DICHTUNGwoMENSCHHEIT
FRANZ WERFEL/D1E MITTAGSGÖTTIN
EIN ZAUBERSPIEL
PERSONEN: MARA / LAURENTIN, ein Landstreicher / DER ABDECKER / DER ALTE BAUER
DIE BÄUERIN / DER GENDARM / EIN KERZENWEIB / KNECHTE / MÄGDE / LANDVOLK
ERSTER AKT
Landstraße — Hohe Saat zur Seite — Etwas weitergerückt
Vorsprung eines Waldes ■— Eine Linde — Sommermittag.
LAURENTIN
mit seinem Bündel
Wohl habe ich weise gespaßt,
Ein ernster Gaukler ihrer Wirtsstuben —
Schon applaudieren mir die Frau’n und Buben,
Doch sind mir all die Nächte leere Last,
Wenn ich in ihrem toten Licht und Rauche
Mit Worten meine Schweigsamkeit verbrauche.
Und da ich ihre und meine Wüsten nenne,
Bin ich nicht übel gelitten und gut gescholten;
Doch durch meine Künste, Witze und Volten
Geschieht es nicht, daß ich mich blühend brenne.
Ach muß ich den Blick nach innen schlagen,
Flieh ich und kann mich nicht ertragen.
Ich schwinge die Peitsche, mein Zirkustier
Im Sprung durch zwanzig Reifen zu jagen,
Durch die Reifen der Eitelkeit!
Drum ist alles in mir Zeit,
Und nichts ist Raum und Ruhen. —
Ich bin ein Landstreicher in staubigen Schuhen.
Warum? Weil in mir eine Heimat lebt,
Die ewig außer mir mein Fuß anstrebt.
So meid ich im Eilen mein heiliges Vollbringen,
Vielleicht gar zerfiel ich im Stand.
Gewaltig die inneren Vogelschwärme singen:
Weh dem, der im Tanz einhält. Er wird verbrannt.
Und will ich meine Liebe beginnen,
So kreiseln uneinige Geister mich fort.
Mir selbst und dem Liebenden muß ich zerrinnen,
Und flieh ich den Ort nicht, so flieht mich der Ort.
Noch bin ich zu papagenobunt.
Auf vogelstellerische Weise
Werf ich die Netze aus und ziele Kreise.
Doch ist die Magie ein Wüstengrund,
Und es versiegt alles Flüstern und Rieseln,
Die Liebe wird mager, bekommt das Miseln.
Solange wir noch in Farben gehn
Sind wir ein kahles Salzwüsten-Wehn.
Der Strahl erwärmt, weil er nicht zerfiel
In Blendwerk- und Prismenspiel,
Wie alles andre, das sich noch farbig ziert,
Aus sich selbst blind ist und die Welt anfriert.
Warum denn lauf ich verschwitzt durch die Gassen,
Ein pfiffiger Meister der Ausflucht,
Wenn mich nicht jagte Sehnsucht,
Die Farben im Licht zusammenzufassen?!
Ich suche die Gnade in Hatz und Hast,
Die mich sammelt und zusammenfaßt,
Die über mich den Richtspruch spricht:
Sei schwarzes Licht! — Sei weißes Licht!
Ich jage nach Gnaden, ich jage nach Strafen,
Und bin ich müde von mir.
FRANZ WERFEL/D1E MITTAGSGÖTTIN
EIN ZAUBERSPIEL
PERSONEN: MARA / LAURENTIN, ein Landstreicher / DER ABDECKER / DER ALTE BAUER
DIE BÄUERIN / DER GENDARM / EIN KERZENWEIB / KNECHTE / MÄGDE / LANDVOLK
ERSTER AKT
Landstraße — Hohe Saat zur Seite — Etwas weitergerückt
Vorsprung eines Waldes ■— Eine Linde — Sommermittag.
LAURENTIN
mit seinem Bündel
Wohl habe ich weise gespaßt,
Ein ernster Gaukler ihrer Wirtsstuben —
Schon applaudieren mir die Frau’n und Buben,
Doch sind mir all die Nächte leere Last,
Wenn ich in ihrem toten Licht und Rauche
Mit Worten meine Schweigsamkeit verbrauche.
Und da ich ihre und meine Wüsten nenne,
Bin ich nicht übel gelitten und gut gescholten;
Doch durch meine Künste, Witze und Volten
Geschieht es nicht, daß ich mich blühend brenne.
Ach muß ich den Blick nach innen schlagen,
Flieh ich und kann mich nicht ertragen.
Ich schwinge die Peitsche, mein Zirkustier
Im Sprung durch zwanzig Reifen zu jagen,
Durch die Reifen der Eitelkeit!
Drum ist alles in mir Zeit,
Und nichts ist Raum und Ruhen. —
Ich bin ein Landstreicher in staubigen Schuhen.
Warum? Weil in mir eine Heimat lebt,
Die ewig außer mir mein Fuß anstrebt.
So meid ich im Eilen mein heiliges Vollbringen,
Vielleicht gar zerfiel ich im Stand.
Gewaltig die inneren Vogelschwärme singen:
Weh dem, der im Tanz einhält. Er wird verbrannt.
Und will ich meine Liebe beginnen,
So kreiseln uneinige Geister mich fort.
Mir selbst und dem Liebenden muß ich zerrinnen,
Und flieh ich den Ort nicht, so flieht mich der Ort.
Noch bin ich zu papagenobunt.
Auf vogelstellerische Weise
Werf ich die Netze aus und ziele Kreise.
Doch ist die Magie ein Wüstengrund,
Und es versiegt alles Flüstern und Rieseln,
Die Liebe wird mager, bekommt das Miseln.
Solange wir noch in Farben gehn
Sind wir ein kahles Salzwüsten-Wehn.
Der Strahl erwärmt, weil er nicht zerfiel
In Blendwerk- und Prismenspiel,
Wie alles andre, das sich noch farbig ziert,
Aus sich selbst blind ist und die Welt anfriert.
Warum denn lauf ich verschwitzt durch die Gassen,
Ein pfiffiger Meister der Ausflucht,
Wenn mich nicht jagte Sehnsucht,
Die Farben im Licht zusammenzufassen?!
Ich suche die Gnade in Hatz und Hast,
Die mich sammelt und zusammenfaßt,
Die über mich den Richtspruch spricht:
Sei schwarzes Licht! — Sei weißes Licht!
Ich jage nach Gnaden, ich jage nach Strafen,
Und bin ich müde von mir.