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Führer, Joseph; Schultze, Victor; Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts / Ergänzungs-Heft: Die altchristlichen Grabstätten Siziliens — Berlin, Band 7.1907

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https://doi.org/10.11588/diglit.39132#0076
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6o

J. Führer und V. Schultze, Die altchristlichen Grabstätten Siziliens.

setzen dürfen. Wie in den römischen Katakomben eigene, an die Galerien sich
anlelmende Kammern von einzelnen Familien als Erbbegräbnis Vorbehalten waren,
so hat also die antike Sitte der Einzelgrabstätte außerhalb des Gemeindefriedhofes
sich hier in die christliche Gesellschaft hineinverpflanzt. Man darf demnach aus-
sprechen, daß diese Einzelgrabstätten bereits in vorkonstantinischer Zeit einsetzen,
ja nichts hindert, sie mit der ältesten Geschichte der christlichen Gemeinde der
Stadt in Verbindung zu setzen. [S]
GRUPPE PRIOLO.
Etwa 18 km nördlich von Syrakus liegt an der Eisenbahn nach Catania die
wenig über ein Jahrhundert alte Ortschaft Priolo. Dieser einst bevölkerte blühende
Landstrich verödete in dem Maße, als die Raubzüge der Sarazenen Leben und
Eigentum der Küstenbewohner unsicher machten. Sie verließen ihre alten Heim-
stätten und zogen sich in das Innere zurück. Die Dörfer und Städte fielen dem
Ruin anheim, die fruchtbaren Felder wurden Wildnis. Wenig mehr als die Grab-
stätten, welche die Küste von Syrakus bis Augusta begleiten, zeugt von der
bessern Vergangenheit. Dazu gehören die um Priolo gruppierten Cömeterien.
I.
CONTRADA RIUZZO (BONDIFE).
Geht man von Priolo in scharf nördlicher Richtung den Eisenbahndamm
entlang, so überschreitet man in etwa einer halben Stunde vier Brücken. Dann
ändert sich plötzlich der Charakter des Landschaftsbildes. Bis dahin erblickt man
zu beiden Seiten des Bahnkörpers, der von Feigenkaktus und Eukalyptusbäumen
eingefaßt ward, meist üppiges Fruchtland; wohlbebaute Getreidefelder wechseln mit
gutgepflegten Weingärten, an welche sich schließlich außer einigen Wiesen auch
noch eine prächtige Agrumipflanzung anreiht, die an der Nord- und Ostseite mit
Zypressen umsäumt ist. Nunmehr aber wird die Vegetation weit spärlicher, und
bald breitet sich weithin vor unseren Augen nichts als ödes Weideland aus, das
mit Felsblöcken und Steinplatten durchsetzt ist und nur hie und da von ein paar
Bäumen beschattet wird.
Ungehemmt schweift jetzt der Blick nach Westen hin bis zu den felsigen
Hängen von Melilli; im Norden werden die niederen Hügelreihen, welche in der
Umgebung von Augusta am Küstensaum entlang ziehen, von der langgestreckten
Pyramide des Ätna überragt; gegen Osten hin aber bringt das endlose Meer das
eigenartige Bild zum Abschluß. Mit dem melancholischen Eindruck, den diese
unwirtlichen Gefilde unwillkürlich bei dem Beschauer hervorrufen, steht nun der
Umstand in vollem Einklang, daß eben hier auch Begräbnisstätten aus fernen
Zeiten sich erhalten haben. Dieselben liegen westlich vom Bahndamm auf einem
zu dem ehemaligen Lehen Bondife (Riuzzo) gehörigen Grundstücke,9° von welchem

9°) Die Sepulkralanlagen der Contrada Riuzzo, auf
welche ich durch die Güte des Herrn Direktors

Paolo Orsi in Syrakus hingewiesen wurde, habe
ich zum ersten Male im Jahre 1892 näher unter-
 
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