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Die Gartenkunst — 9.1907

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Heicke, C.: Stadtische Mietgärten in München, [2]: nach Mitteilungen vom Städt. Bauamtmann L. Schachner München
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172

DIE GARTENKUNST

IX, 9

Bewirtschaftung der Gärten sind in No. 8 der Zeitschrift
für Armenwesen Seite 12—14 gegeben.

Abgesehen von den aus der Gartenverpachtung und
Bebauung resultierenden Vorteilen bietet der Verein seinen
Pächtern auch eine Reihe Vergünstigungen in wirtschaft-
licher Beziehung durch Unterstützungen, billige Beschaffung
von Kohlen, sowie durch Einrichtung von Sparkassen usw.

Ein Vergleich zwischen den Schrebergärten in Leipzig
und den Laubenkolonien in Berlin und Umgebung läßt die
Verschiedenartigkeiten in vielen Beziehungen erkennen.
Während in Leipzig von Anfang an zuvörderst die Für-
sorge der Stadtgemeinde und deren spezielles Eingreifen
in der Ausgestaltung der Gartenanlagen wahrzunehmen
ist, sind die Berliner Laubenkolonien aus den Arbeiterkreisen
heraus entstanden und hat sich hier erst im Laufe der
Zeit eine rege Anteilnahme weiterer Kreise der Bevölke-
rung an der Ausgestaltung — wohl angeregt durch das
Leipziger Vorbild — herausgebildet. Indes in Leipzig nach
der Entwickelung die Pflege des Jugendspieles und die
Schaffung von Spielplätzen die Grundlage gab, war es in
Berlin der Wunsch des Arbeiters, ein Grundstück für sich
zu bebauen. In Leipzig wurden die meisten Anlagen als
länger dauernde Einrichtungen ins Leben gerufen, während
ihnen in Berlin mit seiner gewaltigen Entwickelung nach
der Lage der Verhältnisse mehr die Erscheinung des
Provisoriums anhaften mußte (mit Ausnahme einiger An-
lagen, so der letztgenannten Anlage des Roten Kreuzes1).

Im allgemeinen machen auch die Leipziger Anlagen
mehr den Eindruck des Wohlgeordneten als die Mehrzahl
der Berliner Laubenkolonien.

Es wird nun für München auf Grund der gemachten
Wahrnehmungen und gepflogenen Verhandlungen die An-
lage von Mietgärten, sowie der Betrieb derselben durch
die Stadtgemeinde empfohlen. Bezüglich der Ausgestaltung
selbst möge von vornherein gewarnt sein vor einer un-
zweckmäßigen Sparsamkeit und Primitivität. Besonders
aus der Entstehungs- und Entwickelungsgeschichte der
Leipziger Schrebergärten läßt sich erkennen, wie man sich
allmählich von den primitiven Einrichtungen mit nicht un-
erheblichem Kostenaufwand zu größerem Komfort durch-
rang. Gar mancher Pfennig der aus freiwilligen Beiträgen
und Schenkungen oder sonstwie a fond perdu floß, tritt
wohl großenteils bei dem Gesamtkostenaufwand nicht in
Erscheinung, so daß Vorsicht bei der Vergleichung der
Anlagekosten und auch der Mieten sehr geboten erscheint.

Es wird in Vorschlag gebracht, für den Fall der Er-
richtung von Mietgärten in München näher getreten
werden sollte, die äußeren Umzäunungen des Areales aus
Hannichel oder Prügelzäunen herzustellen, da die Draht-
netzzäune — wenn sie auch etwas billiger bei der Be-
schaffung sind — oft schon in kürzester Zeit und leicht
Deformierungen und Beschädigungen unterworfen sind und
dann einen recht unschönen Anblick gewähren. Auch
ästhetische Gründe sprechen gegen Drahtzäune, da ihnen
die Eigenschaft des Raumabschließens fehlt. Die Anlage
guter, kiesunterlegter, gewalzter Wegverbindungen er-
scheint gleichfalls notwendig. Man lasse sich ja wegen
der anfänglichen Kostenersparnis nicht dazu bestimmen,

Wege nur durch Ausstreuen von Sand und Kieseln auf
Grasboden herstellen zu wollen. Die Instandhaltungskosten
sind im letzteren Fall bedeutend und die Wege bleiben
stets schlecht. Beim Oktoberfeste dahier hat man ähnliche
Erfahrungen gemacht und ist mit der Zeit an die
Schaffung fester Straßen und Wege gegangen. Auch
kann aus hygienischen Gründen, sowie wegen der unaus-
bleiblichen gegenseitigen Belästigung durch Geruch unter
keinen Umständen die Anlage einzelner Aborte auf den
Gartengrundstücken begutachtet werden. Es empfiehlt
sich hiergegen die Errichtung einer größeren Abortanlage
nach der Art der auf dem Oktoberfest bestehenden Be-
dürfnisanstalten, welche den einzelnen Garteninhabern zur
kostenlosen Benutzung freistehen soll. Die Anlage einer
Spiel- und Unterkunftshalle erscheint schon im Hinblick
auf den Spielplatz geboten; die Einrichtung einer Wächter-
stube ist im Interesse der Sicherheit und Ordnung als
auch wegen der Bewachung der Anlage notwendig. Ob
und in welchem Umfange ein kleiner Wirtschaftsbetrieb
mit Flaschenbier usw., die Abgabe von kohlensaurem
Wasser und der Handel mit Obst, Brot, Zuckerwaren
wünschenswert und zulässig erscheint, dürfte die Zeit,
lehren, jedenfalls sollte von vornherein die Einrichtung
einer gemeinsamen Wirtsstube oder eines Wirtsgartens aus-
geschlossen sein. Für eventuelle Festlichkeiten könnten
Stühle, Tische und Bänke auf den Spielplätzen und um
dieselben herum Aufstellung finden. Schließlich sei noch
darauf hingewiesen, daß im Interesse der Sauberkeit und
Ordnung die Herstellung der Umzäunungen der Gärtchen
durch die Stadt gelegen ist. Bei der Vergebung großer
Längen von Zäunen ist die Stadt in der Lage, dieselben
billiger herzustellen, als wenn der einzelne für seine Um-
friedung, wenn auch in einfachster Weise, sorgen muß.
Damit ist auch der Vorteil verbunden, daß recht unschöne
und mehr als einfache Gartenumgrenzungen, wie sie des
öfteren in Leipzig und besonders in Berlin angetroffen
wurden, vermieden bleiben, was doch im allgemeiner
Interesse gelegen sein dürfte. Es ist durchaus nicht zu
befürchten, daß hierdurch eine Uniformierung und unan-
genehme Gleichmäßigkeit in die Gesamtanlage gebracht
wird. Die verschiedene Gestaltung der Gärtchen, der An-
lagen und Anpflanzungen in denselben sorgt genügend
hierfür, so daß eher einige Gleichmäßigkeit in manchen
Einrichtungen von Vorteil sein dürfte.

Zum Schlüsse sei besonders die Einrichtung von Miet-
gartenanlagen in verschiedenen Stadtteilen unter An-
gliederung von Jugendspielplätzen wärmstens befürwortet.
Solche Anlagen sind in hygienischer Beziehung von ganz
hervorrager Bedeutung, sowohl wegen der Erholung und
Beschäftigung in freier Luft, als auch wegen der Ab-
lenkung vom Wirtshausbesuch, in wirtschaftlicher Hinsicht
besonders wegen der Erhöhung des Sparsinnes und der
Erweckung des Eigentumsgefühles, in ethischer Beziehung
wregen der Stärkung des Familiensinnes und nicht zum
mindesten in kultureller Beziehung durch die Erweckung
des Interesses an den Vorgängen in der Natur.

Diese Momente sollten, abgesehen von anderen, auch
die Stadtgemeinde veranlassen, für die Anlage von Miet-
 
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