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Die Gartenkunst — 8.1906

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Bauer, Fr.: Gartenbau und Landschaft
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https://doi.org/10.11588/diglit.22778#0122

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VIII, 6

DIE GARTENKUNST

III

sach-, zweckentsprechend und menschonbauwerkgomäfs Geschmack und Mühe ins Wirklich-Plastische übersetzt

ohne Schielen nach Scheineffekten, ohne übertriebenen wird. So geschieht es heute noch mindestens in der

Gehölzkultus ein Garten oben als Garten, als weiter Hegel, Gegenteiliges kommt kaum vor, es würde sonst doch

nichts, angelegt worden. Wozu brauchen wir innerhalb sofort bemerkt und verkündet.

meist geometrisch umrlssenen Geländeausschnitts über- Dafs praktische Bedürfnisse nicht übersehen, ihnen

haupt eine künstliche, gemachte Landschaft, die immer Rechnung getragen wird und redliches Bemühen herrscht,

noch im besten Falle Nachahmung bedeuten würde, deren wirksam Pflanzen auszuwählen und zu gruppieren, verkenne

Unvermögen feinfühlige, anspruchsvollere Menschen zu ich durchaus nicht. Mein Tadel will nur das sachwidrige,

befriedigen immer deutlicher zum Ausdruck kommt'.' Denn starre System treffen, das dem Landschaftsgarten zugrunde

dafs hier gewissormafsen ein Stück örtlich erhaltener Natur liegt, und von dem sich leider auch die besten Vertreter

das Haus umschlösse, kann kein Einsichtiger sich einroden des Berufes noch immer nicht völlig loslösen können. Hier

lassen, der diese Natur kennt und schätzt. Soweit mufs tatsächlich das Gebäude niedergerissen werden, so

die natürliche Umgebung eines Landhauses etwa erhalten schmerzlich und unverwindbar es manchem sein mag; zu
worden ist. hat man eben auf Garten-
bildung verzichtet.

Dann mache man sich doch vor-
urteilslos klar, dafs nicht die Architek-
ten und Maler in ihrer beruflichen
Eigenschaft, um ihr Können zur Gel-
tung zu bringen, ihren Wirklingkreis
zu erweitern, sich in einen fremden
Beruf eindrängen, sondern dafs sie
als kunst- und natursinnige Menschen
tatkräftig protestieren gegen die kunst-
und naturwidrigen sog. Gärten und
auf Abhilfe dos ihnen unerträglich ge-
wordenen Mifsstandes drängen. Ist es
denn wirklich so verwunderlich, dafs
ihr Tadel scharf ausfallen mufs, ein
glattes Verdammungsurteil ausge-
sprochen wird, wenn man die wirk-
lichen Gründe ihrerfeindlichen Stellung-
nahme würdigt und den von ihnen zur
Betrachtung der Sache gewählten
Standpunkt auch einmal einnimmt?
Es drängen sich tatsächlich dem Vor-
urteilslosen bei Prüfung dieser Garten-
baumethode so viel grundsätzliche, Abb- 3- Roetgen b. Diesdorf (Magdeburg). Aufgen. von E. Bauer, Okt. 1900.

starke Verfehlungen auf, dafs die

Vorzüge technischer Arbeit, beruflichen Ernstes und zur flicken gibt es hier nichts mehr. Man errichte einen

Geltung gebrachten persönlichen Geschmackes gar nicht Neubau auf anderen, solideren Fundamenten. Auch die

mehr in die Wagschale fallen, es höchstens Bedauern er- Hoffnung, dafs gründliches, eingehenderes Naturstudium

wecken kann, wie viel Fleifs und Mühe und Kraft an un- Besserung mit sich bringen könne, ist trügerisch; denn

rechter Stelle ohne wirklichen Gewinn verschwende! wurde. dieses mufs direkt abführen vom Landschaftsstil und seinen

Es ist vor allem die Gesamterscheinung der Garten- Fehlern, seiner künstlichen Gehölzverteilung und gemachten

landschal't, die auf die sie tragende Heimatslandschaft Bodenplastik.

wenig Rücksicht nimmt, selten zwanglos sich ihr einfügt, Der gewachsene, lebensvolle Boden wird bei diesen
und daher fast immer wie ein lebloser Fremdkörper in ihr Gärten nicht technisch solide, baulich gemeistert nach ur-
steckt, ebenso wie die hohlen, äufsorlich prunkenden Bauten, alten, immer gültigen Gesetzen, er wird im Gegenteil seiner
die heute Regel sind. Die Kurvenwegschablone wird doch örtlichen Eigenart, Lebendigkeit beraubt, weil man ihn für
wohl immer noch bei bedeutenden wie unbedeutenden An- unvollkommen, reizlos, verbesserungsbedürftig hält. Dafs
lagen dem Gelände aufgedrückt und diesen Kurven gemäfs seine Oberfläche von ihrem Werden, von den elementaren
der Boden geschönt: man will oder kann eben nicht anders. Gewalten, die sie gebildet haben, erzählt, wird nicht ver-
Die Gehölzpflanzungen werden auch allerorts, wo man nur nommon; er gilt dem landschafternden Gärtner als un-
hinschaut, nach dem üblichen Gruppenschema in ein- und interessant, mangelhaft, schönerungsbedürftig. Die Neigung,
ausspringenden Baumschlagzackon plangemäfs aufgebaut. ihm etwas Gebirgiges zu verleihen, läfst sich nicht leugnen,
Es ist nach wie vor der dem Auge des Fachmannes besonders wenn man auf die beliebten Felsenbauten hin-
schmeichelnde Kurvennetzplan, der mit mehr oder weniger weist, deren Mache doch der naivste Mensch erkennen
 
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