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Die Gartenkunst — 9.1907

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Kiehl, W.: Golenhofen bei Posen: ein Musterdorf
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https://doi.org/10.11588/diglit.22777#0078

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72

DIE GARTENKUNST

IX, -1

W. Kiehl-Posen: Aus Golenhofen 4.

,4'eschofs der Schule liegt die geräumige
Lehrerwohnung, deren schönster Raum die
gemütliche Dachlaube bildet. Gegenüber
der Schule liegt der Krug, das gröfste Haus
des Dorfes (Abb. 3). Ohne jedes Ornament,
und doch so einladend liegt es da unter
dem hohen roten Ziegeldach; schon von
ferne winkt der „Krug im grünen Kranze",'
den der Wirt hinausgehängt hat.

Jedes der Wohnhäuser (Abb 4—6), die
alle von einander verschieden in der Bauart
und doch so überaus fein zusammen stimmen,
verrät aufsen und innen den künstlerischen
Sinn seines Erbauers der es ohne grofse
Mittel verstanden hat, vor allem durch die
glückliche Verwendung fein abgestimmter
Farbentöne, eine Behaglichkeit hier zu ver-
breiten, die eine stille Sehnsucht im Be-
schauer weckt und dem Bewohner ein Heim
errichtet, in dem sein Leben in ruhiger Sefs-
haftigkeit und in der Freude am eigenen
Besitz ruhig und glücklich dahinfliefsen kann.

Fast ein jedes Haus hat seinen Spruch,
teils ernst teils heiter, wie die folgenden zeigen:

lehnenden Entwurf errichtet. Im allgemeinen überläfst es Liebe Gott vor allen Dingen,

die Kommission den Ansiedlein, sich ihre Gehöfte nach g0 wird pir alles wohlgelingen,

eigenem Geschmack und Mitteln zu erbauen, doch in Golen-
hofen sollte einmal ein Dorf entstehen, das in jeder Be- Der Kaiser führt das Szepter,
Ziehung als Muster gelten kann. Und in der Tat ist hier rjer Hauer führt den Pflug,
ein Dorf erstanden, wie es wohl kein zweites, weder in Tjn(j wer nicht beide ehret,
Ost- noch Westdeutschland geben wird. per ;st wohl nicht klug.

Regierungs- und Baurat Fischer-Posen, dem diese
lohnende Aufgabe zufiel, hat sie glänzend gelöst. Er hat u;ne [(uhj c]je Gutes frifst.

sich hierbei nicht nur als praktischer Baumeister und Kenner QjDt o-ute Milch und guten Mist,

landwirtschaftlicher Betriebe, sondern auch als feinfühlender
Künstler gezeigt, der es verstanden hat,
mit verhältnismäfsig geringen Mitteln etwas
vollendet Schönes zu schaffen. Wie ver-
wachsen mit der umgebenden Landschaft
liegt das Dorf da. Zu beiden Seiten eines
vorhandenen Feldweges, den alte Pappeln
beschatten, zieht sich langgestreckt das
Dorf hin (Abb. 1). Ziemlich im Mittelpunkt
liegt der Dorfanger, geziert von einem
hübschen überdachten Brunnen. An der
einen Längsseite dieses Platzes liegt das
Schulhaus mit daran angrenzender Ka-
pelle (Abb. 2). Einfach und schlicht wie
das Aufsere ist in beiden Bauten auch
das Innere, deren Hauptreiz in ihrer
Farbenfreudigkeit liegt. An den Wänden
des Schulzimmers schmückt ein munterer
Fries aus dem Leben des Kindes, an den
Deckenbalken ein reizender Spatzenfries den
Raum. Die Kapolle schmücken ein einfaches
Kreuz, ein alter Messingkronleuchter und
bunte Sträufse, wie man sie überall auf

dem Lande findet. Im Ober- und Dach- W. Kiehl-Posen: Aus Golenhofen 5.
 
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