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Gailhabaud, Jules; Kugler, Franz [Hrsg.]
Jules Gailhabaud's Denkmäler der Baukunst (Band 3): Denkmäler des Mittelalters, sechste Abtheilung — 1852

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https://doi.org/10.11588/diglit.3503#0143
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Die Kathedralkirche von Auch.

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gelegt. Das Gebäude wird durch das nach aussen nicht vorspringende Ouerschiff in zwei Theile geschieden.
Der Hauptplan der Kirche ist von vollkommener Regelmässigkeit aber plump angelegt. Das Gebäude hat
eine Länge von 337 Rheinl. Fuss (106 Metres) und eine Breite von ungefähr USFuss (37 Metres).

Die Westfagade ist der modernste Theil der Kirche; drei Arcaden in korinthischem Style entsprechen
den drei Schiffen, darüber erheben sich die beiden gleich hohen Thürme in zwei Etagen; die untere ist
von einem compositen Style, die obere mit attischen Pilastern geschmückt; eine Platform von einer Balustrade
umgeben schliesst die Thürme nach oben.

Das Schiff wird durch runde Pfeiler in fünf Travees getheilt; die hohen Wände des Schiffs werden
von Spitzbogen getragen, lieber denselben ist eine Galerie mit niedrigen Oeffnungen angeordnet; letztere
werden von gedrückten Bögen geschlossen, die auf vier dünnen Pfeilern ruhen; darüber erheben sich hohe
dreigetheilte spitzbogige Fenster, deren Netzwerk den Ausgang des gothischen Styles deutlich bekundet.
Das Hauptschiff so wie die Nebenschiffe sind mit spitzbogigen Kreuzgewölben, die vortretende Rippen und
Gräte haben, überwölbt; die Gewölbe des Hauptschiffs erheben sich beinah 85 Rheinl. Fuss über den Boden.
Beim Eintritt in das Schiff geht man unter der unterwölbten Orgeltribüne weg, die von Arcaden mit korin-
thischen Pilastern getragen wird. Diese Orgeltribüne nimmt die ganze erste Travee ein.

Das Ouerschiff hat an jedem seiner beiden Enden ein Portal, das durch einen Mittelpfosten in zwei
Theile getheilt ist und viele Bildhauerarbeiten aufweist. An dem südlichen Portal besagt eine Inschrift,
dass Franz II von Clermont sie ausführen Hess. Die Facade jedes Kreuzarms ist von zwei viereckigen
Thürmen flankirt, die in Kuppeln enden; sie enthalten die Treppen, die nach den inneren und äusseren
Galerieen des Gebäudes führen.

Der Chor bietet im Innern eine ähnliche Anordnung wie das Schiff dar, doch hat derselbe nur vier
Traveen, deren letztes schmaler als die übrigen ist. Am Eingang des Chors befindet sich ein Lettner, der
den Chor vollständig vom Schiff abschliesst. Dieser Lettner besteht aus einer korinthischen Ordnung mit
gekuppelten Säulen aus Marmor von Languedoc. In der Mitte desselben ist in einem Vorbau die Thür
angebracht, auf dessen Gipfel die Statuen der Evangelisten an einem Tische sitzen. Ueber dem Kranz-
gesimse erhebt sich eine Balustrade aus rothem italienischen Marmor, dessen Mittelpfeiler die Statuen der

h. Jungfrau, des Apostels Johannes, Davids und Josuas tragen. Was diesen Chor aber sehr merkwürdig
macht sind erstlich prächtige aus Eichenholz reichgeschnitzte Chorstühle, die in zwei Reihen angeordnet
sind und mit den berühmtesten aus dieser Zeit an Schönheit und Reichtimm wetteifern können, und sodann
die berühmten gemalten Fenster, die zu den wichtigsten Kunstwerken, die die Renaissance hervorgebracht
hat, gezählt werden müssen.

Der Gang, den die Kunst der Glasmalerei genommen hat, ist bekannt. Die Glasgemälde bestanden
anfangs aus einer Verbindung in der Hütte gefärbter Glasstücke, die nach Art einer Mosaik mit Blei zu-
sammengefügt waren. Die Details wurden bei dieser Methode dem Ganzen geopfert; so entstand eine be-
wundernswerthe Harmonie, die dem Glanz der Farben keinen Abbruch that. Zu der Zeit indessen, wo die
gemalten Fenster der Kathedrale von Auch angefertigt wurden, war die Methode der Glasmalerei eine ganz
andere. Die Weise der mit dem Pinsel gemalten Emaillen, die sich im XV Jahrhundert verbreitete, hatte
sich auf die Glasmalerei übertragen, die nun die neuen Fortschritte, die die Oelmalerei in jener Zeit ge-
macht hatte, ebenfalls anstrebte, und es ihr in Helligkeit des Tons, in kräftiger Modellirung und in Duftig-
keit der Hintergründe gleich thun wollte. Aus diesem Streben resultirte der Verfall der Glasmalerkunst;
die Farben wurden nun nicht mehr so rein, so glänzend und feurig wie früher gewählt und die Glas-

Zu

gemälde verloren ihren ernsten und ergreifenden Character, den sie drei Jahrhunderte früher hatten,
diesem Verluste trug übrigens gewiss auch die im XVI Jahrhundert häufig werdende Anwendung gemalter
Fenster in nichtkirchlichen Gebäuden bei, für die das Dämmerlicht der Kirchen eben nicht wünschenswerth
war. Zu jener Zeit wurden nicht allein die Kirchen und Kapellen, sondern auch die Paläste der Könige
und Vornehmen, die Rathhäuser, die Klöster, die Zimmer des Reichen und des Bürgers mit gemalten Glas-
fenstern geschmückt. Die grosse Masse derartiger Arbeiten setzt natürlich eine entsprechende Anzahl von
Arbeitern voraus, und obgleich die Nachrichten über die Künstler aus der Zeit der Renaissance nicht sehr
selten sind, so ist es auffallend, dass man nicht besser die Künstler kennt, die damals eine so unzählige
Menge von Glasgemälden ausgeführt haben. Man kann in der That nur eine kleine Zahl derselben auf-
zählen; und über alle fehlen uns die biographischen Notizen mit Ausnahme des Jean Cousin und des Ber-
nard von Palissy, die ihren Ruhm einer anderen Sache verdanken. So kennt man denn auch nicht das
Vaterland des Künstlers, der die gemalten Fenster der Kathedrale von Auch, die ihr grösster Schmuck sind,
geschaffen hat; man weiss auch nicht bei welchem Meister er sich gebildet hat, wann er geboren und wann
 
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