Köpfe auch nur einigermaßen die innere seelische Gestalt, die hinter der
äußeren Gesichtsgestalt deutlich fühlbar ist, wiederzugeben. Man vergleiche
eingehend darauf hin die einzelnen Köpfe. Immer wird man finden, daß hinter
den Gesichtern des Mus.-Bildes keine beseelten lebensechten Menschen
stehen. Bei Einzelbetrachtung des Mus.-Bildes kann allerdings die Phantasie
des Beschauers noch Ausdruck in die leeren Gefäße hineinprojizieren. Erst
wenn man aber die Köpfe des Weinb.-Bildes betrachtet, merkt man, wie
jeder einzelne, insbesondere der Hauptakteure, einen ganz gewissen, reich
differenzierten seelischen Ausdruck enthält. Der Unterschied ist überall der-
selbe. Alle Züge der Weinb.-Gesichter erscheinen. am Mus.-Bild vergröbert
und verzerrt. Der Kopist sieht nur das Eigenartige und Skurrile und glaubt
diese Äußerlichkeit überdeutlich wiedergeben zu müssen. So verwandelt er
die satirisch gesehenen Charakterköpfe des Weinb.-Bildes in durchaus un-
geistige Grimassen. Besonders kraß wirken die Veränderungen des Scharf-
richterkopfes und des beichtenden Schächers. Wie er diese seelischen Meister-
werke in leere Fratzen verwandelt, ist kennzeichnend für die Roheit und
Unbeholfenheit dieses Malers Abb. 31, 32, 33, 34.
Die innere Gestalt wird hier, so wie immer, zur Klippe, an der auch der
beste Kopist scheitern muß. Denn hier liegt der grundlegende Unterschied.
Der schaffende Künstler trägt das Seelische seiner Figuren in sich. So wie
er sie sich als beseelte Wesen vorstellt, so malt er sie. Umriß und Farbe
sind ihm nur ein Mittel zum Zweck, um das Bedeutsame und innerlich
Gefühlte durch Gestaltmotive sichtbar zu machen. Der Kopist sieht nur das
Außere. Und fährt er auch Zug um Zug dem Original nach — der Kopist
des Mus.-Bildes tat dies nicht einmal — der mimische Ausdruck der Gesichter
wird leer und unbeseelt bleiben, weil Leben nie in eine unbelebte Schale
eingegossen werden kann. Leben muß innerlich bereits vorhanden sein, bevor
der Künstler eine sinnfällige Erscheinung für das primär Gestaltlose erfindet.
Die Kopie bleibt so immer nur ein toter Umriß, eine unzugängliche Wieder-
gabe eines einmalig gestalteten Schöpfungsprozesses. Hierauf beruht auch
die starke äußere, sinnliche Wirkung, die wahre, innerlich geschaute Gesichter
über die Zeiten ausstrahlen. Es ist das Leben, das nie versiegend aus ihnen
emaniert. Das Weinb.-Bild vermittelt durch die gewaltige Ausdruckskraft
und durch die eindringliche Beseeltheit seiner Köpfe eine solche starke
Wirkung auf den Beschauer.
Es erübrigt sich zu betonen und nachzuweisen, daß Bosch Charakterköpfe
im Sinne des Weinb.-Bildes und nicht Grimassen wie am Mus.-Bild zu malen
pflegte. Betrachtet man die große Zahl seiner einprägsamen, immer außeror-
dentlichen Gesichter, dann wird man feststellen können, daß es ihm nicht darum
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äußeren Gesichtsgestalt deutlich fühlbar ist, wiederzugeben. Man vergleiche
eingehend darauf hin die einzelnen Köpfe. Immer wird man finden, daß hinter
den Gesichtern des Mus.-Bildes keine beseelten lebensechten Menschen
stehen. Bei Einzelbetrachtung des Mus.-Bildes kann allerdings die Phantasie
des Beschauers noch Ausdruck in die leeren Gefäße hineinprojizieren. Erst
wenn man aber die Köpfe des Weinb.-Bildes betrachtet, merkt man, wie
jeder einzelne, insbesondere der Hauptakteure, einen ganz gewissen, reich
differenzierten seelischen Ausdruck enthält. Der Unterschied ist überall der-
selbe. Alle Züge der Weinb.-Gesichter erscheinen. am Mus.-Bild vergröbert
und verzerrt. Der Kopist sieht nur das Eigenartige und Skurrile und glaubt
diese Äußerlichkeit überdeutlich wiedergeben zu müssen. So verwandelt er
die satirisch gesehenen Charakterköpfe des Weinb.-Bildes in durchaus un-
geistige Grimassen. Besonders kraß wirken die Veränderungen des Scharf-
richterkopfes und des beichtenden Schächers. Wie er diese seelischen Meister-
werke in leere Fratzen verwandelt, ist kennzeichnend für die Roheit und
Unbeholfenheit dieses Malers Abb. 31, 32, 33, 34.
Die innere Gestalt wird hier, so wie immer, zur Klippe, an der auch der
beste Kopist scheitern muß. Denn hier liegt der grundlegende Unterschied.
Der schaffende Künstler trägt das Seelische seiner Figuren in sich. So wie
er sie sich als beseelte Wesen vorstellt, so malt er sie. Umriß und Farbe
sind ihm nur ein Mittel zum Zweck, um das Bedeutsame und innerlich
Gefühlte durch Gestaltmotive sichtbar zu machen. Der Kopist sieht nur das
Außere. Und fährt er auch Zug um Zug dem Original nach — der Kopist
des Mus.-Bildes tat dies nicht einmal — der mimische Ausdruck der Gesichter
wird leer und unbeseelt bleiben, weil Leben nie in eine unbelebte Schale
eingegossen werden kann. Leben muß innerlich bereits vorhanden sein, bevor
der Künstler eine sinnfällige Erscheinung für das primär Gestaltlose erfindet.
Die Kopie bleibt so immer nur ein toter Umriß, eine unzugängliche Wieder-
gabe eines einmalig gestalteten Schöpfungsprozesses. Hierauf beruht auch
die starke äußere, sinnliche Wirkung, die wahre, innerlich geschaute Gesichter
über die Zeiten ausstrahlen. Es ist das Leben, das nie versiegend aus ihnen
emaniert. Das Weinb.-Bild vermittelt durch die gewaltige Ausdruckskraft
und durch die eindringliche Beseeltheit seiner Köpfe eine solche starke
Wirkung auf den Beschauer.
Es erübrigt sich zu betonen und nachzuweisen, daß Bosch Charakterköpfe
im Sinne des Weinb.-Bildes und nicht Grimassen wie am Mus.-Bild zu malen
pflegte. Betrachtet man die große Zahl seiner einprägsamen, immer außeror-
dentlichen Gesichter, dann wird man feststellen können, daß es ihm nicht darum
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