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Gesellschaft für Vervielfältigende Kunst [Hrsg.]
Die Graphischen Künste — N.F. 1.1936

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Wolf, Alice: Notiz zu Hans Rupprichs Buch "Willibald Pirckheimer und die erste Reise Dürers nach Italien
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https://doi.org/10.11588/diglit.6336#0147

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ALICE WOLF / NOTIZ ZU HANS RUPPRICHS BUCH „WILLIBALD
PIRCKHLIMER UND DIE ERSTE REISE DÜRERS NACH ITALIEN"1

Rupprich zieht als Beleg für eine Reise Pirckheimers von Rom nach Padua und zurück nach
Rom, an der sich von Padua an Albrecht Dürer beteiligt haben soll, Zeichnungen des Kodex
Egerton Mss. 1926 im Britischen Museum nach römischen, paduanischen und wieder römischen
Denkmälern heran. Diese Zeichnungen hält er für eine Art Reisetagebuchblätter, die Pirck-
heimers Aufenthalt an den entsprechenden Orten bezeugen sollen.

Die Zeichnungen des Kodex Egerton Mss. 1926 sind jedoch keineswegs als Originalaufnahmen
Pirckheimers nach Denkmälern in Italien anzusehen.

Der fragmentierte Kodex lat. Monacensis 27.313 aus dem Besitze des Nürnberger Humanisten
Hartmann Schedel in der Münchner Staatsbibliothek, der den Titel „Antiquitates urbis
Rome et alibi" führt, enthält wie der Kodex Egerton Mss. 1926 Inschriften und Zeichnungen
von Denkmälern Roms, dann Zeichnung und Inschrift des sogenannten Grabmals des Antenor
von Padua (fol. 253 v.) und wieder Aufzeichnungen römischer Denkmäler und Inschriften. —
Der Vergleich der Zeichnungen der beiden Codices untereinander und mit den Denkmälern,
die sie darstellen sollen, zeigt, daß die Zeichnungen nach derselben Vorlage, nicht aber nach
dem Original gezeichnet sind.

Die Zeichnungen Pirckheimers stimmen mit denen Schedels fast Strich für Strich überein
[vgl. etwa die Zeichnung des Septimius Severus-Bogens von Pirckheimer (Abb. 1), die von
Rupprich insbesondere als Beweis für seine Hypothese, daß die Zeichnungen nach Denkmälern
aufgenommen sind, angesehen wird, mit der Zeichnung Schedels (Abb. 2) — die Zeichnung
enthält auch den hinter dem Bogen sichtbaren Baum, der in Rupprichs Beweisführung eine
große Rolle spielt —, oder die Zeichnungen des sogenannten Bogens der Sibylle bei Pirck-
heimer und Schedel (Abb. 3 und 4)].

Die beiden Zeichnungsgruppen weisen deutliche Kennzeichen mißverstandener Kopien auf;
in der Pirckheimer-Zeichnung, die den Septimius Severus-Bogen darstellen soll, z. B. sind an
Stelle der vier durchlaufenden Säulen auf hohen Postamenten, die den wirklichen Bogen gliedern,
je zwei Säulen mit ornamentierten Kapitälen gegeben, die nicht einmal genau untereinander
gestellt sind.

Die Möglichkeit der Annahme, daß Schedel die Kopien Pirckheimers oder Pirckheimer
die Kopien Schedels nachgezeichnet habe, ist ebenfalls nicht gegeben. Gewisse Einzelheiten
der Zeichnungen der einen Gruppe finden sich nicht auf den Zeichnungen der anderen, sind
dabei aber ohne \orlage nicht erklärlich. So sind z. B. an dem sogenannten Bogen der Sibvlle
Schedels über dem untersten Terrainstrich, den die Zeichnung Schedels mit der Pirckheimer-
Zeichnung gemeinsam hat, noch etliche Striche angebracht, die auf der Pirckheimer-Zeichnung
keine Analogie haben, dabei aber denselben „abzeichnenden" Charakter zeigen wie die anderen
Striche Schedels. Schedel hat da mehr Angaben als Pirckheimer, hat somit die Vorlage aus-
führlicher nachgezeichnet. Anderseits werden z. B. in den Pirckheimerschen Zeichnungen
architektonische Zusammenhänge halbwegs deutlich, die in den Schedel-Zeichnungen fast
völlig verzerrt erscheinen. Man sehe etwa die Darstellung der Gewölbe am Septimius Severus-
Bogen oder die Art, wie am „Bogen der Sibylle" der Bogen auf den Säulen aufruht.

1 Vgl. die Besprechung des 1930 in Wien bei A. Schroll & Co. erschienenen Buches durch Arpad Weixl-
gärtner in den Mitt. d. Ges. f. vervielfält. Kunst, 1930.

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