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Die Gartenkunst — 9.1907

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Goecke, Theodor: Innengärten, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.22777#0116

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110

DIE GARTENKUNST

IX, 6

zwar die Fläche einer ideellen, als grade durchgelegt
gedachten Straße von 9 m Breite von der bebauungs-
fähigen Fläche abgezogen, im übrigen aber genehmigt,
die Bebauung bis zu 3/10 der Fläche durchzuführen, ob-
wohl die beiden tatsächlich angelegten Straßen nebst
Gartenplatz der Gemeinde ohne Entschädigung zum
Eigentum überwiesen und damit zu öffentlichen geworden
sind, während die im Privatbesitz verbliebenen einge-
friedigten Grundstücke durchschnittlich als zu 4/10 und
6/10 bebaut erscheinen. Somit ist eine öffentliche Innen-
anlage mit öffentlichen Zugängen entstanden (Deutsche
Bauzeitung No. 9 und 11 des Jahrgangs 1897 — Über
Wohnstraßen und die Landhaus-Baugesellschaft in Pankow
von Th. Goecke).

Im übrigen aber wird die Innenanlage nur auf Grund
gesetzlicher Bestimmungen zu erreichen sein und zwar
durch Einführung der sogenannten inneren oder hin-
teren Bauflucht. Sitte wies schon auf derartige Be-
strebungen im Hamburg*) hin und führte dazu aus: „Es
wäre wünschenswert, daß sich diese segensreiche Ein-
richtung überall hin verbreiten möchte. Eine Förderung
dürfte dieselbe dadurch gewinnen, daß die im Inneren
der größeren Baublöcke unverbaut bleibenden Räume
dann doch einer öffentlichen Verwertung nach Möglichkeit
zugeführt werden. Einen Versuch, in diesem Sinne einen
ganzen Stadtplan einzurichten, hat der Verfasser (d. i.
C. Sitte) mit seinem bereits in Ausführung begriffenen
Stadtplan für Mährisch-Ostrau gemacht, dem einzelnes bei
den ebenfalls schon ins Werk gesetzten Lageplänen für
Teschen und für Olmütz vorausging.

Es wurde da das Innere größerer Baublöcke zunächst
verwendet im Sinne des vorher Besprochenen zur Unter-
bringung öffentlicher Gärten und Kinderspielplätze, dann
für Turnplätze und Radfahrbahnen, Eisbahnplätze u. dgl.

Auch in dem Bebauungsplan von Marienberg i. B.
kehren diese Vorschläge Sittes wieder. Ludwig Hercher
hat darauf in der Schrift „Großstadterweiterungen" (ein
Beitrag zum heutigen Städtebau. Göttingen, Verlag von
Vandenhoek-Ruprecht, 1904) ein ganzes Plansystem ge-
baut. In meinen Entwürfen zu Bebauungsplänen für
Treptow bei Berlin und die oldenburgischen Vororte' von
Wilhelmshaven sind Innenanlagen für Kleinwohnungen
vorgesehen, ferner von Ehmig in seinem Bebauungsplane
für Warnemünde (Zeitschrift „Der Städtebau", Jahrgang IV,
Heft 1).

In meiner Abhandlung über „Berliner Wohnbau-
blöcke" (in der Zeitschrift „Der Städtebau", Jahrgang II,
S. 128 und 129) führte ich ungefähr aus, daß zur Frei-
haltung des Blockinnern, zur Anlage und dauernden Er-
haltung von Innengärten, abgesehen von den Fällen frei-
williger Baubeschränkung, nur eine hintere Baufluchtlinie
verhelfen könne. In diesem Falle seien große Baublöcke
zu empfehlen. Aber auch nur in diesem! Dazu sind
vielleicht die jetzt größten noch nicht groß genug. Sonst

*) Auch in Köln a. Rh. soll nach Mitteilung des Herrn
Stadtbaurat Gerlach, Berlin-Schöneberg, schon vor Jahren die
Festsetzung einer hinteren Bauflucht vorgeschlagen worden sein.

sind bekanntlich kleine Blöcke vorzuziehen und werden in
letzter Zeit auch wieder vorgezogen, um die allzuhäufige
Entstehung von Hofwohnungen — sogenannten Garten-
wohnungen — und die Verbauung des Innern zu ver-
hüten. Denn die früher in der wohlgemeinten Absicht,
einen zusammenhängenden Luftraum für Gärten offen zu
halten, übergroß zugeschnittenen Baublöcko sind nach
und nach mit Garten- und Hinterhäusern zugebaut worden,
weil es eben an einem Schutze für ihre Freihaltung fehlte.
Neuerdings hat die Gemeinde Heerdt-Oberkassel bei Düssel-
dorf auf dem Polizeiwege rückwärtige Fluchtlinien festge-
setzt, von deren Wirkung die Abbildung (Technisches
Gemeindeblatt, Jahrgang VIII, S. 120) Zeugnis ablegt,
doch nicht für eine öffentliche Grünanlage, sondern für
die Hausgärten der aus Einfamilienhäusern bestehenden
Randbebauung.

Im Gegensatz dazu ist bekanntlich mehrlach vorge-
schlagenen worden, den früheren Botanischen Garten in
Berlin zwar auch am Rande zu umbauen, jedoch in seinem
Kerne als öffentliche Parkanlage zu erhalten. Zuerst in
der Zeitschrift „Der Städtebau", Jahrgang I, Seite 94, wo
ich insbesondere eine möglichst geschlossene Umbauung
mit einer den Zuweg vermittelnden, die Straßenflucht be-
deutsam unterbrechenden Öffnung an der Potsdamer Straße
befürwortete.

Gegen die Innenanlage könnten nun ästhetische Be-
denken im Hinblick auf die Rückseiten der Bebauung er-
hoben werden. Da aber die hintere Bauflucht keine tiefen
Seitenflügel oder gar Hinterhäuser mehr aufkommen lassen
könnte, würden diese Bedenken lediglich die Hinterfronten
der an der Straße erbauten Häuser treffen. Diese aber
in einfacher Weise durchzubilden, dürfte ohne erheblichen
Kostenaufwand möglich sein. Der meist schon an der
Vorderfront entbehrliche Prunk ist wirklich nicht nötig,
wie die fast nüchternen Wandungen so mancher Pariser
Boulevards zeigen, die darum doch nicht das Straßenbild
schädigen. Auch empfiehlt es sich nicht, mit der Be-
pflanzung so dicht an die Häuserreihen heranzutreten.
Ein Hof sollte stets dazwischen bleiben, u. a. auch noch
ein Hausgärtchen. Dann kann der Innengarten mit
höheren, die Häuser etwas verdeckenden Baumkronen
geschorenen Hecken, Strauchgruppen abgegrenzt werden.

Im übrigen wird seine Ausgestaltung immer mehr
nach der architektonischen, als nach der landschaftlichen
Richtung neigen müssen, teils der baulichen Umgebung,
teils des praktischen Zweckes wegen. In diesem Sinne
ist auch der vom Gartenarchitekten Hoemann-Düsseldorf
für einen Innengarten aufgestellte Idealentwurf gehalten,
den Ihre Zeitschrift „Die Gartenkunst" im Jahre 1902
veröffentlichte.

Meine Herren : Ich schließe, womit ich angefangen habe:
Mehr denn je ist die gemeinsame Arbeit von Gartenkünstler
und Architekt geboten, um die moderne, insbesondere die
Großstadt gesundheitlich wie gesellschaftlich den Bedürf-
nissen der Zeit entsprechend auszugestalten.
 
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