und Westen der dicht an die Stadt herantreten-
de Westerberg und das Sumpfgebiet der Wüste die Entwicklungsmöglichkeiten ein. So
blieb allein die Erweiterung nach Süden, wodurch der Stadtgrundriß seine eigentümliche
Nierengestalt erhielt, die er bis ins 19. Jh. hinein bewahrte. Ausgangspunkt der letzten
mittelalterlichen Stadterweiterung Osnabrücks, der Neustadt, war das bereits 1011 im
Süden vor der Stadt gegründete Kollegiatstift St. Johann. Auch hier vollzog sich die An-
siedlung zunächst im Bereich des ältesten Fernweges. Wohl in planmäßiger Anlage ent-
standen die regelmäßigen Straßenzüge der Neustadt zu beiden Seiten der großen Süd-
Nord-Straße, die sich damit zur Hauptachse der mittelalterlichen Stadtentwicklung her-
ausbildete. Etwa um 1300 wurde auch die Neustadt mit einer Mauer umschlossen, die
an den vorhandenen Befestigungsring der Altstadt angebunden wurde. 1306 erfolgte
der Zusammenschluß von Altstadt und Neustadt, wobei sich die Neustadt innerhalb ei-
nes begrenzten Rahmens ihre Selbständigkeit bewahrte. Vereinigte Alt- und Neustadt
umfaßten nun eine Fläche von 102 ha.
Die spätmittelalterliche Stadt bis zur Reformation
Mit der Vereinigung von Alt- und Neustadt erreichte Osnabrück in seinem Stadtgrundriß
jenen Umfang, den es fortan über fünf Jahrhunderte beibehielt. Kleinere vorstädtische
Ansiedlungen, die sich bereits im Mittelalter vor allen Toren der Stadt gebildet hatten,
verschwanden wieder mit dem Ausbau der Befestigungsanlagen um die Mitte des 16.
Jh. Aus den Stufen der Stadtentwicklung hatte sich die feste innere Einteilung der Stadt
in ihre Viertel, die Leischaften (aus Letscap = niederdeutsch für Mitgliedschaft) ergeben,
politische Sondergemeinden innerhalb des Stadtganzen, die für die Zusammensetzung
des Rates von Bedeutung waren. Neben Dom und St. Johann besaß die mittelalterliche
Stadt die bürgerlichen Kirchen St. Marien und St. Katharinen, mithin vier Kirchen, unter
die die Pfarrbezirke aufgeteilt waren. Dem 13. Jh. verdankte Osnabrück eine rege kirch-

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