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DIE GARTENKUNST
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als diese Aufgabe ihm übertragen wurde, 40 Jahre alt,
er stand also in seines Lebens Vollkraft. Er selbst hat sie
als eine seiner größten Aufgaben in seiner fast fünfzig-
jährigen selbständigen Tätigkeit bezeichnet. Er hatte sich
bis dahin hart durchringen müssen und noch wenig Ge-
legenheit gefunden, seinen Namen durch Bewältigung einer
bedeutenden Aufgabe in weiteren Kreisen bekannt zu machen.
Hier bot sich die Gelegenheit, aber es war nicht ganz
leicht an die Sache heranzukommen.
Lageplan der Kuranlagen in Bad Nauheim. Entworfen und ausgeführt vom Kgl. Gartenbaudirektor H. Siesmayer j *)
Konkurrenzplänen zur Vorlage kam, und mein Plan,
eine Bleistiftzeichnung, erhielt denn auch die Genehmigung
des Kurfürsten. Die Nauheimer Anlage ist in englischem
Stile ausgeführt mit bedeutender, großer Terrasse und
Restaurationsgebäude nebst Auffahrt, ausgedehnten Pahr-
und Fußwegen, Alleen, freien Plätzen, großem Teich von
ca. 36 Morgen für Gondelfahrer, warmem Sprudel, Bade-
häusern, Trinkhalle usw. Die Arbeit erforderte bis zur
Fertigstellung eine Zeit von zwei Jahren; es waren 150
S.schreibt selbst darüber in seinen Lebenserinnerungen:
„Die Übertragung derselben vom kurfürstlichen Hof in Cassel
(Nauheim gehörte damals zum Kurfürstentum Hessen-
Cassel) stellten sich bedeutende Schwierigkeiten in den Weg,
da diese Arbeit in Konkurrenz öffentlich ausgeschrieben
war, und ich durch Hofintriguen ferngehalten werden sollte.
Man verweigerte mir die Situationspläne, obschon ich kur-
hessischer Bürger war. Die Lust zu dieser Aus-
führung und der Drang zum Schaffen ließen mir
keine Ruhe, bis ich endlich auf den glücklichen Ge-
danken kam, mich durch eine distinguierte Persönlichkeit,
den Stadtkommandanten und österreichischen General
v. Schmerling, an den kurhessischen Bundestagsgesandten
v. Trott empfehlen zu lassen. Gestützt auf dessen
Empfehlung erhielt ich die Situationspläne sofort, schickte
binnen zwei und einem halben Tage die Skizze an Ober-
baurat Engelhardt, damit dieselbe gleichzeitig mit den
*) In dem Lageplan sind die neuesten Veränderungen be-
rücksichtigt.
bis 200 Leute und 10—15 Pferde ununterbrochen dabei
in Tätigkeit. Die Uferarbeiten am Usabach, die große
Fahrstraße nach der Stadt und dem Teichhause, die
Brückenübergänge, kleinere Wasseranlagen, Terrainarbeiten
an der großen Terrasse und sonstige Terrainbewegungen
nahmen großen Kosten- und Zeitaufwand in Anspruch. Die
gärtnerische Ausführung für Grundarbeiten, Chausseen und
Lieferungen erforderten 150 000 Mk. excl. Erdarbeiten
für Horizontallegung der großen Terrasse und Aus-
schachtungen vor der Trinkhalle."
Die glückliche Lösung dieser Aufgabe trug viel zur Ver-
breitung des Namens Siesmayers als eines hervorragenden
Landschaftsgärtners bei und begründete seinen Ruf.
Und mit Recht. Keine der zahlreichen Schöpfungen
Siesmayers zeigt ein so charakteristisches Gepräge, wie
gerade diese Nauheimer Anlage, und wer Siesmayer richtig
beurteilen will, muß Nauheim studiert haben.
In dem im Norden der Stadt sich hinziehenden Tal
des Usabaches und an dem das Tal auf der Westseite
begrenzenden Hange ziehen sich die eigentlichen Anlagen
DIE GARTENKUNST
IX, 6
als diese Aufgabe ihm übertragen wurde, 40 Jahre alt,
er stand also in seines Lebens Vollkraft. Er selbst hat sie
als eine seiner größten Aufgaben in seiner fast fünfzig-
jährigen selbständigen Tätigkeit bezeichnet. Er hatte sich
bis dahin hart durchringen müssen und noch wenig Ge-
legenheit gefunden, seinen Namen durch Bewältigung einer
bedeutenden Aufgabe in weiteren Kreisen bekannt zu machen.
Hier bot sich die Gelegenheit, aber es war nicht ganz
leicht an die Sache heranzukommen.
Lageplan der Kuranlagen in Bad Nauheim. Entworfen und ausgeführt vom Kgl. Gartenbaudirektor H. Siesmayer j *)
Konkurrenzplänen zur Vorlage kam, und mein Plan,
eine Bleistiftzeichnung, erhielt denn auch die Genehmigung
des Kurfürsten. Die Nauheimer Anlage ist in englischem
Stile ausgeführt mit bedeutender, großer Terrasse und
Restaurationsgebäude nebst Auffahrt, ausgedehnten Pahr-
und Fußwegen, Alleen, freien Plätzen, großem Teich von
ca. 36 Morgen für Gondelfahrer, warmem Sprudel, Bade-
häusern, Trinkhalle usw. Die Arbeit erforderte bis zur
Fertigstellung eine Zeit von zwei Jahren; es waren 150
S.schreibt selbst darüber in seinen Lebenserinnerungen:
„Die Übertragung derselben vom kurfürstlichen Hof in Cassel
(Nauheim gehörte damals zum Kurfürstentum Hessen-
Cassel) stellten sich bedeutende Schwierigkeiten in den Weg,
da diese Arbeit in Konkurrenz öffentlich ausgeschrieben
war, und ich durch Hofintriguen ferngehalten werden sollte.
Man verweigerte mir die Situationspläne, obschon ich kur-
hessischer Bürger war. Die Lust zu dieser Aus-
führung und der Drang zum Schaffen ließen mir
keine Ruhe, bis ich endlich auf den glücklichen Ge-
danken kam, mich durch eine distinguierte Persönlichkeit,
den Stadtkommandanten und österreichischen General
v. Schmerling, an den kurhessischen Bundestagsgesandten
v. Trott empfehlen zu lassen. Gestützt auf dessen
Empfehlung erhielt ich die Situationspläne sofort, schickte
binnen zwei und einem halben Tage die Skizze an Ober-
baurat Engelhardt, damit dieselbe gleichzeitig mit den
*) In dem Lageplan sind die neuesten Veränderungen be-
rücksichtigt.
bis 200 Leute und 10—15 Pferde ununterbrochen dabei
in Tätigkeit. Die Uferarbeiten am Usabach, die große
Fahrstraße nach der Stadt und dem Teichhause, die
Brückenübergänge, kleinere Wasseranlagen, Terrainarbeiten
an der großen Terrasse und sonstige Terrainbewegungen
nahmen großen Kosten- und Zeitaufwand in Anspruch. Die
gärtnerische Ausführung für Grundarbeiten, Chausseen und
Lieferungen erforderten 150 000 Mk. excl. Erdarbeiten
für Horizontallegung der großen Terrasse und Aus-
schachtungen vor der Trinkhalle."
Die glückliche Lösung dieser Aufgabe trug viel zur Ver-
breitung des Namens Siesmayers als eines hervorragenden
Landschaftsgärtners bei und begründete seinen Ruf.
Und mit Recht. Keine der zahlreichen Schöpfungen
Siesmayers zeigt ein so charakteristisches Gepräge, wie
gerade diese Nauheimer Anlage, und wer Siesmayer richtig
beurteilen will, muß Nauheim studiert haben.
In dem im Norden der Stadt sich hinziehenden Tal
des Usabaches und an dem das Tal auf der Westseite
begrenzenden Hange ziehen sich die eigentlichen Anlagen