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Die Gartenkunst — 9.1907

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IX, 4

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diesem Gase auf, je reicher die Luft daran ist, aber selbst sehr
starken Verdünnungen vermögen sie noch nachweisbare
Mengen zu entziehen. Die Fortführung der schwefeligen Säure
durch die Luft kann auf weite Entfernungen, auf mehrere Kilo-
meter, erfolgen, doch dürfen wir nicht annehmen, dafs eine
unendlich verdünnte und deshalb auch nur in Spuren aufge-
nommene Menge dieses Gases sofort eine Schädigung der
Pflanzenorgane hervorbringt. Dem widerspricht schon die
praktische Erfahrung. Vielmehr liefs sich von vornherein ver-
muten, dafs Beschädigungen erst bei einem bestimmten Säure-
gehalte in Erscheinung treten. Die diesbezüglich angestellten
Versuche haben dies bestätigt, so wird 1:10000 vielfach er-
tragen, 1:20 000 schadet in sehr vielen Fällen nicht und
1:40000 ist für krautige Pflanzen im allgemeinen unschädlich.

Entgegen der Auffassung von Haselhoff und Lindau,
die alle Schadenwirkung des Rauches der Schwefelsäure zu-
schreiben, wird von Wieler, gestützt auf seine Versuche und
den Nachweis der schwefeligen Säure in den verschiedenen
Rauchschadengebieten entnommenen Blätterproben, der Stand-
punkt mit Erfolg vertreten, dafs die schwefelige Säure in der
Gasform als das schädigende Agens angesehen werden müsse.

Das Eindringen der sauren Gase erfolgt durch die Spalt-
öffnungen. Alle Momente, die auf eine Vergröiserung dieser
Eingangspforten einwirken, müssen unter sonst gleichbleibenden
Bedingungen somit auch eine Steigerung der Säurewirkung
hervorbringen. Die Stomata schliefsen oder verengen sich be-
kanntlich in trockener Luft, während sie sich in feuchter Luft
öffnen oder erweitern und damit läuft allgemein parallel der
nachteilige Einflui's der schwefeligen Säure in feuchter Luft.
Auch das Licht bewirkt gegenüber der Dunkelheit ein Offnen
der Spaltöffnungen und es erreicht demgemäfs die Schaden-
wirkung ihren Höhepunkt, wenn hohe Feuchtigkeit mit starker
Belichtung sich eint.

Die Art der durch ein saures Gas an den Blättern hervor-
gerufenen Beschädigungen ist je nach der Gröfse des be-
wirkten Schadens verschieden. Ist derselbe grofs, dann sterben
alle Zellen ab, ist er kleiner, dann treten kleinere oder gröfsere
Flecken auf, die entweder am Rande oder auch interkostal er-
scheinen, manchmal werden auch ganze Blattabschnitte abge-
tötet. Die Flecken zeigen rote, rotbraune und braune Töne.
Diese Rotfärbung trat bei den Experimenten nur dann hervor,
wenn dieselben unter dem direkten Einflufs des Sonnenlichtes
zur Ausführung kamen, weshalb von dem Verfasser diesem
eine mittelbare Bewirkung des roten Farbentones zuge-
schrieben wird.

Für die Praxis sehr beachtenswert ist die Tatsache, dafs
durch die Gegenwart der schwefeligen Säure die Assimilation
der Blätter ungünstig beeinflufst wird. Die Gröfse der Emp-
findlichkeit der einzelnen Pflanzenarten, wie auch der Indi-
viduen unterliegt weiten Schwankungen. Als sehr empfindlich
nach dieser Richtung haben sich Buche und Fichte gezeigt.
Die Frage, ob eine Pflanze im Freien in mit schwefeliger
Säure verdünnter Luft allmählich so viel von dem schädlichen
Gase zu speichern vermag, dafs dadurch ihre Assimilation
"wesentlich gehemmt wird, darf a priori bejaht werden. Die
Wasserbewegung in der Pflanze wird dagegen durch Säure-
konzentrationen, die keine Abtötung der Blattsubstanz veran-
lassen, nicht beeinflufst. Die Ableitung der Assimilate wird bei
Gegenwart schwefeliger Säure verzögert, namentlich gilt das
für die Stärke. Diese Verlangsamung der Entstiirkung der
Blätter wird von dem Verfasser auf eine Verminderung der
Diastaseproduktion zurückgeführt, die eine Verzögerung der
Umwandlung der Stärke in lösliche Kohlehydrate nach
sich zieht.

Der ganze Bauin leidet infolgedessen an Nährstoffmangel,
und dieser ist um so mehr ausgeprägt, je länger die Bäume der
Einwirkung der Säure ausgesetzt sind. Blätter werden nur noch
wenige gebildet, und die Blattflächen sind klein, die Gipfel der
Bäume fangen an abzusterben. Dieser Absterbeprozefs wird
aber noch wesentlich gefördert, wenn der Baum plötzlich von
gröfseren Mengen von Säure getroffen wird, so dafs eine direkte
Abtötung der Blätter veranlafst wird, besonders wenn sich
dieser Vorgang einige Jahre hintereinander wiederholt.

Durch Regen und Tau, aber auch allein infolge ihrer
Schwere werden die sohwefeligsaureD Gase auch dem Boden
zugeführt. Der herrschenden Ansicht, dafs sich die schwefelige
Säure im Boden sofort oxydiere, tritt Wieler entgegen, denn
er konnte in den in Betracht kommenden Böden stets SO2 nach-
weisen. Es kann also auch eine direkte Schädigung der Baum-
wurzeln durch dieses Gas bewirkt werden, eine Leitung der
Säure nach den oberirdischen Pflanzenorganen hält der Ver-
fasser dagegen für ausgeschlossen. Die in den Boden gelangte
Schwefelsäure wird bei genügendem Vorhandensein von Basen
bald gebunden und zum Teil ausgewaschen. Ist der Obergrund
an Basen arm oder verarmt, so bleibt die Schwefelsäure längere
Zeit im freien Zustand und wird so ungünstig auf das Pflanzen-
leben des Bodens, besonders aber auch auf die Bakterienwelt
desselben einwirken. Dadurch werden die biologischen Vor-
gänge, auf denen die Humuszersetzung teilweise beruht, zum
grofsen Teil suspendiert und dadurch wiederum die für die
Pflanzen aufnehmbaren Stickstoffmengen vermindert. Einen
ähnlichen Effekt äufsert die durch Auswaschung bewirkte Ver-
armung des Bodens an Kalksalzen. Eine Verminderung der
Basen führt zur Ansammlung ungebundener Humussäuren, die
ihrerseits wieder den Boden direkt oder indirekt biologisch und
plrysikalisch ungünstig beeinflussen.

Für die Rauchexpertise ist es von Wichtigkeit, darauf
hinzuweisen, dafs der analytische S03-Gehalt der Blätter für
den Grad der Schädigung nicht verantwortlich gemacht werden
kann, denn es sind gerade die kurzen und plötzlichen Angriffe
gefahrbringend und tötend, während langanhaltende schwache
Einwirkungen, die aber doch zu einer Erhöhung der S03-Zahl
in den Blättern führen, oft ohne Schaden ertragen werden.
Von gröfserer Bedeutung für die Expertise ist eine Analyse
der Luft des Rauchschadengebietes. Auch der Boden mufs bei
der Beurteilung der Schadenwirkung mit herangezogen werden.
Namentlich auch für Baumpflanzungen in Städten wird
der letztangeführte Punkt in Erwägung zu ziehen sein. Auch
hält der Verfasser eine teilweise Aufforstung in den vernichteten
Rauchschadengebieten wieder für möglich, wenn dabei eine
sachgemäße Bearbeitung und Düngung des Bodens ins Auge
gefafst wird. Molz-Geisenheim.

H. Oonwentz, Schutz der natürlichen Landschaft vor-
nehmlich in Bayern. Verlag von Gebr. Borntraeger, Berlin.
— Der unermüdliche Vorkämpfer für die Erhaltung der Eigen-
art unserer heimischen Natur, Prof. Oonwentz in Danzig, hat
seinen Schriften eine neue, besonders auf die Verhältnisse des
Bayernlandes zugeschnittene, hinzugefügt. Er gibt darin zu-
nächst einen Überblick über die Maßnahmen, welche in Bayern
auf dem Gebiete des Natur- und Heimatschutzes getroffen sind,
dabei bis zum Jahre 1903 zurückgehend. Es interessieren
darunter besonders die erlassenen Vorschriften der Forstbehörden
zum Schutze der Tier- und Pflanzenwelt in den oberbayrischen
Bergen (Adler, Alpenrosen usw.). Die Erlasse anderer Ver-
waltungsabteilungen werden auf ihre Zweckmäßigkeit hin ge-
prüft, die Tätigkeit der Gemeinden, Vereine und Einzelpersonen
eingehend erörtert. Viel Anregung läßt sich aus dem "Werckchen
 
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