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Gailhabaud, Jules; Kugler, Franz [Hrsg.]
Jules Gailhabaud's Denkmäler der Baukunst (Band 3): Denkmäler des Mittelalters, sechste Abtheilung — 1852

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https://doi.org/10.11588/diglit.3503#0021
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Der Dom zu Köln.

zum deutschen König gewählte zwanzigjährige Graf Wilhelm von Holland— ein Verwandter des 1247 gestor-
benen Gegenkaisers Heinrichs von Thüringen, der kaum ein volles Jahr die streitige Kaiserkrone getragen —
wohnte dieser Grundsteinlegung mit vielen hohen weltlichen und geistlichen Herren bei, die gerade mit einer
Belagerung Aachens — die fünf Monate dauerte — beschäftigt waren; das dem alten Kaiser Friedrich II
treue Aachen nämlich wollte Wilhelm von Holland nicht zur Krönung einlassen.

Der Grundstein zum neuen Dom wurde etwas weiter östlich vom alten Dom an der Stelle gelegt, welche
für den Hauptaltar bestimmt war. Der ältere durch die Feuersbrunst zerstörte Bau wurde erst nach und nach
und mit dem Fortschritt des neuen Baues abgebrochen; derselbe war noch im Jahre 1261 in einem solchen
Zustande, dass Erzbischof Konrad darin beerdigt werden konnte, und ein viel späterer Chronikschreiber
sagt, dass zu seiner Zeit noch Leute gelebt, die einen bedeutenden Theil der Kirche gesehen hätten. —
Der Bauplatz auf einem bedeutenden Hügel war sehr günstig. Man sah von dort aus gegen Osten den
Rhein, jenseits die Ebene und das Gebirge. An der Süd- und Westseite blieben am Abhang des Hügels

grosse freie Räume nur mit dem Palast des Erzbischofs und den zu dem Domstift gehörigen Gebäuden be-
setzt; an der Nordseite lief eine Strasse vorbei, von der hohe Treppen auf das Plateau des Hügels hinauf-
führten; eben so waren auch Stufen an der Ostseite, wo jene früher erwähnte Marienkirche stand, die
wegen der Stufen Maria ad gradus, in der Volkssprache Mariegräden genannt wurde. In diese Kirche hatten
die Domherren den Gottesdienst verlebt.

Ohne Zweifel wurde der Neubau der Domkirche anfangs mit Macht betrieben, an Mitteln fehlte es nicht,
der reiche Domschatz, der ungewöhnlich reiche und einflussreiche Erzbischof, die durch Gewerbthätigkeit,
Handel und Seefahrt blühende Stadt Köln selber, sodann das Interesse der ganzen Christenheit für das Grab
der heil, drei Könige gewährten dieselben. Eine am 21. Mai 1248 zu Lyon von Innocenz IV erlassene päbst-
liche Bulle *) verhiess Allen, die zum Dombau beisteuern würden, den Erlass der Kirchenbussen auf ein Jahr
und vierzig Tage. Der Erzbischof Konrad erhielt von dem durch seinen Einliuss zum deutschen König er-
wählten Richard von Cornwallis, des Königs von England Heinrichs III Bruder, ein Geschenk von zwölf-
tausend Mark Silbers, und als er im Jahre 1257 nach London kam um den Neugewählten nach Deutschland
einzuladen, ein zweites Geschenk von fünfhundert Mark und vom König Heinrich die Erlaubniss in ganz
England für den Kölner Dombau Beiträge sammeln zu dürfen.

Ein so riesenhaft entworfenes Bauwerk wie das des Kölner Domes, der im Ganzen an die 500 Fuss
lang, im Schiff und Chor 180 Fuss, im Kreuz 290 Fuss breit werden, dessen Dachforst sich über 200 Fuss,
die Thürme jeder auf einem Grunde von 100 Fuss Breite sich über 500 Fuss hoch erheben sollten, forderte
aber auch überaus grosse Mittel und selbst bei der grössten Thätigkeit zahlreicher Werkleute einen bedeu-
tenden Zeitaufwand, und dies um so mehr, als der Bau durchaus von Quadern aufgeführt werden sollte.

Zu den Werkstücken hatte man einen porphyrartigen Sandstein (Trachyt) von schöner grünlich grauer
Farbe gewählt, der aus dem sogenannten „Domloche" im Drachenfels bei Königswinter zu Schiff drei Meilen
rheinabwärts nach Köln verführt wurde; zu den Fundamenten bediente man sich desselben Gesteins gemischt
mit Lagen mächtiger Basaltblöcke, die aus dem dem Siebengebürge gegenüberliegenden Unkelbruche gewonnen
wurden. Wie mächtig aber die Fundamente angelegt sind, geht aus einer Besichtigung derselben durch
S. Boisseree hervor, der in einem Schacht neben dem Haupteingange rechts an einem der Strebepfeiler des
südlichen Thurmes, vier und vierzig Fuss tief hinabfuhr, „ohne hier noch mit Bestimmtheit den Anfang der
Grundfeste entdecken zu können."

Es ist sehr zu bedauern, dass wir zu einer eigentlichen Baugeschichte des Kölner Domes so gut wie
keine Nachrichten haben; ja selbst den Namen des Baukünstlers, dem die Ehre der Anfertigung des Ent-
wurfs gebührt, wissen wir nicht mit Bestimmtheit anzugeben, obwohl wir den Namen mehrerer Baumeister
des Kölner Domes kennen, die uns die Kölner Schreine (Gerichts- und Hypothekenrollen) aufbewahrt haben,
mit denen uns Herr Anton Fahne ""*) vor wenigen Jahren bekannt gemacht hat.

Die Sage nennt Albertus, mit dem Beinamen magnus, als Erfinder der Dombaupläne. xAlbertus war Mönch
und Lesemeister im Dominikanerkloster zu Köln, als Philosoph, Naturhistoriker, Mathematiker, Mechaniker

*) Die vollkommene Aechtheit derselben ist neuerdings von Lacomblet, der sie in seinem Buche: Urkunden zur Geschichte des
Niederrheins mittheilt, bezweifelt worden; Lacomblet will nämlich den jetzigen Kölner Dom in eine frühere Periode hinauf-
rücken, indem er den Brand und Abbruch des alten Domes als historisch nicht constatirt nimmt, wogegen aber jene Bulle
und jene Nachricht der in der vorigen Anmerkung erwähnten Chronik, zuletzt aber der Styl des Gebäudes selber spricht.
**) Diplomatische Beiträge zur Geschichte der Baumeister des Kölner Domes und der bei diesem Werke thätig gewesenen Künstler.
Köln 1843.

©um 51t ÄÖftt. 3.
 
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