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Ein glücklicher Finder
Dem Herrn Kanzleirath Sesselwctzer ist vom Arzte man-
nigfacher Beschwerden halber eine Trinkkur verordnet; die dazu
unumgänglich nöthige Bewegung Pflegt er sich in der ersten
Morgenfrühe auf der knapp vor feinem Hause gekegenen Pro-
menade zu verschaffen, wenn dieselbe noch ganz unbesncht ist,
was die Bequemlichkeit mit sich bringt, daß er die Flasche mit
dem Hcilwasser hinter seinem Hausthor versorgen kann und auch
bei andern allfälligcn Ereignissen geborgen ist. So hat er denn
eines schönen Morgens den Weg aufwärts zum ersten Male
zurückgelegt und ist auf dem Rückwege begriffen; da sieht er
auf dem Boden einen Silbergroschen liegen, natürlich hebt er
ihn aus und steckt ihn in den Sack — denn den Ueberschwang
eines Geldtäschchens kennt er nicht: „das gehört für Frauen
und Kinder, der wahre Mann greift in den Sack und zieht
die Faust voll Geld heraus; das ist ganz ckwas Anderes, als
aus einem solchen Ding die kleine Münze zimpferlich mit den
Fingerspitzen herauszuklauben;" darauf geht er eine gleiche
Strecke abwärts und -- sonderbar, auf dem Rückwege liegt
wieder ein Silbergroschen auf der Straße; auch der wird bei-
gcstcckt, ein Glas getrunken Nnd wieder nach aufwärks gegangen
— auf dem Rückwege, was liegt schon wieder da? ein Silbcr-
groschen. „Merkwürdig!" denkt er, „wo hatte ich denn meine
Augen, daß ich ihn nicht schon früher sah, als ich den ersten
aushob?" Jndeß der Weg wird nach abwärts fortgesetzt —
aus dem Rückweg liegt wieder
einer da. — „Aber da stehl
Einem rein der Verstand still,"
brummt er und steckt ihn zu
den andern, trinkt wieder ein
Glas, und geht wieder vor-
wärts. „Bin doch wirklich neu-
gierig, ob auf dem Rückwege
wieder einer daliegt, jetzt ist
keiner zu erblicken." Nun be-
schleunigt er aber unwillkürlich
seine Schritte, um früher zu-
rückzukommen und späht schon von Weitem, nachdem er umge-
kehrt, die Straße entlang. „Meiner Treu," ruft er, „dort
liegt er schon," läuft hin, packt ihn und rennt im Trabe vor-
wärts. Richtig findet er aus dem Heimwege wieder cincu. —
„Das ist der Sechste," ruft
er athcmlos, „jetzt Hab' ich
aber genug und geh' heim.
Einen Groschen Hab' ich
selbst gehabt, so müssen 's
in Allem sieben sein." Er
packt Flasche und Glas und
eilt auf sein Zimmer, um
seinen Fund zu untersuchen
und dann spornstreichs auf
die Polizei zu tragen. —
Aber — was ist das für
ein sonderbares Gesicht — so lang — und immer länger, wie
er in den Sack greift und — nichts darin findet, als bei ge-
nauer Untersuchung ein Loch.
— „So Hab' ich meinen
eigenen Groschen sechsmal
aufgehoben, ich Esel," ruft
er entrüstet, „und der liegt
noch draußen, denn der Sack
ist ganz leer." Er springt
hinaus, ihn zu suchen und
kommt gerade recht, zu seh'n
wie ein Schusterbube sich
nach etwas bückt und scelen-
froh davonläuft. Das war
bitter! Oh weh! was sticht
mich meine arme Leber!!
— Sein erster Weg aber,
noch bevor er in die Kanz-
lei ging, war — sich ein Portemonnaie zu kaufen.
ffrnlTus.
Der gute Freund.
Der Soldat Mich! geht wohlgeladen am Abend in seine
Kaserne zurück. Unterwegs begegnet ihm sein Lieutenant, der
ei» junges Pferd reitet. Vor ihn stellt sich Mich! frech hin
und fragt: „Was kostet das Pferd? a guter Freund von mir
Ein glücklicher Finder
Dem Herrn Kanzleirath Sesselwctzer ist vom Arzte man-
nigfacher Beschwerden halber eine Trinkkur verordnet; die dazu
unumgänglich nöthige Bewegung Pflegt er sich in der ersten
Morgenfrühe auf der knapp vor feinem Hause gekegenen Pro-
menade zu verschaffen, wenn dieselbe noch ganz unbesncht ist,
was die Bequemlichkeit mit sich bringt, daß er die Flasche mit
dem Hcilwasser hinter seinem Hausthor versorgen kann und auch
bei andern allfälligcn Ereignissen geborgen ist. So hat er denn
eines schönen Morgens den Weg aufwärts zum ersten Male
zurückgelegt und ist auf dem Rückwege begriffen; da sieht er
auf dem Boden einen Silbergroschen liegen, natürlich hebt er
ihn aus und steckt ihn in den Sack — denn den Ueberschwang
eines Geldtäschchens kennt er nicht: „das gehört für Frauen
und Kinder, der wahre Mann greift in den Sack und zieht
die Faust voll Geld heraus; das ist ganz ckwas Anderes, als
aus einem solchen Ding die kleine Münze zimpferlich mit den
Fingerspitzen herauszuklauben;" darauf geht er eine gleiche
Strecke abwärts und -- sonderbar, auf dem Rückwege liegt
wieder ein Silbergroschen auf der Straße; auch der wird bei-
gcstcckt, ein Glas getrunken Nnd wieder nach aufwärks gegangen
— auf dem Rückwege, was liegt schon wieder da? ein Silbcr-
groschen. „Merkwürdig!" denkt er, „wo hatte ich denn meine
Augen, daß ich ihn nicht schon früher sah, als ich den ersten
aushob?" Jndeß der Weg wird nach abwärts fortgesetzt —
aus dem Rückweg liegt wieder
einer da. — „Aber da stehl
Einem rein der Verstand still,"
brummt er und steckt ihn zu
den andern, trinkt wieder ein
Glas, und geht wieder vor-
wärts. „Bin doch wirklich neu-
gierig, ob auf dem Rückwege
wieder einer daliegt, jetzt ist
keiner zu erblicken." Nun be-
schleunigt er aber unwillkürlich
seine Schritte, um früher zu-
rückzukommen und späht schon von Weitem, nachdem er umge-
kehrt, die Straße entlang. „Meiner Treu," ruft er, „dort
liegt er schon," läuft hin, packt ihn und rennt im Trabe vor-
wärts. Richtig findet er aus dem Heimwege wieder cincu. —
„Das ist der Sechste," ruft
er athcmlos, „jetzt Hab' ich
aber genug und geh' heim.
Einen Groschen Hab' ich
selbst gehabt, so müssen 's
in Allem sieben sein." Er
packt Flasche und Glas und
eilt auf sein Zimmer, um
seinen Fund zu untersuchen
und dann spornstreichs auf
die Polizei zu tragen. —
Aber — was ist das für
ein sonderbares Gesicht — so lang — und immer länger, wie
er in den Sack greift und — nichts darin findet, als bei ge-
nauer Untersuchung ein Loch.
— „So Hab' ich meinen
eigenen Groschen sechsmal
aufgehoben, ich Esel," ruft
er entrüstet, „und der liegt
noch draußen, denn der Sack
ist ganz leer." Er springt
hinaus, ihn zu suchen und
kommt gerade recht, zu seh'n
wie ein Schusterbube sich
nach etwas bückt und scelen-
froh davonläuft. Das war
bitter! Oh weh! was sticht
mich meine arme Leber!!
— Sein erster Weg aber,
noch bevor er in die Kanz-
lei ging, war — sich ein Portemonnaie zu kaufen.
ffrnlTus.
Der gute Freund.
Der Soldat Mich! geht wohlgeladen am Abend in seine
Kaserne zurück. Unterwegs begegnet ihm sein Lieutenant, der
ei» junges Pferd reitet. Vor ihn stellt sich Mich! frech hin
und fragt: „Was kostet das Pferd? a guter Freund von mir
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Ein glücklicher Finder"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)