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Ephron, Walter; Strzygowski, Josef <Prof. Dr.>; Bosch, Hieronymus [Hrsg.]
Hieronymus Bosch - Zwei Kreuztragungen: eine "planmässige Wesensuntersuchung" — Zürich, Leipzig, Wien, 1931

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https://doi.org/10.11588/diglit.29309#0106
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Inhalt

Die planmäßige Wesensbetrachtung ist ein noch so junges und wenig ver-
breitetes Verfahren, daß es bisher noch nicht möglich war auch nur die wich-
tigsten Gebiete planmäßig durchzuarbeiten. Würden für die einzelnen Meister,
Schulen und anderen geschlossenen Gruppen der allgemeinen Kunstgeschichte,
große, möglichst vollzählige Reihen von Wesensuntersuchungen vorliegen, dann
würden diese Reihen einen idealen Grundarbeitsstoff für die Kunstwissenschaft
abgeben. Die Kunstforschung wäre dadurch in der Lage, alle Einzelwerte, die
sie in neuen Untersuchungen flndet, mit den gesicherten Werten zu ver-
gleichen; so könnten einerseits die neuen Erkenntnisse zuverlässig belegt und
andererseits die bereits bekannten Wesenseigenheiten vertieft und erweitert
werden. Da aber die Kunstwissenschaft sich nur im allergeringsten Maße dieser
zweifellos höchst notwendigen und sehr lohnenden Aufgabe unterzog, so fehlen
für besondere Ergebnisse, wie sie zum Beispiel in vorliegender Schrift gefunden
werden, die allgemeinen Ergebnisse, mit denen man sie vergleichen sollte und
könnte. Es wäre daher in diesem Falle notwendig, außer den Wesenspunkten
der beiden Bilder auch noch die des gemeinsam betrachteten Bosch’schen
Gesamtwerkes herauszufinden, um so das besondere Wesen der beiden Bilder
mit dem allgemeinen Wesen des Künstlers Bosch vergleichen zu können.
Dies ist nun, wie leicht einzusehen, schon weil es eine höchst umfangreiche
Arbeit wäre, hier unmöglich durchzuführen.

Als Ersatz für die bisher niemals noch durchgeführte planmäßige Wesens-
erforschung des Bosch’schen Gesamtwerkes sollen die verschiedenen Literatur-
zitate in kurzen Auszügen ungefähr das Bild zeigen, das sich die verschiedenen
Forscher vom Wesen Bosch’s machten. Darüber hinaus wird auch eine gewisse
allgemeine Kenntnis dieses Künstlers, soweit sie ohne planmäßige Wesens-
forschung überhaupt möglich ist, beim fachmännischen Leser angenommen.
Immerhin wird durch den Mangel eines gesicherten großen Materials die Be-
weiskraft der notwendigen Vergleiche ziemlich abgeschwächt. Denn wenn auch
die Wesenswerte der beiden Bilder wissenschaftlich zuverlässig herausgehoben
wurden, so liegt das Wesen Bosch nicht ebenso planmäßig bearbeitet vor
uns. Es werden daher in der folgenden Inhaltsuntersuchung, ungeachtet dessen,
daß die Berührungsflächen des am Weinb.-Bild gefundenen Wesens mit dem
allgemeinen Wesen Bosch’s bedeutend größer sind, nur solche Werte als
gleichartig mit Bosch aufgefaßt, die einerseits durch optischen Vergleich volle
Übereinstimmung aufweisen und die andererseits aus der vorhandenen Bosch-
Literatur zu belegen sind. Wäre der künstlerische Inhalt Bosch’s durch plan-

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