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Die Gartenkunst — 9.1907

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Hoemann, Reinhold: Wie wir unsere Heimat sehen!
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https://doi.org/10.11588/diglit.22777#0106

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100

DIE GARTENKUNST

IX, 5

StückchenHeicleformation, welche sich auf einer trockenen das Schöne, welches wir achtlos überschauten, wie weiß
Stelle angesiedelt hat. er uns zu leiten, auf daß wir gleich ihm nun das Schöne

Wir sehen hin, und unser Auge wird gelenkt von erkennen, wie macht er uns auf diese feinen Züge im
dem Alten, wir sehen auf einmal, wie ungemein malerisch Antlitz der heimatlichen Erde aufmerksam, wie sieht er
sich diese braune Heide in das stumpfe Gelb-Grün der nicht nur die äußere schöne Form, sondern wie sieht er
Winterwiese einschiebt. In der Nähe des Bildrahmens auch das wirkliche Leben, hier den Kampf der beiden
sehen wir zwei größere Heidekrautkolonien, welche Pflanzengruppen, Heide und Gras, wie kennt er so genau

den Zusammenhang der Dinge unter-
einander. Fürwahr, es ist ein Genuß,
dem prächtigen Graubart zuzuhören,
wenn er in seiner einfachen schlich-
ten Weise uns lehrt, die Heimat zu
sehen mit Auge, Gemüt und Vorstand
zugleich. Und diese Lehre, wenngleich
sie sich nie in die Form einer
Belehrung kleidet, wirkt befruch-
ten. Wer sie genießen konnte, lernt
bald selbst sehen und entdeckt zur
eigenen Freude nun allerorts Schön-
heiten, die er sonst völlig übersah.
Selbst das unreife Kind lernt unter
solcher Anweisung bald mit feinem
Takt das Schöne zu erkennen. Wenn
mein 7 jähriges Töchterchen mich
jüngst auf einem Spaziergang durch
den Kiefernwald (die schrägeinfal-
lende Abendsonne ließ die alten
Kiefernstämme in einem ganz wun-
derbaren warmen Bronzeton auf-
leuchten) so auf die eigenartige
Schönheit desselben in der Abend-
stimmung aufmerksam machte und
sagte, „nicht wahr, Vater, die Bäume
haben heute ihr schönstes Sonntags-
kleid an", dann schien mir dies be-
wußte Erkennen dieser besonderen
Schönheit an dem unreifen Iiindo
eine Folge ihres häufigen Umganges
mit meinem Grafenberger Freund,
der das Kind lehrte, wie man seine
Heimat sehen soll. Wie oft habe
ich gewünscht, daß solche Belehrung
recht vielen zuteil werden möchte.
Wieviel freudiger läßt sichs durchs
Leben gehen, wenn es so verhält-
nismäßig leicht ist, fast überall

, w. - tt • j. i u t ,. . n 4. iv,r- i Schönes zu entdecken und sich

Aus ,,Wie wir unsere Heimat sehen": Im englischen Garten zu München.

daran zu erfrischen.

trachten, sich zu einigen, jede für sich aber sendet in die Und dieser Wunsch scheint nun zum Teile wenigstens
Wiese kleinere Kolonien aus, zunächst noch mit der erfüllt zu werden. Vor mir liegen einige Büchlein, deren
Mutterkolonie verbunden, dann weiter vorgeschoben schon Titel lautet „Wie sollen wir unsere Heimat sehen". Die
einige losgelöste, selbständige Siedelungen der braunen Schriftchen sollen sein eine Folge deutscher Landschafts-
Pflanze und schließlich, vom Grase fast überwuchert, einige Schilderungen als Anregung zu besinnlicher Betrachtung
schwache Ausläufer. Einige Zwergbirken geben seitwärts der Heimat, (Herausgegeben von B. Riedel und F. Weissen-
noch etwas Staffage. Fürwahr ein typisch schönes, born, Leipzig, im Verlag von Th. Scheffer, Leipzig.) Die
scharf charakterisiertes Landschaftsbild und doch nur Betrachtungsweise, zu welcher uns die Büchlein erziehen
einige Quadratruten groß. wollen, ist so ganz ähnlicher Art, wie die jenes Mannes,
Wie klar und scharf erkannte der alte Herr hier von welchem ich vorher erzählte.

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