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Die Gartenkunst — 9.1907

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Wettbewerb Zentralfriedhof Mannheim
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https://doi.org/10.11588/diglit.22777#0166

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160

DIE GARTENKUNST

IX, 8

Zum Schluß möchte ich noch, bemerken, daß dieser Friedhof feine Formung der Grabdenkmäler im anspruchlosen, heimischen
sehr rationell ausgenutzt werden kann. Es stehen ca. 140000 qm Steinmaterial. Unaufdringlich und doch so stark wie nötig
für Gräberflächen zur Verfügung, wenn für die Friedhofsgärten sich abhebend von dem umgebenden Pflanzengrün, steht dort
etwa eine Einteilung gewählt wird, wie in der beigegebenen ruhig und vornehm das warme Steingrau der gut gestalteten
Einzelzeichnung des „Rosengartens". Grabmäler. Ein gesunder, dem Zweck der Inschrifttafel ent-

__ sprechender Typ beherrscht die Formengebung, so daß auch

das massenhafte Zusammenstehen erträglich wirkt, keine Un-
ruhe, sondern wohltuende Harmonie erzeugt, Harmonie in
Erläuterung Form wie Fa].bg jm äußersten Gegensatz zu den heute be-

zu dem mit dem II. Preise ausgezeichneten Entwürfe liebten, so willkürlichen und bizarren Formungen in aufdring-

von P. Bauer, Magdeburg. lichem, sehr kostbaren oder ganz schundigen Material. Hier

Kennwort: Grau und grün. müßten vor allen Dingen die Reformen zur Besserung des

Die reformatorischen Bestrebungen auf dem Gebiete der Friedhofsaussehens einsetzen, dieser sinnlosen Willkür muß
Friedhofsgestaltung sind noch nicht zum Abschluß gelangt; tatkräftig gesteuert werden, der schlichte, prunklose Grabstein
denn die sogenannte landschaftliche Ausbildung, für die im muß wieder zu seinem Rechte kommen und Regel werden, da-
letzten Jahrzehnt viel Propaganda gemacht worden war, hat mit Ruhe und Farbenharmonie wieder ins Friedhofsbild
im allgemeinen nur wenig zu befriedigen vermocht. Neuer- eintritt.

Im vorliegenden Entwurf ist neben möglichst
praktischer AVegeführung auf die sachgemäße Ver-
teilung des Pflanzengrün das Hauptaugenmerk ge-
richtet worden. Natürlich können im Entwurf über
Bepflanzungen und ihre Zusammenhänge mehr all-
gemeine Gesichtspunkte wie Besonderheiten, die
erst die ernstliche Ausführung ergibt, behandelt und
festgelegt werden. Jedenfalls ist hierbei stets der
Grundsatz innegehalten worden, größere Felder durch
Deokpflanzen zu umschließen und abzuschließen und
auch innerhalb dieser Teile das Gesichtsfeld durch
Einschieben von Pflanzenstreifen verschiedener Gestalt
und Größe stellenweise einzuschränken und räumlich
oder nischenförmig abzuteilen. Zu diesem Zwecke
können neben reihenweisen Zwischenpflanzungen von
Sträuchern (Hecken), Baumsträuchern, selbst kleinen
Bäumen von einer der Örtlichkeit und sonstigen
Verhältnissen angepaßten Ausdehnung und Formung,
auch vorteilhafter Weise Gehölzpflanzung mancher
ungepflegten, steinlosen Gräber vorgenommen werden.

Die Grabreihen sind durchgängig in kopfseitig
zusammenstoßenden Doppelreihen mit 1 m bzw.
80 cm breiten Zwischenwegen angelegt, ein Verfahren,
das sich vielerorts sehr bewährt hat. Zwischen
Schaubild zum Wettbewerbsentwurf für den Mannheimer Zentralfriedhof. c[en Kopfenden der Gräber wären Zwischenflanzungen
Von G. Gerstadt, Frankfurt a. M. von heckenartigem Charakter, mit dünnen Bäumen

und Sträuchern abwechselnd anzubringen. Der güns-
dings greift man daher mit Recht auf die in früheren Zeiten tigsten Sonnenlage gemäß sind alle Reihen möglichst in Nord-
stets geübte und im Grunde genommen sachlich gegebene Südrichtung gelegt.

tektonische Einteilung des Friedhofsgeländes zurück. Daß da- Bei Geländeeinteilung im Großen war die Lage des Raumes

bei die ausgiebige Verwendung des Pflanzengrün nicht ver- für Trauerfeierlichkeiten bestimmend, der als Ausgangspunkt
säumt werden darf, erscheint angesichts der stimmungsvollen für die Beerdigungszüge nahezu in der Mitte des Friedhofs
Bilder alter heimischer Friedhöfe, die uns bewußt oder unbe- angenommen ist. Er wird von den beiden Portalen an der
wüßt als Ideal vorschweben, selbstverständlich. Das Grün soll Sandhofer- und Lampertheimerstraße aus durch breite Baum-
sogar bei der großen Ausdehnung der heutigen großstädtischen alleen erreicht und liegt mit der Zugangsseite (Vorhalle) an
Friedhöfe einen Hauptfaktor zur großen Gliederung ebenso einer baumumschlossenen Wiesenfläche, dem auf der nächsten
wie zur Ein- und Abteilung auch im einzelnen abgeben. Seine Anhohe auf torrassiertem Unterbau sich erhebenden Hochkreuz
zweckmäßige und ansprechende Anbringung und geschickte, gegenüber. Rückseitig schließen sich an dieses Gebäude die
zielbewußte Anpflanzung ist Sache des Gärtners, der aber auch, Leichenhallen mit Rampen zur Einbringung der Särge von den
soweit es sich nur irgend ermöglichen läßt, der Natur ihr BeförderuDgswagen der elektrischen Bahn, die auf dem kürzesten
immer wieder angestrebtes Recht stellenweise lassen, ihr manch- Wege von der Sandhoferstraße aus hierher führt und nur an
mal sogar dazu verhelfen sollte, ein Umstand, der sich eigent- zwei Stellen die Friedhofswege kreuzt. Südlich von den
lieh für die älteren Grabfelder von selbst ergibt, wo die gärt- Leichenhallen ist eine Bedürfnisanstalt vorgesehen,
nerische Pflege ohnedies nachlassen muß. Am Haupteingang Sandhoferstraße sind die Verwaltungs-

Neben reichlichem Vorhandensein von Grün zeigen gute, und Wirtschaftsgebäude in Verbindung mit einem pfeilerdurch-
alte Friedhöfe noch ein zweites, heute besonders beachtens- brochenen Portalbau gebracht; laubenartige Gänge setzen
wertes Moment, nämlich die schlichte, dabei oft künstlerisch diesen seitlich fort und dienen zum Schutz des wartenden
 
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