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Die Gartenkunst — 9.1907

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Kießling, A.: Die Bedeutung und Verwertung der Perspektive und des freien Zeichnens beim Entwerfen von Gartenanlagen, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.22777#0033

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IX, 2 DIE GARTENKUNST 25

Feinheiten prüfen wollte, darin wird man sich auf gewifs keine hohe Künstlerschaft zu ihrer Wiedergabe,
bestimmte Fälle und für die Öffentlichkeit beschränken Gute Unterstützung gewähren sorgfältige Katalogdar-
können. Stellungen, photographische Ansichtskarten (nur nach der
Ich glaube nicht den Vorwurf der grauen Theorie Natur), Photographien selbst und vor allem eigene Zeich-
hervorzurufen, wenn ferner hier gesagt wird, es sei sicher nungen von Pflanzencharakteren. Es hält nicht schwer,
nutzbringend, wenn allgemeiner als bisher der Entwerfende diese Vorbilder in gewünschter Gröfse der Ansicht ein-
sich selbst in rohen „nichtkonstruierten" Skizzen seine zuverleiben.

Ideen fesselt, oder solche vom Chef erhält. Nicht nur, Malerische Beleuchtung, pittoreske Formen sind wegen

dafs der Plan dann nach wirklich „festen" Gesichtspunkten der Gefahr der Selbsttäuschung unzulässige Darstellungs-
entsteht (was ganz sicher von Nutzen ist): man will doch mittel, mit ihnen wird schlechte Gruppierung nicht ver-
Naturbilder schaffen, wie der Maler sein Werk. Durch bessert; die Kritik wird bei schlichter Wiedergabe am mi-
die nachfolgende Konstruktion wird das perspektivische befangensten sein. Es sei nur an die überraschende
Denken zensiert — und geschärft! Abb. 4 (Seite 13) und Wirkung erinnert, welche ein paar abenteuerlich geformte
ihr Plan zeigen, wie die grofse Tiefe des Teiches (im Kiefern auf einem nichtssagenden Sandhügel bei düsterer
Grundrifs) in der Ansicht gegen die Breite des Vorder- Abendbeleuchtung hervorrufen. Sind solche Bäume nicht
grundes völlig abfällt; davon kann der Unge-
übte keine Ahnung haben. Ähnliches s. Abb. 6
(Seite 27).

Ein interessanter Fall einer, infolge fehlen-
der Vorprüfung verunglückten Anlage existiert
in einem Stadtwald: ein Bachlauf mit" Wasser-
fällen und daran Felsbauten. Vom zunächst-
gelegenen Platze ist trotz Überhöhung nur
ein winziges Wasserfleckchen sichtbar, ob-
gleich man sich in kaum 10 m Abstand be-
findet. Der Bach liegt zu sehr in den Erdwellen
der Ufer gedeckt. Von anderen Punkten aus
hat man zwischen sich und Bach die grofse
Teichfläche, nur eine kurze Strecke der Mün-
dung ist sichtbar jedoch so klein, dafs sie
ohne Wirkung bleibt. Am schlimmsten kommt
der „Blick" weg, wenn man ihn vom Restaura-
tionsplatz geniefsen will, vor welchem er liegt.
Das Ganze erscheint spielerisch, da 100 m
Abstand für seine Abmessungen viel zu grofs
sind, da hätten viel gewaltigere Massen Abb. 21.

und Flächen angewendet werden müssen

oder die Anlage mufste verlegt werden von vorherein. Wenn von vornherein in der Anlage, oder werden sie nicht dort-
es sich um Verwendung so vieler Tausende handelt, hin gesetzt, so ist es eine grobe Unwahrscheinlichkeit, in
rentiert sich die Perspektive; die Fehler, welchen man in der dargestellten Ansicht der Natur derartige Vorschriften
früherer Zeit ausgesetzt war, können jetzt billig vermieden machen zu wollen. Es fällt der letzterem ja gar nicht
werden. ein, sich an unsere Behauptungen zu halten und im wohl-

Was die bildliche Ausarbeitung selbst betrifft, so ist gepflegten, geschlossenen Parkbestande so etwas hervor-
es mit Ausnahme besonders hervortretender wirkungs- zuzaubem. Dort entwickelt sich nicht die romantische
voller Einzelpflanzen unnötiges Bemühen, die einzelnen sturmzerzauste Kiefer. Die Anordnung der Anlage gibt
Gewächse am Gruppenrande peinlichst durchzuarbeiten. Zeugnis von der künstlerischen Begabung des Fachmannes,
Am glücklichsten arbeitet die Ansicht in der Prägung der obige malerische Mittel hat nur der Maler in der Hand,
grofsen Massen mit ihrer Kulissen- und charakteristischen für uns kommen normale Charakterformen in schlichter
Silhouettenwirkung. Hierzu kommt noch die Schatten- und Beleuchtung in Betracht.

Ferntönung. Dafs dunkleren Gehölzen den helleren gegen- Der Gartenkünstler mufs im nüchternen Tageslicht

über eine entsprechende Abstimmung zuteil wird, braucht reizvolle Bilder zu schaffen wissen — auf effektvolle Be-
nicht besonders erwähnt zu werden (s. Abb. 4, Seite 13). leuchtung ist kein Verlafs. Sie macht sich auf der

Auf diese Weise entstellt das Bild rein maschinen- Zeichnung ganz gut, in der Wirklichkeit läfst sie uns im
mäfsig. Stich. Das bezeugen nicht nur Gartenanlagen, sondern

Der beabsichtigte Eindruck der Landschaft ist bekannt, oft recht drastisch Denkmäler und Bauten,
der Bepflanzungsplan gibt den technischen Anhalt. Ist Wertvoller ist es, die Darstellung in gröfseren Ab-

man nun über das Charakterbild der Pflanzen in den messungen zu halten, weil diese eine natürlichere Wirkung
Hauptabschnitten ihres Lebens unterrichtet, so gehört, gewährleisten. Ansichten unter 20 X 30 cm sind fast
 
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