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Die Gartenkunst — 9.1907

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Glogau, Arthur: Gesetzentwurf gegen die Verunstaltung von Ortschaften und landschaftlich hervorragenden Gegenden
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https://doi.org/10.11588/diglit.22777#0124

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118

DIE GARTENKUNST

IX, 6

des Bundes Heimatschutz an dieser Stelle veröffentlichen zu
dürfen.

Und nun das Resultat unserer Bemühungen. Die
gesetzgebende Körperschaft hat nicht allein
unsere Eingabe wohlwollend besprochen, sondern
sie ist in einigen Punkten und gerade in den für
uns wichtigen Punkt en auf die Gesetzgebung maß-
gebend gewesen. Die 12. Kommission des Abgeordneten-
hauses, welcher die Beratung über den Gesetzentwurf zu-
gewiesen wurde, hat dem Abgeordnetenhause folgende
Anträge unterbreitet:

1. dem Gesetzentwurf gegen die Verunstaltung
von Ortschaften und landschaftlich hervor-
ragenden Gegenden, Drucksache No. 9, in der
aus der Zusammenstellung ersichtlichen Passung der
Kommissionsbeschlüsse die verfassungsmäßige
Zustimmung zu erteilen;

2. nachstehende Resolutionen anzunehmen: a) die König-
liche Staatsregierung zu ersuchen, die zur Ausführung
des vorliegenden Gesetzes berufenen Behörden dahin
mit Weisung zu versehen, L daß sie bei Durch-
führung des Gesetzes enge Fühlung mit
Sachverständigen nehmen und insbesondere,
insoweit es sich um die Verwirklichung
höherer ästhetischer Ziele handelt, Ver-
treter der Künstlerschaft beteiligen, 2. daß
in allen Fällen, in denen auf Grund des Gesetzes
behördliche Eingriffe notwendig werden, auf die da-
durch dem Einzelnen entstehenden Kosten und Nach-
teile schonende Rücksicht genommen werde und
insbesondere die in baulicher Hinsicht zu stellenden
Anforderungen regelmäßig so bestimmt werden, daß
sie ohne erhebliche Vermehrung der Baukosten ver-
wirklicht werden können; b) die Königliche
Staatsregierung um möglichst baldige Vor-
lage des in Aussicht gestellten Denkmals-
schutzgesetzes zu ersuchen;

3. die zu dem Gesetzentwurf eingegangenen Petitionen
durch die Beschlußfassung zu 1 für erledigt zu er-
klären.

Es würde zu weit gehen, wenn ich hier ausführlich
die Verhandlungen im Abgeordnetenhaus besprechen würde,
da der stenographische Bericht, den wir der Liebens-
würdigkeit des Landtagsabgeordneten für Hannover, Herrn
Senator Fink, verdanken, mehr als 100 Druckseiten um-
faßt. Ich muß mich daher auf die Beratung der für uns
wichtigen Fragen bezüglich der Zuziehung von. Sachver-
ständigen beschränken. Bei der Beratung des § 2, bei
welcher Gelegenheit auch noch andere Paragraphen beraten
wurden, sprach der Herr Abgeordnete Münsterberg folgende
Worte, die auf unsere Eingabe Bezug nahmen:

„Meine Herren, der § 3 baut sich als solcher auf auf
die Mitwirkung von Sachverständigen und ich bin der
Meinung, daß es sehr wesentlich darauf ankommen wird,
wie diese Sachverständigenkommissionen zusammengesetzt
sein werden, ob sie im höchsten Sinne Gutes und Nütz-
liches leisten werden, oder ob ihre Wirkung eine ganz
einseitig ästhetische und darum unter allen Um-

ständen schädliche sein würde. Gerade weil die
Anhörung von Sachverständigen obligatorisch
gemacht worden ist, halte ich ihre Zusammen-
setzung für eine überaus wichtige Sache. Nun
haben wir in der Kommission uns gefragt: wie sollen die
Sachverständigen zusammengesetzt werden? Es war erst
eine Strömung dafür: man solle das im Gesetz selbst fest-
setzen, um eben Einseitigkeiten und Übertreibungen vor-
zubeugen. Wir sind aber schließlich zu der Überzeuguug
gekommen, daß eine solche Ernennung von Sachverständigen-
kommissionen viel besser von Fall zu Fall geschieht,
daß sie viel besser in den Ausführungsbestimmungen der
Staatsregierung geregelt werden könne, weil nur auf diese
Weise alle diejenigen Momente berücksichtigt werden
können, die in den verschiedenen Städten und verschiedenen
Landesteilen notwendigerweise zu berücksichtigen sind.
Damit war allerdings die Kommission einverstanden, daß
der Grundgedanke — und das ist auch in der Resolution
zum Ausdruck gekommen — ein richtiger ist, daß unab-
hängige Künstler in diese Kommission berufen werden
möchten, Künstler, die nicht nur bloß eingeschworen sind
auf den gotischen und Renaissancestil, sondern die etwa
an der Akademie der Künste oder sonst an einer so hervor-
ragenden Stelle wirken, so daß man ihnen weiten Blick
zutrauen kann, einen Blick, der sie davor schützt, etwa in
einen bestimmten Stil verliebt zu sein.

Ich halte es außerdem für ganz beachtens-
wert, daß die Deutsche Gesellschaft für Gartenkunst
ebenfalls in einer Petition gebeten bat, sie zu be-
rücksichtigen. Denn es wird an manchen Orten —
auch das wird man natürlich nicht verallgemeinern können
— notwendig und nützlich sein, auch Vertreter der Garten-
baukunst als Sachverständige heranzuziehen. Die Hauptsache
ist aber für mich, daß die Staatsregierung in den Aus-
führungsbestimmungen dafür sorgt, in Übereinstimmung
mit der Anschauung dieses Hauses, daß die Ausschüsse so
zusammengesetzt werden, daß in ihnen nicht eine ein-
seitige, sei es ästhetische, sei es historische, sei es finan-
zielle Richtung, zur Herrschaft gelangt, sondern daß sie
zusammengesetzt werden unter Berücksichtigung der
Gesamtinteressen des wirklichen Lebens. Dann
wird man hoffen dürfen, daß, wenn dieser Gesetzentwurf
erst in die Praxis übergeführt wird, es durch das Zu-
sammenwirken von Gemeinden, von Bürgerschaft und Sach-
verständigenkommissionen, und, soweit die Staatsbehörde
daran beteiligt ist, von dieser möglich sein wird, den
§ 2 zu einer wirklich lebensvollen Bedeutung zu bringen."

Bei der Beratung des § 5 brachte der Herr Abgeordnete
Dr. Becker (Siegkreis) einen Antrag ein: „Durch dieLandes-
polizeiordnung, die auch tür einzelne Kreise und Kreisteile
erlassen werden darf, kann für genau zu bezeichnende
landschaftlich hervorragende Gegenden bestimmt werden,
daß die baupolizeiliche Genehmigung zur Ausführung von
Bauten und baulichen Änderungen außerhalb der Ort-
schaften versagt werden kann, wenn durch die Bau-
gestaltung oder das Baumaterial das Landschaftsbild gröb-
lich verunstaltet werden würde. Vor Versagung der Ge-
nehmigung sind Sachverständige und der Gemeindevorstand
 
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