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Gailhabaud, Jules; Kugler, Franz [Hrsg.]
Jules Gailhabaud's Denkmäler der Baukunst (Band 3): Denkmäler des Mittelalters, sechste Abtheilung — 1852

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https://doi.org/10.11588/diglit.3503#0086
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Die Kathedrale von York.



Durch diese Hülfsquellen wurde es dem Erzbischofe und seinen Nachfolgern möglich, nicht allein den
Chor, der noch heute existirt, neu zu erbauen, sondern auch den alten von John le Romayne erbauten
Mittelthurm durch einen neuen prächtigeren zu ersetzen. Der letztere wurde wahrscheinlich durch den
Präben datius von Fenton, Walter Skirlaw und auf seine Kosten erbaut; man sieht das Wappen desselben
im Innern in den Feldern zwischen den grossen Bogen der Kreuzung. Der Bau der Kirche wurde, mit
Ausnahme der westlichen Thürme, zwischen den Jahren 1405 und 1426 vollendet; im ersteren Jahre ge-
langte Bowett auf den erzbischöflichen Stuhl, dessen Wappen man in der Kirche sowohl sculpirt als auf
den Glasfenstern gemalt sieht; im letzteren machten Dechanei und Capitel das Zehntel ihrer Einkünfte
der Kirche zum Geschenk, um dafür den neuen Bau im guten Zustande zu erhalten. Die Thürme an der
Westseite der Kirche hat wahrscheinlich John von Birmingham gegen das Jahr 1402 erbaut. Sein Name
ist mit der Figur eines Bären an der westlichen Fa§ade des südlichen Thurmes sculpirt.

Die Zeit der Erbauung des herrlichen Capitelsaales wird von keinem historischen Documente positiv
angegeben; man schreibt denselben allgemein dem Erzbischofe Walter Grey zu, dessen Bild man in einem
Glasgemäkle über der Eingangsthüre zu erkennen glaubt; indessen ist dieser Theil der Kathedrale und der
Galerie, die zu ihm führt, augenscheinlich später als der Tod Grey's.

Der Saal, der zur Sacristei dient, war ursprünglich eine Capelle, die gegen d. J. 1350 vom Erzbischof
Zouch in der Absicht gegründet wurde, dass sie ihm als Ruhestätte dienen sollte; derselbe starb aber vor
ihrer Vollendung. Der alte Bau wurde zu der Zeit des Wiederaufbaues des Chors abgerissen, und an
seiner Stelle von den Testaments -Vollstreckern des Erzbischofs Zouch der jetzt existirende Saal erbaut,
die ihn als Sängersaal dotirten.

Der alte Fussboden der Kirche, der einst eine grosse Zahl von Grabsteinen enthielt, wurde in den
Kriegen des sechszehnten und siebzehnten Jahrhunderts gänzlich zerstört, und musste nothwendig erneuert
werden. Der, den man gegenwärtig in der Kirche sieht, stimmt mit dem Styl des Gebäudes durchaus
nicht und ist das Werk eines M. Kent, der ihn i. J> 1730 unter der Leitung des Lords Burlington aus-
führte.

Eine grosse Zahl der Fenster der Kirche hat noch gemalte Scheiben, und Alles trägt zu dem Glauben
bei, dass es die ursprünglichen sind. Der grösste Theil der Glasgemälde stammt aus derselben Zeit wie
die Fensterstöcke. In dem Archive der Kathedrale befindet sich noch ein Document, welches die Zeit ihrer
Anfertigung, das Jahr 1405, und die Bedingungen angiebt, unter welchen die Glasgemälde der grossen öst-
lichen Fenster angefertigt wurden.

Die jetzige Bibliothek war eine ehemals zum erzbischöflichen Palaste gehörige Capelle. Sie war lange
Zeit verfallen und ist vor einigen Jahren durch das Capitel restaurirt worden. Sie ist ein schönes und
merkwürdiges Beispiel des ursprünglichen Spitzbogenstyles. Die erste Bibliothek der Kirche wurde von
Erzbischof Albert gegründet; sie enthielt die Sammlung seines Vorgängers Egbert, die AI cum in dem von
uns schon oben angeführten Gedichte rühmt. Sie wurde mit dem Gebäude, dass sie aufbewahrte, in dem
von den Normannen im J. 1009 veranlassten Brande zerstört. Eine andere, die Erzbischof Thomas gründete,
hatte i. J. 1137 dasselbe Schicksal. Von da an wird von keiner Kirchenbibliothek mehr gesprochen, als
unter der Regierung Heinrichs VIII., wo Leland dieselbe als fast kein gutes Werk mehr enthaltend schildert.
Seitdem ist sie durch Geschenke ansehnlich vermehrt worden.

Die Kathedrale Yorks, die einst dem heiligen Petrus geweiht war, gilt mit Recht für die herrlichste
Basilike Englands. Sie ist in der That eines der grandiosesten und vollendetsten Muster des Spitzbogen-
styles, das man in diesem Lande finden kann. Auf einem flachen Terrain gelegen erhebt sich ihre gigan-
tische Masse, wie Britton sagt, „wie ein Berg in einer Ebene." Nur in ziemlicher Entfernung vom Bau-
werk kann man dieses Schauspiels gemessen, wenn man das Ganze des Baues mit dem Blick umfässt,
denn die Häusermassen, die die Kirche umgeben, erlauben nicht in der Nähe über die Wirkung, die ihre
grossen Linien hervorbringen, zu urtheilen.

Der Grundriss der Kirche ist von merkwürdiger Regelmässigkeit, die kaum durch einige Anbauten
gestört wird. Die Grundform ist das lateinische Kreuz, dessen Querbalken oder Transsept ungefähr die
Hälfte der ganzen Länge der Kirche ausmacht. Das Schiff ist etwas länger als der Chor und wie dieses
und das Transsept in drei Schiffe getheilt, von denen das mittlere doppelt so breit als jedes der Neben-
schiffe ist. Die Kirche hat keine Apsis, sie endigt, wie die meisten englischen Kirchen, viereckig im
Osten. Ihre Länge beträgt 157|Metres (500 Rheinl. Fuss), und die des Transsepts 73£ Metres (233 Fuss).

Die Hauptfacade, d. i. die westliche, bietet die gewöhnliche Dreitheilung dar. Die Seitentheile werden
durch die Basen der Thürme gebildet, deren Ecken durch starke viereckige Strebepfeiler gesichert sind,

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