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Die Gartenkunst — 9.1907

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Riebe, H.: Der "wilde Garten" in England
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https://doi.org/10.11588/diglit.22777#0096

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DIE GARTENKUNST

im Verein mit anderen Immergrünen dem englischen
Landschaftsgarten ein eigenes Gepräge und gereichen ihm,
im Herbst mit leuchtend roten Beeren übersäet, zur höchsten
Zierde. Aber dies ist nur eine der vielen Reize des
englischen Naturparkes. In einem solchen, oder besser
und einfacher gesagt, im wilden Garten gibt es immer,
selbst in den dunkelsten Wintermonaten etwas Blühendes

„wilden Garten" während der 12 Monate eines Jahres,
wobei gleichzeitig einige Bemerkungen über die prak-
tische Handhabung und Weiterentwickelung des natür-
lichen Stiles eingeschaltet seien. Nebenbei bemerkt, die
photographischen Beispiele, die für die „Gartonkunst" in
den wilden Gärten des königlich botanischen Gartens zu
Kew gefertigt wurden, geben nur einen schwachen Be-























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Aus den „Wilden Gärten" des Kgl. Botan. Gartens zu Kew. 1. Ohristrosen unter Bäumen.

oder Grünendes. Und damit komme ich nun zu dem
Hauptzwecke meiner Zeilen.

Die Bezeichnung „wilder Garten" ist englischen Ur-
sprunges. In der deutschen Gartenliteratur bedient man
sich noch häufig der höher klingenden Ausdrücke wie
Naturpark, Landschaftsgarten, verschönerte Aue oder dgl.
In England nennt man jeden Naturpark allgemein „wild
garden" und jedermann versteht, was damit gemeint ist,
niemand wird sich etwa einen verwilderten Garten da-
runter vorstellen, sondern einen Garten, in welchem alles
und insbesondere Blumen und Blattpflanzen in ungezwun-
genster Freiheit wachsen und zwar in ihrer natürlichen
Umgebung, denn nur in solcher fühlen sie sich richtig
wohl und gelangen zur vollen Geltung!

Betrachten wir uns nun einmal einen solchen

griff von der wirklichen Schönheit der natürlichen Pflanzen-
gruppen, wie man sie dort zu allen Zeiten des Jahres be-
wundern kann, wenn man Sinn für die Reize der Pflanzen-
welt besitzt.

Wir beginnen mit den Frühlingsblumen; wenn sie
auch nicht gerade die allerschönsten sind (oder sind sie
es doch'?), so sind sie doch die Blumen, die uns die will-
kommensten und liebsten von allen sind. Auch ist es
gerade der Frühling, der uns im wilden Garten Bilder
hervorzaubert, die keine andere Jahreszeit imstande ist
nachzumalen. — Während noch im Januar und Februar
oft Eis und Schnee regieren, kann man schon an ge-
schützten Stellen oder bei günstiger Gelegenheit die Christ-
rosen (Helleborus niger) ihre Köpfe durchstecken und
ihre Blüten entfalten sehen. In milden Wintern blühen
 
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