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Die Gartenkunst — 9.1907

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Schultze-Naumburg, Paul: Naturverschönerung, [1]: Vortrag, gehalten auf der Jahresversammlung des Bundes "Heimatschutz" in München
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https://doi.org/10.11588/diglit.22777#0009

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IX, 1 DIE GARTENKUNST

Naturvers cli ö nerung.*)

Vortrag von
Prof. P. Schultze-Naumburg,

gehalten auf der Jahresversammlung des Bundes „Heimatschutz" in München.

Das Wort „Naturverschönerung"
hat keinen sehr guten Ruf. Man
denkt an gar manche alten Sün-
den, die im Namen der Ver-
schönerung getan wurden, und
sagt sich, dafs die Natur, wie
unser Herrgott sie geschaffen,
keiner Verschönerung durch Men-
schenhand bedürfe, um noch
schöner zu werden. Dennoch wird
man dem Thema im Leben kaum
aus dem Wege gehen können und
deshalb gut tun, sich mit ihm
auseinanderzusetzen.

Im allgemeinen wird man sich
wohl darüber einig sein, dafs die
vom Menschen unabhängigen
Naturprodukte, wie Wolke, Fels
und Pflanze, kaum einer Ver-
schönerung durch Menschenhand
bedürfen oder auch nur zugäng-
lich sind. Bei Pflanze und Tier
treten wir jedoch schon in ein Ge-
biet ein, wo das Wort „unab-
hängig vom Menschen" nicht mehr ganz zutrifft. Wenn tun hat, und die wohl durchaus ebenso aussehen würden,
man uralte Rieseneichen oder das Schlinggewächs des auch wenn der Mensch längst von der Erde verschwunden
Urwaldes betrachtet, so bewundert man allerdings eine wäre. Betrachten wir aber im Pfarrergarten einen Pyra-
Bch.0nh.eit, die mit dem Dasein der Menschen nichts zu midenbirnbaum mit reifen, goldenen Früchten, so wird kein

Empfänglicher umhin können, auch in diesem
Bilde eine wundervolle Schönheit zu er-
blicken, und wir werden uns gestehen müssen,
dafs weder die Form der veredelten Frucht,
noch die zum Pflücken und Betrachten ein-
ladende Zwergform ohne menschliche Kunst-
zustande gekommen wäre. Der Holzbirnbaum
draufsen im Walde hat ja auch seine
Schönheiten, aber in unserm Gartenbaum
hat die Menschenhand die Natur eben doch
um eine Schönheit bereichert. Sogar beim
Tier kann man ähnliches finden. Ein eng-
lisches Vollblut wäre ohne kluge, menschliche
Züchtung nicht möglich, und der wilde Hund
ist etwas anderes, als der Hund, der durch
ein Jahrtausend alte Anpassung allmählich
unser treuer Freund geworden ist, der
unsere Sprache versteht und dessen Auge
uns manchen Wunsch vom Gesicht abzu-
•) Mit Genehmigung des Kunstwartverlags. Iesen vermag. Selbstverständlich sind das

Abb. 1.
 
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