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DIE GARTENKUNST
IX, 10
Infolge des Vielerleis an Sorten geht den Rosarien
jede ruhige und einheitliche Wirkung ab und die Stim-
mung, welche sich uns unwillkürlich mit dem Worte
Rosengärten verbindet, ist in der Wirklichkeit in diesen
Rosarien selten vorhanden. Die Farben der Rosenblumen
durchlaufen zwar die ganze Stufenleiter vom tiefsten
Schwarzrot bis ins zarteste Weißrosa mit Gelb und Weiß
in allen denkbaren Abtönungen, aber gerade hier gilt
das Wort: Weniger wäre mehr! und zwar erheblich mehr.
Die Blütezeit ist ziemlich einheitlich, wenn auch nicht
ganz; dafür aber weisen die Sorten in Wuchs, Haltung
und Belaubung wieder die denkbar größton Verschieden-
artigkeiten auf. Überhaupt sind die meisten unserer Rosen
als Strauch betrachtet fast häßlich. Sie bauen sich schlecht
auf, sperrig strecken sie ihre Zweige von sich und durch
den fortgesetzten Schnitt wird das noch verschlimmert.
Die einen machen zudem nur ganz wenig Holz, sind
sehr schwachwüchsig, andere wieder sind äußerst stark-
wüchsig und kaum zu bändigen; wenige nur bilden einen
Strauch, der durch seine Form an sich befriedigt. Am
unvorteilhaftesten macht sich diese Eigenschaft bemerk-
bar beim Rosenhochstamm. Uberhaupt diese Rosenhoch-
stämme! Sind sie nicht schon an und für sich eine Ge-
schmacksverirrung? Eine lange, dünne Rute, kaum finger-
stark, so daß sie des Haltes an einem Fichtenstab gar
nicht entbehren kann, und oben daran ein Büschel ein-
seitig und sperrig gewachsener Zweige, das man stolz
die „Krone" nennt! Aber man hat sich so daran ge-
wöhnt, daß man die Häßlichkeit dieses gärtnerischen
Kunstproduktes kaum noch empfindet. Ich habe in meiner
Berufstätigkeit noch nie einon Rosenhochstamm verwendet!
Und nun die Anordnung der Rosarien! Uber die
beiden typischen Grundrißanordnungen in Meyers Lehr-
buch der schönen Gartenkunst Tafel 15 und Niethners
gärtnerischem Skizzenbuch Tafel 49 ist man seit 40 Jahren
nicht hinausgekommen, wenigstens ist mir keine Anlage
bekannt geworden, die in wesentlichen Punkten davon ab-
wich. Lange schmale Rabatten, in der Mitte eine
Reihe „Hochstämme" in den verschiedensten Höhenabstu-
fungen, dazwischen die Strauchrosen in endloser Sorten-
fülle und buntem Durcheinander, wobei natürlich auch
Abnormitäten und Monstrositäten, wie z. B. die berühmte
grünblühende Rose u. dgl. nicht fehlen dürfen. An den
Rändern der Beete stehen die Monatsrosen. Schmale
Wege trennen die einzelnen Beete, die sich um einer
Laube aus gerissenem Eichenholz oder dergl. ordnen. Wo
das Geld dazu nicht reicht, pflegt statt deren ein rundes
Beet den Schwerpunkt der Anlage zu bilden, das mit
Stammrosen bepflanzt ist, die fein säuberlich nach der
Mitte hin ansteigen. Die sogenannten botanischen Rosen-
arten bilden rundum den Übergang zu den Baum- und
Strauchgruppen der anderen Garten- und Parkteile.
In der Aufzählung der Fehler stecken auch schon die
Fingerzeige für die Verbesserung! Fangen wir mit dem
letzten an: -Muß ein Rosengarten wirklich durch die Vermitte-
lung einer Pflanzung von Wildrosen in den Park oder Garten
allmählich übergehen? Ich finde nicht nur, daß das über-
flüssig ist, sondern halte es für einen Fehler. Ich wende
nicht gern das Wort „intim" an. Es ist ein Wort, mit
dem Unfug getrieben wird. Aber wenn es nirgendwo am
Platze ist, dann hier. Ein Rosengarten muß „intim"
wirken und um das zu erreichen, muß ein Abschluß
da sein, der sofort die Empfindung erweckt, daß hier
etwas Besonderes geboten wird, ohne den erforder-
lichen Zusammenhang mit der Umgebung zu zer-
stören. Das kann eine Hecke sein, eine Baumreihe, eine
Mauer, ein Spalier — die Läugergärten und die Rosarien
auf der Mannheimer Ausstellung geben da mehr als ein
gutes Beispiel — das kann sogar der Saum von Gehölz-
partien sein, kurz es kann auf die verschiedenste Art ge-
macht werden und muß sich aus dem Zusammenhange
im einzelnen Falle ergeben; es darf nur nicht zu störender
Trennung ebensowenig zum „vermittelnden" Ubergang
werden, der die beabsichtigte Wirkung zerflattern und
keine Stimmung aufkommen läßt.
Rosengärten und nicht Rosarien! Also bei der Be-
pflanzung Rücksichtnahme auf die Wirkung, nicht auf den
Sammelsport. Mit hundert Rosen in fünfzig Sorten kann
man keine Wirkung erzielen, aber wenn man die Auswahl
unter Berücksichtigung des Wuchses und der Blütenfarbe
auf wenige Sorten beschränkt, dann wird es schon sehr
viel besser. Jedenfalls geben uns auch in dieser Richtung
die Mannheimer Rosengärten beachtenswerte Anregungen.
Die Bepflanzung größerer Flächen mit Sorten von ein-
heitlicher Farbe und übereinstimmendem Wüchse hat aus-
gezeichnete Wirkung gehabt, ohne daß dadurch Eintönig-
keit zustande gekommen wäre. Noch mehr kann in dieser
Hinsicht geschehen, denn in dem von Boehm bepflanzten
Garten finden wir immer noch ca. 100 Sorten, davon
rund 4500 Stück niedrige Strauchrosen in ca. 40 Sorten,
also von jeder durchschnittlich 100 — 120 Stück und
200 hochstämmige Rosen in ca. 60 Sorten.
Wer sehen will, dem kann an diesem Beispiel in
Mannheim gar nicht entgehen, welche wohltuende Wirkung-
gerade die Beschränkung in der Sortenzahl und die
Anwendung großer Mengen einer Sorte bei den niedrigen
Rosen zur Folge gehabt hat. Wer die Beete mit Caroline
Testout, Gruß an Teplitz, Farbenkönigin, Van Houtte,
Mad. Levavasseur, Mad. Jules Grolez, Frau Karl Druschki
in Blüte gesehen hat, der wird mir unbedingt beipflichten,
wenn ich die große Sortenzahl unserer Rosarien als ein
Hauptgrund ihrer unbefriedigenden Wirkung bezeichne.
Die Wirkung der Beschränkung in der Sortenzahl
wird noch wesentlich gesteigert, wenn bei der Auswahl
der Sorten Wert auf gefälligen Wuchs gelegt wird. Über-
lasse man doch den Liebhabern großer Sortiments alle
die zahlreichen Sorten von schlechtem Wuchs, und suche
sich statt dessen diejenigen Sorten aus, welche neben
einer gut geformten Blüte und wirkungsvoller Farbe die
Eigenschaft besitzen, einen Strauch von gefälliger Form
zu bilden.
Und dann, wie schon gesagt, die Hochstämme! Will man
mit ihnen wirken, und daß man es unter Umständen kann,
ist ja nicht zu bezweifeln, dann muß auch bei ihnen Vorsicht
in der Sortenwahl beobachtet werden. Noch mehr als
bei den Strauchrosen hängt der Erfolg von gutem Wuchs
DIE GARTENKUNST
IX, 10
Infolge des Vielerleis an Sorten geht den Rosarien
jede ruhige und einheitliche Wirkung ab und die Stim-
mung, welche sich uns unwillkürlich mit dem Worte
Rosengärten verbindet, ist in der Wirklichkeit in diesen
Rosarien selten vorhanden. Die Farben der Rosenblumen
durchlaufen zwar die ganze Stufenleiter vom tiefsten
Schwarzrot bis ins zarteste Weißrosa mit Gelb und Weiß
in allen denkbaren Abtönungen, aber gerade hier gilt
das Wort: Weniger wäre mehr! und zwar erheblich mehr.
Die Blütezeit ist ziemlich einheitlich, wenn auch nicht
ganz; dafür aber weisen die Sorten in Wuchs, Haltung
und Belaubung wieder die denkbar größton Verschieden-
artigkeiten auf. Überhaupt sind die meisten unserer Rosen
als Strauch betrachtet fast häßlich. Sie bauen sich schlecht
auf, sperrig strecken sie ihre Zweige von sich und durch
den fortgesetzten Schnitt wird das noch verschlimmert.
Die einen machen zudem nur ganz wenig Holz, sind
sehr schwachwüchsig, andere wieder sind äußerst stark-
wüchsig und kaum zu bändigen; wenige nur bilden einen
Strauch, der durch seine Form an sich befriedigt. Am
unvorteilhaftesten macht sich diese Eigenschaft bemerk-
bar beim Rosenhochstamm. Uberhaupt diese Rosenhoch-
stämme! Sind sie nicht schon an und für sich eine Ge-
schmacksverirrung? Eine lange, dünne Rute, kaum finger-
stark, so daß sie des Haltes an einem Fichtenstab gar
nicht entbehren kann, und oben daran ein Büschel ein-
seitig und sperrig gewachsener Zweige, das man stolz
die „Krone" nennt! Aber man hat sich so daran ge-
wöhnt, daß man die Häßlichkeit dieses gärtnerischen
Kunstproduktes kaum noch empfindet. Ich habe in meiner
Berufstätigkeit noch nie einon Rosenhochstamm verwendet!
Und nun die Anordnung der Rosarien! Uber die
beiden typischen Grundrißanordnungen in Meyers Lehr-
buch der schönen Gartenkunst Tafel 15 und Niethners
gärtnerischem Skizzenbuch Tafel 49 ist man seit 40 Jahren
nicht hinausgekommen, wenigstens ist mir keine Anlage
bekannt geworden, die in wesentlichen Punkten davon ab-
wich. Lange schmale Rabatten, in der Mitte eine
Reihe „Hochstämme" in den verschiedensten Höhenabstu-
fungen, dazwischen die Strauchrosen in endloser Sorten-
fülle und buntem Durcheinander, wobei natürlich auch
Abnormitäten und Monstrositäten, wie z. B. die berühmte
grünblühende Rose u. dgl. nicht fehlen dürfen. An den
Rändern der Beete stehen die Monatsrosen. Schmale
Wege trennen die einzelnen Beete, die sich um einer
Laube aus gerissenem Eichenholz oder dergl. ordnen. Wo
das Geld dazu nicht reicht, pflegt statt deren ein rundes
Beet den Schwerpunkt der Anlage zu bilden, das mit
Stammrosen bepflanzt ist, die fein säuberlich nach der
Mitte hin ansteigen. Die sogenannten botanischen Rosen-
arten bilden rundum den Übergang zu den Baum- und
Strauchgruppen der anderen Garten- und Parkteile.
In der Aufzählung der Fehler stecken auch schon die
Fingerzeige für die Verbesserung! Fangen wir mit dem
letzten an: -Muß ein Rosengarten wirklich durch die Vermitte-
lung einer Pflanzung von Wildrosen in den Park oder Garten
allmählich übergehen? Ich finde nicht nur, daß das über-
flüssig ist, sondern halte es für einen Fehler. Ich wende
nicht gern das Wort „intim" an. Es ist ein Wort, mit
dem Unfug getrieben wird. Aber wenn es nirgendwo am
Platze ist, dann hier. Ein Rosengarten muß „intim"
wirken und um das zu erreichen, muß ein Abschluß
da sein, der sofort die Empfindung erweckt, daß hier
etwas Besonderes geboten wird, ohne den erforder-
lichen Zusammenhang mit der Umgebung zu zer-
stören. Das kann eine Hecke sein, eine Baumreihe, eine
Mauer, ein Spalier — die Läugergärten und die Rosarien
auf der Mannheimer Ausstellung geben da mehr als ein
gutes Beispiel — das kann sogar der Saum von Gehölz-
partien sein, kurz es kann auf die verschiedenste Art ge-
macht werden und muß sich aus dem Zusammenhange
im einzelnen Falle ergeben; es darf nur nicht zu störender
Trennung ebensowenig zum „vermittelnden" Ubergang
werden, der die beabsichtigte Wirkung zerflattern und
keine Stimmung aufkommen läßt.
Rosengärten und nicht Rosarien! Also bei der Be-
pflanzung Rücksichtnahme auf die Wirkung, nicht auf den
Sammelsport. Mit hundert Rosen in fünfzig Sorten kann
man keine Wirkung erzielen, aber wenn man die Auswahl
unter Berücksichtigung des Wuchses und der Blütenfarbe
auf wenige Sorten beschränkt, dann wird es schon sehr
viel besser. Jedenfalls geben uns auch in dieser Richtung
die Mannheimer Rosengärten beachtenswerte Anregungen.
Die Bepflanzung größerer Flächen mit Sorten von ein-
heitlicher Farbe und übereinstimmendem Wüchse hat aus-
gezeichnete Wirkung gehabt, ohne daß dadurch Eintönig-
keit zustande gekommen wäre. Noch mehr kann in dieser
Hinsicht geschehen, denn in dem von Boehm bepflanzten
Garten finden wir immer noch ca. 100 Sorten, davon
rund 4500 Stück niedrige Strauchrosen in ca. 40 Sorten,
also von jeder durchschnittlich 100 — 120 Stück und
200 hochstämmige Rosen in ca. 60 Sorten.
Wer sehen will, dem kann an diesem Beispiel in
Mannheim gar nicht entgehen, welche wohltuende Wirkung-
gerade die Beschränkung in der Sortenzahl und die
Anwendung großer Mengen einer Sorte bei den niedrigen
Rosen zur Folge gehabt hat. Wer die Beete mit Caroline
Testout, Gruß an Teplitz, Farbenkönigin, Van Houtte,
Mad. Levavasseur, Mad. Jules Grolez, Frau Karl Druschki
in Blüte gesehen hat, der wird mir unbedingt beipflichten,
wenn ich die große Sortenzahl unserer Rosarien als ein
Hauptgrund ihrer unbefriedigenden Wirkung bezeichne.
Die Wirkung der Beschränkung in der Sortenzahl
wird noch wesentlich gesteigert, wenn bei der Auswahl
der Sorten Wert auf gefälligen Wuchs gelegt wird. Über-
lasse man doch den Liebhabern großer Sortiments alle
die zahlreichen Sorten von schlechtem Wuchs, und suche
sich statt dessen diejenigen Sorten aus, welche neben
einer gut geformten Blüte und wirkungsvoller Farbe die
Eigenschaft besitzen, einen Strauch von gefälliger Form
zu bilden.
Und dann, wie schon gesagt, die Hochstämme! Will man
mit ihnen wirken, und daß man es unter Umständen kann,
ist ja nicht zu bezweifeln, dann muß auch bei ihnen Vorsicht
in der Sortenwahl beobachtet werden. Noch mehr als
bei den Strauchrosen hängt der Erfolg von gutem Wuchs