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Führer, Joseph; Schultze, Victor; Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts / Ergänzungs-Heft: Die altchristlichen Grabstätten Siziliens — Berlin, Band 7.1907

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https://doi.org/10.11588/diglit.39132#0221
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J. Führer und V. Schultze, Die altchristlichen Grabstätten Siziliens. 205

dem Diskus festgestellt ist. In den Gräbern lagen zwei bis drei Tote, die durch
roh bearbeitete Steinplatten oder auch eine Zementschicht geschieden waren.
In der Besitzung Rio di Pontillo, 2,50 km südlich von Naro auf der Straße
nach Camastra-Palma, sind gleichfalls mehrere Cömeterien vorhanden, die indes
Besonderes nicht bieten. [S]

GIRGENTI.
Um das Jahr 582 entsandte Gela im Verein mit seiner Mutterstadt Rhodos
eine Kolonie in die fruchtbare Küstenlandschaft, welche zwischen den Flüssen
Hypsas und Akragas südwärts einer alten Sikanerstadt nach dem Meere hin sich
ausbreitete. So entstand Akragas, von Pindar gepriesen als KaXXlcrra ßpoxedv ttoXIidv.
Reichtum, Kultur und Macht wuchsen der jungen Kolonie rasch zu. Hehre Heilig-
tümer, deren Ruinen heute noch Bewunderung wecken, umzogen schützend die Stadt.
Die weitgedehnten Mauern umschlossen in der höchsten Blütezeit 200000 Menschen.
Die Natur schien hier unerschöpflich in ihren Gaben. Doch schon 405 wurde
Akragas durch eine karthagische Eroberung aufs tiefste und für immer erschüttert.
Anderes Mißgeschick folgte, zuletzt als das schlimmste die Erstürmung durch die
Römer im zweiten punischen Kriege 210, welche die Bürger dem Tode oder der
Sklaverei überlieferte. So stellte sich die Notwendigkeit einer neuen Besiedelung ein.
Aus verschiedenen Städten Siziliens wurden i. J. 207 Kolonisten hierher verpflanzt.
Das Jahr 43 v. Chr. brachte das römische Bürgerrecht, und der Handel mit den
Erzeugnissen der Felder und dem Ertrag der Schwefelminen erhielt dem römischen
Agrigentum auch noch in späterer Zeit eine gewisse Bedeutung. *74
Wann das Christentum hier Fuß gefaßt hat, wissen wir nicht. Der Petrusschüler
und erste Bischof Libertinus ist ebenso legendarisch wie der syrakusanische Marcianus,
und die überlieferte ältere Bischofsreihe überhaupt lückenhaft und unzuverlässig. T75
Erst in Gregor II., geboren um die Mitte des 6. Jahrhunderts, dessen Leben
Leontius von Neapel mit reicher Einflechtung von wundersamen Dingen beschrieben
hat, tritt uns eine geschichtlich deutlichere Persönlichkeit entgegen.1?6 So kommt
die kirchliche Geschichte dieser Stadt im 4. und 5. Jahrhundert fast einzig in den
Grabstätten zum Ausdruck (vgl. die Planskizze Abb. 74).
Die griechische Nekropole breitete sich nordwestlich über dem Colle delf
Annunziata aus. Die Römer legten eine neue an längs der Abhänge, welche die

*74) Jul. Schubring, Historische Topographie von
Akragas, Leipzig 1870. — Salvatore Buon-
figlio, Questioni Akragantine, Messina 1901
(aus Rivista di Storia antica, Nuova Serie VI
Fase. 2), mit einer vortrefflichen Karte. Von
diesem besten Kenner der Geschichte und Topo-
graphie Girgentis steht ein wissenschaftlicher
Führer in Aussicht.

'75) Die volle Unbestimmtheit der älteren Geschichte
des Christentums in Agrigentum gibt auch zu
Antonino Lauricella, I vescovi della chiesa
Agrigentina, Girgenti 1896.
■76) Die Chronologie bietet nicht geringe Schwierig-
keiten; vgl. Krumbacher, Geschichte der by-
zantinischen Literatur, 2. Aufl., München, 1897
S. 128; anders Lancia di Brolo a.a.O. I S.38.
 
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