Jedöch entsprang dem freien Willen des Malers. Ihm ist es zuzuschreiben, daß
sie in ganz auffallender Weise kontrastisch aneinandergereiht wurden, seinen
persönlichen formalen Absichten entsprach die kaleidoskopartige Buntheit der
vorderen Figurenreihe. Das gleichmäßige Tageslicht unterstreicht noch dieses
lebhafte Farbenspiel und läßt es durch scharf aufgesetzte Lichter noch schil-
lernder und leuchtender erscheinen.
Es wird durch diese formale freie Farbwahl, die noch durch die freie Licht-
verwendung erhöht wird, eine künstlerische Wirkung erzielt, die mit der
glitzernden Wirkung der Mosaiken oder gotischen Glasfenster verglichen werden
kann. Em persönlicher Zug, die Freude am Glanz und an der Buntheit der
Farbe, spricht aus diesem Formwert. Auch hier wird der „Inhalt“ den Zusam-
menhang mit der Künstlerpersönlichkeit aufzeigen.
Das Mus.-Bild zeigt wohl im Großen und Ganzen dieselben Farben, wie das
eben besprochene Weinb.-Biid, doch sind sie dort, wie bereits unter Rohstoff und
Werk mitgeteilt, weniger leuchtkräftig und durchscheinend. Die mangelnde „Be-
leuchtung“ auf diesem Bild verhindert auch eine solche lebhaft bunte Wirkung.
Die Lichter sitzen viel lockerer und unschärfer auf, so daß sie sich nicht so voll-
kommen mit den Faltenbrüchen decken, wie am Weinb.-Bild. (Siehe: Vergleich
der Lichter am Mantel des Scharfrichters Abb. 1, 2 im Kapitel „Rohstoff und
Werk“ als einzelnes Beispiel für alle anderen ganz ebenso divergierenden Glanz-
lichter.) Durch solche Mängel wirkt das Mus.-Bild viel flauer. DerFormwert „freie
Farbwahl“ kann daher am Mus.-Bild nicht mit voller Bestimmtheit festgestellt
werden.
Anders steht es mit dem auf der Rückseite befindlichen Knabenbild. Die Rund-
komposition, der eigenwillig roteHintergrundund besonders die unnaturalistische
Grisaillemalerei des Kinderaktes, sind einige höchst beachtenswerte Formele-
mente. Wäre die (bereits unter Gestalt festgestellte) zeichnerische Qualität und
malerische Ausführung nicht so auffallend schwach und unmeisterlich und wäre
nicht der ganze Bildvorwurf durch frühere Vorbilder bedingt — man müßte auf
Grund der Formwerte „Raum“ und „freie Farbe“ an einen selbständigen
Künstler denken. So aber, da die gleiche Handschrift der beiden Seiten zweifel-
los ist, wird man annehmen müssen, daß auch das Knabenbild ebenso wie die
Vorderseite nach einer Vorlage kopiert wurde. Eine solche Vorlage wäre die
im Abschnitt Gegenstand besprochene Holbein Tischplatte, deren Motive durch
Kupferstiche oder Holzschnittillustrationen, sei es mit oder ohne die Vermitt-
lung Holbeins, den Weg nach den Niederlanden gefunden haben können.
Durch die hier vorgenommene Untersuchung der Form unter den Gesichts-
punkten Masse, Raumwirkung, Ton und künstlerische Farbe wurde der Einblick
in die geistige Welt der beiden Bilder um den eigentlichen künstlerischen Er-
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sie in ganz auffallender Weise kontrastisch aneinandergereiht wurden, seinen
persönlichen formalen Absichten entsprach die kaleidoskopartige Buntheit der
vorderen Figurenreihe. Das gleichmäßige Tageslicht unterstreicht noch dieses
lebhafte Farbenspiel und läßt es durch scharf aufgesetzte Lichter noch schil-
lernder und leuchtender erscheinen.
Es wird durch diese formale freie Farbwahl, die noch durch die freie Licht-
verwendung erhöht wird, eine künstlerische Wirkung erzielt, die mit der
glitzernden Wirkung der Mosaiken oder gotischen Glasfenster verglichen werden
kann. Em persönlicher Zug, die Freude am Glanz und an der Buntheit der
Farbe, spricht aus diesem Formwert. Auch hier wird der „Inhalt“ den Zusam-
menhang mit der Künstlerpersönlichkeit aufzeigen.
Das Mus.-Bild zeigt wohl im Großen und Ganzen dieselben Farben, wie das
eben besprochene Weinb.-Biid, doch sind sie dort, wie bereits unter Rohstoff und
Werk mitgeteilt, weniger leuchtkräftig und durchscheinend. Die mangelnde „Be-
leuchtung“ auf diesem Bild verhindert auch eine solche lebhaft bunte Wirkung.
Die Lichter sitzen viel lockerer und unschärfer auf, so daß sie sich nicht so voll-
kommen mit den Faltenbrüchen decken, wie am Weinb.-Bild. (Siehe: Vergleich
der Lichter am Mantel des Scharfrichters Abb. 1, 2 im Kapitel „Rohstoff und
Werk“ als einzelnes Beispiel für alle anderen ganz ebenso divergierenden Glanz-
lichter.) Durch solche Mängel wirkt das Mus.-Bild viel flauer. DerFormwert „freie
Farbwahl“ kann daher am Mus.-Bild nicht mit voller Bestimmtheit festgestellt
werden.
Anders steht es mit dem auf der Rückseite befindlichen Knabenbild. Die Rund-
komposition, der eigenwillig roteHintergrundund besonders die unnaturalistische
Grisaillemalerei des Kinderaktes, sind einige höchst beachtenswerte Formele-
mente. Wäre die (bereits unter Gestalt festgestellte) zeichnerische Qualität und
malerische Ausführung nicht so auffallend schwach und unmeisterlich und wäre
nicht der ganze Bildvorwurf durch frühere Vorbilder bedingt — man müßte auf
Grund der Formwerte „Raum“ und „freie Farbe“ an einen selbständigen
Künstler denken. So aber, da die gleiche Handschrift der beiden Seiten zweifel-
los ist, wird man annehmen müssen, daß auch das Knabenbild ebenso wie die
Vorderseite nach einer Vorlage kopiert wurde. Eine solche Vorlage wäre die
im Abschnitt Gegenstand besprochene Holbein Tischplatte, deren Motive durch
Kupferstiche oder Holzschnittillustrationen, sei es mit oder ohne die Vermitt-
lung Holbeins, den Weg nach den Niederlanden gefunden haben können.
Durch die hier vorgenommene Untersuchung der Form unter den Gesichts-
punkten Masse, Raumwirkung, Ton und künstlerische Farbe wurde der Einblick
in die geistige Welt der beiden Bilder um den eigentlichen künstlerischen Er-
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