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Gailhabaud, Jules; Kugler, Franz [Hrsg.]
Jules Gailhabaud's Denkmäler der Baukunst (Band 3): Denkmäler des Mittelalters, sechste Abtheilung — 1852

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https://doi.org/10.11588/diglit.3503#0051
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Der Münster von Freiburg im Breisgau.

Formen des romanischen Styles tragen, später jedoch mit sehr zierlichen gothischen Spitzen gekrönt sind
Auf unserer Ansicht des Münsters wird nur diese Bekrönung der beiden Thürmchen (von dem südlichen
aber nur die oberste Spitze) sichtbar.

Dem Bau des Oueerschiffes schliesst sich zunächst der des Vorderschiffes an. Die frühesten Theile
desselben, die ohne Zweifel zuerst isolirt emporgeführt wurden, sind die beiden nächsten Pfeilerpaare nebst
den entsprechenden Fenstern und Strebepfeilern. Es scheint, dass zwischen der Vollendung des Oueer-
schiffes und dieser Fortsetzung des Baues keine sonderlich lange Zeit vergangen war; man wird den
Beginn des Vorderschiffes, nach anderweitigen Anaiogieen, mit Grund in das zweite Viertel des dreizehnten
Jahrhunderte setzen können. Dies aber war die Zeit, in welcher die Formen des gothischen Baustyles,
der in Frankreich bereits das Stadium seiner ersten, primitiven Entwickelung durchlaufen hatte, nach
Deutschland herübergetragen wurden. So sehen wir statt der romanischen auch hier die gothischen Formen
angewandt, die letzteren aber noch in strenger Bildung und noch keinesweges gänzlich befreit von den
Principien des romanischen Styles. In letzterem Betracht ist namentlich die Pfeilerformation im Inneren
in Anregung zu bringen; sie befolgt ganz das Vorbild jener Pfeiler in der Mitte des Oueerschiffes, d. h.

es ist eine Zusammenhäufung von Halbsäulen über einer viereckigen Grundform,

während der eigentlich

gothische Pfeiler von früh an (wie in den älteren französischen Kathedralen der Art, in der Liebfrauen-
kirche zu Trier, in der Elisabethkirche zu Marburg, im Dome zu Köln u. s. w.) die runde, lebendigere
Grundform der Säule hat. Diese minder schöne Pfeilerbildung ist dann im Freiburger Münster auch für
die späteren Theile des Vorderschiffes beibehalten worden. Den primitiv gothischen Charakter tragen an
jenen, dem Oueerschiffe zunächst benachbarten Theilen des Vorderschiffes sodann die Fenster, die sehr
einfach, zum Theil sogar roh gebildet sind, ebenso die Strebepfeiler. Zu bemerken ist ausserdem, dass
das Vorderschiff gleich im Beginn beträchtlich höher, als das Oueerschiff, und die Seitenschiffe desselben
in auffallender Breite angelegt wurden. ,

Dem weiteren Verlaufe des dreizehnten Jahrhunderts gehören die übrigen Theile des Vorderschiffes
bis zu dem Thurrn auf der Westseite an. Das Princip der Anlage ist hier im Allgemeinen das eben
geschilderte, aber die Ausbildung der Formen ist ungleich edler, leichter und reicher. Das Stabwerk der
Fenster ist in zierlich geschmackvoller Weise, mit reichen und doch fest in sich zusammengehaltenen
Rosetten gebildet. Die Strebepfeiler der Seitenschiffe gipfeln sich, leicht und sicher zugleich, zu taber-
nakelartigen Thürmchen empor und stützen die leichten, an ihrem Obertheile von Rosetten durchbrochenen
Strebebögen, die zum Mittelschiffe, dessen Gewölbe zu unterstützen, hinübergeschlagen sind.

Auch die untere Hälfte des Thurmbaues dürfen wir als gleichzeitig mit diesen späteren Theilen des
Vorderschiffes annehmen. Abweichend von der gewöhnlichen Anlage, die an der Facude des kirchlichen
Gebäudes zwei Thürme über den westlichen Enden der Seitenschiffe anzuordnen pflegt, tritt hier nur ein
starker T'hurm, in der Breite des Mittelschiffes und in der Flucht desselben, vor dem Körper des Gebäudes
vor. Der Thunn bezeichnet für dies Gebäude zunächst die Vorhalle der Kirche, die er in seinem unteren
Geschosse in sich einschiiesst. Die Vorhalle ist nach der Vorderseite in ihrer ganzen Breite offen, die
Oeffnung spitzbogig überwölbt und mit einem bildgeschmückten Giebel gekrönt. Eine reichgegliederte
Thüv, mit zahlreichen Bildwerken versehen, führt aus der Vorhalle in die Kirche. Im Uebrigen ist der
gesummte Untertheil des Thurmes sehr einfach gehalten, und nur die kleinen Tabernakel über den Ab-
sätzen seiner starken Streben bringen seine Erscheinung in Harmonie mit der reicheren Dekoration des
Schiffes. Für die Bauzeit dieses unteren Thurmtheiles ist es nicht unwichtig, zu bemerken, dass sich
am linken Strebepfeiler der Vorhalle, neben andern öffentlichen Bestimmungen, die Umrisse des Brodmaasses
vom J. 1270 eingegraben finden"'"').

Die obere Hälfte des Thurmes bezeichnet wiederum ein neues Stadium der Bauführung. Im Gegen-

te sehen wir hier die reichste Pracht des gothischen Styles

satz gegen die Einfachheit der unteren

entwickelt; ein neuer Meister,

Öbertheil des Thurmes, wie er vor uns steht, nie!

eine neue Leitung, ein neuer

[äii treten uns hier entgegen.

Dass der
bereits im ursprünglichen Entwürfe der gesummten

*) Die grosse Glocke des Thurmes ist zufolge ihrer Unischrift im J. 1258 gegossen worden. Dass sie damals bereits an ihre
gegenwärtige Stelle, im oberen Theile des Thurmes, gekommen sei, ist eine wilikührliche Annahme. Wurde sie in der
That gleich nach ihrem Guss im Thnrme aufgehängt, so konnte ihr auch eine einstweilige Stelle im zweiten Geschoss des
unteren Theiles angewiesen sein. Sie konnte aber bis zur Vollendung des Baues ebenso gut auch, wie sonst häufig genug,
in einem hölzernen Glockenhause aeben der Kirche aufgehängt werden.

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